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Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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anzusehen und ohne ein Wort. Ich hatte nicht viel Hunger. Der Kellner kam. Wir bestellten Fischpastete und eine Flasche Burgunder. Martin fragte, ob er rauchen dürfte. Höflichkeit war bei ihm immer großgeschrieben, auch wenn er innerlich vor Wut kochte. Es sei denn, er war betrunken. Ich schob ihm wortlos den Aschenbecher zu. Martin blies den Rauch durch die Nase.
    »Können wir reden?«
    »Wenn es sein muß.«
    »Es ist unvermeidlich, daß wir mal reinen Tisch schaffen.«
    Der Kellner brachte den Wein, öffnete die Flasche. Martin probierte und nickte.
    »Einwandfrei!«
    Der Kellner goß die Gläser ein. Martin lächelte mir zu.
    »Auf dich!«
    Ich erwiderte sein Lächeln, nahm einen Schluck und sah aus dem Fenster. Wo war Amadeo jetzt?

    »Por el olivar venían
    bronce y sueño, los gitanos
    Las cabezas levantadas
    y los ojos entornados…«
    »Durch den Olivenhain wandern,
    Die Zigeuner, Bronze und Traum.
    Ihre Köpfe erhoben,
    Und blicklos ihre Augen…«
    Diese Verse, woher kannte ich sie? Sie waren mit Dingen von früher verbunden. Aber solchen Erinnerungen nachzuhängen führte zu nichts, ich wurde nur traurig dabei, und so wandte ich Martin wieder den Blick zu. Er räusperte sich, was bei ihm immer ein Zeichen von Unsicherheit war.
    »Was ich gerne mal wissen möchte – und diese Frage gestatte ich mir: Was hat dieser Mann eigentlich an sich, daß er dich so fasziniert?«
    Ich nahm einen Schluck Wein. Ich wollte ihn nicht verletzen.
    »Sprichst du von ihm oder von seiner Lebensweise?«
    »Wohl von beidem. Gehört das nicht zusammen?«
    »Im Laufe der Zeit haben wir gelernt, Kompromisse zu schließen.«
    Der Kellner vergewisserte sich, daß grünes Olivenöl und Weinessig vorhanden waren, stellte einen Korb Brot auf den Tisch, brachte die Fischpastete und Salat.
    Martin sagte:
    »Soviel ich weiß, stammst du aus der gehobenen Mittelschicht. Eine bürgerlich-liberale Familie, nicht wahr? Wie kamst du nur dazu, dich in diesen Fakir zu verlieben? Das sind doch zwei ganz verschiedene Welten…«
    Die peinlich pikierte Art, wie er sich ausdrückte, brachte mich fast zum Lachen.
    »Es tut mir leid, dich enttäuschen zu müssen, aber Amadeo stammt nicht aus der Gosse. Ich will hier keine Einzelheiten weitergeben, ich kann dir nur sagen, daß seine Familie einen aufwendigen Lebensstil hat. Amadeo hat sich einen anderen Hintergrund ausgesucht, das ist alles.«
    »Und ist glücklich und zufrieden dabei?«
    »Wie du siehst.«
    »Das ist ja richtig toll«, sagte er. »Klingt, als hätte er sein eigenes Revier auf der Welt abgesteckt, für seine persönlichen Bedürfnisse und Wünsche. Aber ich sehe immer noch nicht klarer.«
    »Zerbrich dir darüber nicht den Kopf.«
    »Sicher nicht. Wie schmeckt dir der Fisch?«
    »Ganz gut. Und dir?«
    »Ausgezeichnet. Das Brot auch. Nimmst du keins? Jetzt hör mir mal zu, Darling. Alles, was du mir über den Typ gesagt hast, überzeugt mich nicht.
    Du mußt dir eine bessere Rechtfertigung ausdenken.«
    Ich rieb mir die Schläfen.
    »Hast du noch nie erlebt, daß es zwischen zwei Menschen eine Art Geheimsprache gibt? Daß einer im anderen seinen eigenen Schatten sieht?«
    »Nein«, erwiderte Martin entschieden. »Das habe ich noch nie erlebt, und ich halte auch diese Pseudo-Symbiose für fragwürdig.
    Seelenverwandtschaft ist eine Illusion. Ich nehme an, daß Leute, die zehn oder zwanzig Jahre verheiratet sind, sich ganz gut kennen. Aber das ist mehr eine Gewohnheitssache. Man soll sich da nichts vormachen.«
    »Ich mache mir nichts vor«, sagte ich. »Ich weiß, daß man diese Gewißheit haben kann: Ich kenne dich, du bist mir irgendwie gleich. Und es gibt Menschen, die uns nahestehen, die Holz von unserem Holz sind.
    Alle anderen bleiben Fremde.
    Wenn sie nicht Holz von unserem Holz sind, sollte man sie nicht zu nahe kommen lassen.«
    »Wovon in Teufels Namen redest du eigentlich?« fragte Martin.
    »Von Amadeo. Ich rede die ganze Zeit nur von ihm.«
    Er hob die Flasche.
    »Noch etwas Wein?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Nein, Martin, für heute abend genügt es.«
    Er füllte sein Glas.
    »Jeder von uns hat seine schlechte Seite. Seelenverwandtschaft kann eine bequeme Ausrede sein.«
    Ich tupfte mir mit der rotweißen Serviette die Lippen ab. Klar versteht er mich nicht, dachte ich. Wie sollte er auch?
    Jetzt lächelte er, wobei er die linke Wangenseite hochzog. »Irgendwer hat mal gesagt: ›Everybody is an island.‹ So denke ich auch. Das ganze Gerede über ›Du bist ich‹

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