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Feuereifer

Feuereifer

Titel: Feuereifer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sara Paretsky
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vermutlich vor, Grobian unter Druck zu setzen, aber als ich das äußerte, fuhr April wieder hoch. »Nein! Wieso stellen Sie sich auf ihre Seite, gegen Dad? Er sagte, er habe ein Dokument von Mr. Grobian, ganz geschäftsmäßig, alles paletti.« »Warum hast du mir das nicht früher gesagt?«, schrie Sandra. »Dann hätte ich Grobian heute Morgen danach fragen können.«
    »Weil du dann wieder nur gesagt hättest, was du jetzt sagst, dass seine Ideen blöd sind und nichts bringen.«
    »Also wisst ihr beide nicht, ob er nun wirklich mit Grobian geredet hat und was dieses Dokument ist? Sandra, wann hast du zum letzten Mal mit Bron gesprochen?« Die Gefühlsausbrüche abgerechnet, belief es sich darauf, dass sie zuletzt am Montagmorgen miteinander gesprochen hatten, als sie April aus dem Krankenhaus abholten. Sie hatten sich von einem Nachbarn ein Auto geliehen - ihr eigenes war im letzten Monat bei einem Unfall mit Fahrerflucht kaputtgefahren worden, und sie konnten sich kein neues leisten (weil Bron die Versicherungsraten nicht regelmäßig bezahlt hatte, natürlich). Bron hatte Sandra auf dem Rückweg zur Arbeit gefahren und war dann mit April zu Hause geblieben, bis er seine Schicht antreten musste. »Diese Woche hatte er die von vier bis Mitternacht. Ich muss morgens um Viertel nach acht im Laden sein, deshalb haben wir uns manchmal wochenlang kaum gesehen. Er steht auf, trinkt morgens mit mir Kaffee. Wenn April zur Schule geht, geht er wieder ins Bett, und ich nehm den Bus, und das war's dann für die Woche. Aber als wir April heimbrachten, da wollten wir nicht, dass sie die Treppe raufsteigen muss, die ist so steil, der Arzt hat gesagt, sie soll sich nicht anstrengen, deshalb schläft sie bei mir unten in dem großen Bett. Bron sollte Montagnacht in ihrem Bett oben schlafen. Am Dienstag hab ich April Frühstück gemacht, auch wenn ich nicht die Rinde vom Brot abschneide, mach ich ihr jeden Morgen Frühstück, aber ich musste zur Arbeit, man weiß nie, wie lang man auf den Bus warten muss, und ich konnte nicht warten auf Mr. Supertoll, der...« Sie unterbrach sich, weil ihr bewusst wurde, dass das Objekt ihrer Bitterkeit nicht mehr am Leben war. »Ich dachte, er schläft noch«, fügte sie mit ruhiger Stimme hinzu. »Ich hab mir nichts dabei gedacht.«
    Was für ein Dokument mochte Grobian wohl unterzeichnet haben, das Bron einen Anspruch auf hunderttausend Dollar für Aprils Behandlung einräumte? Ich konnte es mir nicht erklären, aber als ich April drängte, sich zu erinnern, ob Bron noch etwas Konkreteres gesagt hätte, fuhr Sandra aus der Haut. Merkte ich denn nicht, dass April müde war? Ob ich ihre Tochter umbringen wolle? Die Arzte hatten gesagt, April dürfte keinen Stress haben, und dass ich nun hier hereinplatzte und sie bedrängte, sei Stress ohne Ende.
    »Ma!«, kreischte April. »Rede nicht so mit der Trainerin. Das ist viel mehr Stress für mich.«
    Hier bot sich die nächste Gelegenheit für einen handfesten Streit zwischen Mutter und Tochter, aber ich räumte das Feld ohne weitere Äußerungen. Sandra blieb in der Küche, aber April begleitete mich ins Wohnzimmer, wo ich meinen Parka abgelegt hatte. Das Mädchen sah grau aus um den Mund, und ich riet ihr dringlich, ins Bett zu gehen, aber sie blieb sitzen und drückte ihr Gesicht an den Bären, bis ich sie fragte, was los sei. »Coach, tut mir leid, dass Ma so neben sich ist und so, aber -kann ich wirklich noch zum Training kommen, wie Sie vorhin gesagt haben?«
    Ich legte ihr die Hände auf die Schultern. »Deine Mam ist wütend auf mich, und sie hat gewiss ihre Gründe, aber mit uns beiden hat das nichts zu tun. Natürlich kannst du weiter zum Training kommen. Und jetzt bringen wir dich ins Bett. Oben oder unten?« »Ich will lieber in mein eigenes Bett«, sagte sie, »aber Ma meint, die Treppe bringt mich um. Stimmt das?«
    Ich machte eine hilflose Handbewegung. »Ich weiß es nicht, Schätzchen, aber wenn wir superlangsam gehen, wird's schon in Ordnung sein.«
    Stufe um Stufe arbeiteten wir uns nach oben. Auch die schmale steile Treppe, über die man durch eine Luke ins Dachgeschoss gelangte, befand sich an derselben Stelle wie in unserem Haus an der Houston. Aprils kleines Zimmer war genauso liebevoll von ihren Eltern ausgebaut worden wie meines seinerzeit. Uber meinem Bett hingen damals Bilder von Ron Santo und Maria Callas - eine eigenwillige Mischung aus den Leidenschaften meiner Eltern -, über Aprils Bett sah ich dasselbe Poster von der

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