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Feuerflut

Feuerflut

Titel: Feuerflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Rollins
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untergekommen. Diese Tafeln besitzen einen unschätzbaren Wert.«
    »Und offenbar ist jemand bereit, dafür zu töten«, bemerkte Painter.
    Auf einmal ging das Licht aus. Alle erstarrten und hielten den Atem an. Auf dem Gang hatten sich ein paar batteriebetriebene Notleuchten eingeschaltet, doch es fiel nur wenig Licht ins Labor. Unter dem Tisch drang ein Knurren hervor, das Painter eine Gänsehaut verursachte. Als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er, wie ein Schatten unter dem Tisch hervorschlüpfte und neben Kanoshs Stuhl verharrte.
    »Ganz ruhig, Kawtch«, sagte der Professor leise. »Alles in Ordnung, mein Junge.«
    Kowalski atmete hörbar aus. »Tut mir leid, Doc. Aber ich glaube, Sie sollten diesmal besser auf Ihren Hund hören. Hier ist überhaupt nichts in Ordnung.«
    Kai stand auf und stellte sich hinter Painter. Er streckte den Arm nach hinten aus und fasste sie beim Handgelenk. Er spürte an den Fingerspitzen, wie sich ihr Herzschlag beschleunigte, als auf der Treppe ein lautes Krachen ertönte, das im Flur widerhallte.
    Kawtch knurrte erneut.
    »Gibt es noch einen anderen Ausgang?«, fragte Painter den Physikprofessor im Flüsterton. »Einen Notausgang?«
    »Nein«, lautete die bange Antwort. »Das Labor ist nicht ohne Grund im Keller untergebracht. Alle Ausgänge münden auf die Treppe, die zum Hauptgebäude hoch führt.«
    Dann sitzen wir in der Falle.

12
31. Mai, 1:12
Takoma Park, Maryland
    »DIE NÄCHSTE LINKS «, sagte Gray zum Taxifahrer.
    Seichan blieb Grays Besorgnis nicht verborgen. Seit dem Notruf seiner Mutter wirkte er angespannt.
    Als er sich vom Rücksitz vorbeugte und auf die abzweigende Straße zeigte, machte er den Eindruck, als wolle er jeden Moment nach vorn klettern und das Steuer übernehmen. Die andere Hand hatte er ums Handy gekrampft. Er hatte auf der Fahrt von D. C. nach Maryland mehrfach versucht, seine Eltern zu erreichen, und dass zu Hause niemand dranging, steigerte seine Besorgnis.
    »Biegen Sie auf die Cedar Avenue ab«, sagte er. »So geht’s schneller.«
    Während er nervös auf der Sitzkante hin und her rutschte, sah Seichan aus dem Fenster. Das Taxi fuhr an der Bibliothek von Takoma Park vorbei und bog in das Labyrinth schmaler Straßen ein, die von Wohnhäusern im Queen-Anne-Stil und imposanten viktorianischen Villen gesäumt waren. Die dicht an dicht stehenden Eichen und Ahornbäume verwandelten die Straßen in Tunnel, die durch das Licht der vereinzelten Straßenlaternen nur gedämpft erhellt wurden.
    Sie musterte die dunklen Häuser und versuchte, sich das Leben ihrer Bewohner vorzustellen, vermochte sich aber nicht in sie hineinzudenken. An ihre Kindheit in Vietnam hatte sie kaum Erinnerungen. Auch an ihren Vater konnte sie sich nicht erinnern. Was sie von ihrer Mutter im Gedächtnis bewahrt hatte, hätte sie am liebsten vergessen: Wie die Uniformierten sie ihr entrissen und ihre Mutter blutüberströmt und schreiend aus der Tür gezerrt hatten. Ihre Kindheit hatte Seichan in verschiedenen heruntergekommenen Waisenhäusern verbracht, wo sie die meiste Zeit über gehungert hatte und zwischendurch immer wieder missbraucht worden war.
    Mit diesen stillen Häusern und deren zufriedenen Bewohnern konnte sie nichts anfangen.
    Schließlich bog das Taxi auf die Butternut Avenue ein. Seichan war erst einmal hier gewesen. Damals hatte sie sich mit einer Schussverletzung zu dem einzigen Menschen geflüchtet, dem sie vertrauen konnte. Sie schaute Gray an. Es war fast drei Monate her, dass sie ihm so nahe gewesen war. In der Zwischenzeit war sein Gesicht eher noch hagerer geworden. Die scharfen Falten wurden allein von seinen vollen Lippen gemildert. Sie dachte daran, wie sie diese Lippen in einem schwachen Moment geküsst hatte. Um Zärtlichkeit war es dabei nicht gegangen, nur um Verzweiflung und Begehren. Sie erinnerte sich noch gut an die Hitze, die in dem Moment von ihm ausstrahlte, an seinen rauen Stoppelbart und seine kraftvolle Umarmung. Doch auch dies war ihr fremd gewesen, genau wie die Häuser hier.
    Außerdem wusste sie, dass er sich noch immer gelegentlich mit einer Polizistin der italienischen Carabinieri im Leutnantsrang traf. Jedenfalls hatte er das vor ein paar Monaten noch getan.
    Gray kniff auf einmal die Augen zusammen, wobei sich tiefe Falten bildeten. Sie blickte nach vorn. Die Straße war ebenso dunkel wie die anderen in der Gegend, doch der kleine Craftmans-Bungalow mit der breiten Vorderveranda und dem überstehenden Giebel war

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