Feuerflügel: Roman (German Edition)
Fledermaus vom Höhlendach und fiel wie ein Stein nach unten. Sie machte keine Anstalten, die Flügel auszubreiten – wie konnte sie –, und verschwand in dem wabernden Nebel. Es gab kein Platschen von Wasser, keinen dumpfen Aufprall auf Stein. Die Fledermaus war einfach verschwunden.
„Luna“, sagte Greif mit erstickter Stimme. Er ließ sich von seinem Ruheplatz fallen. Er konnte kaum glauben, dass er sie allein gelassen hatte. Im Stich gelassen hatte. Er war so ein schlechter Freund. Was wäre, wenn der Stein sie bereits überzogen hätte?
„Wo ist sie?“, fragte sein Vater neben ihm.
Millionen von Fledermäusen, wie ein Teppich aus dichtem Moos, und er hatte vergessen, wo er und Luna gehangen hatten. Eine weitere Fledermaus fiel von der Decke und pfiff an seiner Flügelspitze vorbei.
„Luna!“, rief er. „Luna!“
Keine Antwort. Nichts.
„Ich glaube, sie war hier drüben“, keuchte er. Durch seine Aufregung sahen plötzlich alle Fledermäuse gleich aus.
„Ich sehe sie!“, sagte sein Vater ruhig.
Und da war sie, ihr Körper und ihre Krallen noch frei von der schrecklichen, kriechenden Versteinerung. Sie rührte sich nicht, als Greif neben ihr landete.
„Luna, mein Vater ist hier.“
„Das ist ja großartig, Greifchen.“ Ihre Stimme klang schläfrig.
„Wir sollten los, meinst du nicht?“
„Vielen Dank, dass du mir geholfen hast, hierher zurückzukommen“, sagte sie. „Ich danke dir sehr.“
„Nein, es stimmt nicht, Luna“, erklärte er ihr besorgt. „Du bist nicht zurückgekehrt. Dies ist nicht der Weg nach Hause.“
„Aber gewiss doch, Greifchen.“
„Wir müssen weiter!“
„Du fliegst weiter. Ich bin hier gut aufgehoben. Ich will sie nicht verlassen.“
„Wen?“
„Meine Mutter.“ Luna seufzte zufrieden, und ihr Gesicht hatte den Ausdruck, den Jungtiere haben, wenn ihnen das Fell gepflegt wird. Vollkommenes Wohlbefinden, vollkommene Zufriedenheit. Wie konnte er ihr das wieder wegnehmen? Aber wie in aller Welt konnte er sie an diesem Ort zurücklassen?
„Luna“, drängte er, „du musst zum BAUM gelangen.“
„Ich will dies hier“, sagte sie einfach.
Greif wandte sich an seinen Vater, der unter ihnen kreiste. „Was sollen wir tun?“
„Am besten packen wir sie einfach und ...“
Greif sah den schockierten Blick seines Vaters im gleichen Augenblick, in dem er Luna an sich vorbeifallen fühlte. Mit eng angelegten Flügeln stürzte sie nach unten.
„Papi!“
„Ich hole sie! Du bleibst hier!“
Schatten warf sich in einen Sturzflug und schoss hinter Luna her. Greif konnte es nicht aushalten. Mit anzusehen, wie beide sich immer weiter entfernten – und er, ohne etwas zu tun. Er ließ sich ebenfalls fallen.
Um Luna zu überholen, hatte sein Vater die Flügel ausgebreitet und schlug tatsächlich mit ihnen, um seinen senkrechten Fall noch zu beschleunigen. Greif hatte Angst vor der Geschwindigkeit und bremste, als er durch eine Lage nach der anderen des nebligen Lichts brach. Er fürchtete, der Boden würde plötzlich hochschießen und sie würden alle auf ihm zerschellen.
Er stürzte durch eine letzte Lichtfläche und unter sich sah er einen großen Tümpel vollkommener Schwärze, so ähnlich einem sternenlosen Nachthimmel, dass er sich beinahe vor Verwirrung umgedreht hätte. Nicht Schwärze, dachte er. Finsternis!
Ihre Oberfläche schimmerte wie eine Art dicke Flüssigkeit. Ein paar echoähnliche Kräuselungen huschten darüber hin und es war merkwürig schön. Luna fiel noch kopfüber darauf zu, aber Greif sah, wie sein Vater an ihre Seite flog. Sie waren nicht mehr als zehn Flügelschläge von dem Tümpel entfernt und Greif erkannte voller Bewunderung, wie sein Vater unter Luna tauchte und langsam abbremste, aus seinem Sturzflug hochzog und Luna auf dem Rücken hochhob.
„Ich habe dich“, hörte er seinen Vater sagen.
Luna war ganz still, die Flügel hatte sie eng angelegt und sie versuchte nicht einmal, sich fest zu halten. Sie wackelte von einer Seite auf die andere und war keinesfalls sicher. Greif befürchtete, sie könnte herunterrollen, obwohl sein Vater so gerade flog, wie er konnte.
Greif schlug mit den Flügeln, um sie einzuholen.
„Ich habe dir doch gesagt, du sollst zurückbleiben“, sagte sein Vater.
„Ich wollte helfen.“
Ohne Vorwarnung schoss der gezackte Schatten eines riesigen geflügelten Geschöpfes an ihm vorbei und rammte seinen Vater, warf ihn auf den Rücken. Luna wurde abgeworfen und kam direkt auf Greif
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