Feuerfrau
du auch noch einen?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Ich habe genug gehabt.«
»Komisch, daß du sowenig trinkst.«
»Ich habe selten Durst. Es hängt irgendwie mit meinem Stoffwechsel zusammen.«
»Du hast eine verdammt gute Figur dabei, weißt du das?«
»Das haben vor dir schon andere festgestellt.«
Ich hörte ein plätscherndes Geräusch. Er goß Whisky ein, pur, und ließ nur einige Eiswürfel in das Glas fallen. Hastig nahm er einen Schluck, ohne mir zuzuprosten. Ich sagte:
»Martin, du trinkst zuviel. Das paßt mir nicht.«
Er starrte mir in die Augen.
»Dein Zirkustyp, trinkt der etwa nicht?«
Mein Atem setzte kurz aus; ich mußte hier vorsichtig sein. Seit unserem Gespräch in Paris hatte er Amadeo nicht mehr erwähnt. Er sprach jetzt laut mit einer Stimme, die zugleich ausdruckslos und kehlig war. Ich bemühte mich, den richtigen Ton zu finden. Ich war verärgert und durfte mir nicht zuviel zumuten.
»Nein. Und wenn, dann nur Wein. Ich habe ihn noch nie betrunken gesehen.«
Martin setzte das Glas an die Lippen.
»Im Grunde genommen bist du eine schöne Nutte.«
Er muß wirklich schon sehr betrunken sein, dachte ich, sonst würde er mir das nicht sagen. Ich wünschte plötzlich, er würde gehen und mich allein lassen.
»Mach dich nicht lächerlich, Martin. Du bist nicht selbstkritisch genug.«
Er platzte fast vor Lachen.
»Selbstkritisch?«
»Selbstkritik ist nicht zum Lachen«, sagte ich. »Im Grunde bist du ein Moralapostel.«
»Ich habe Prinzipien.«
»Solche Menschen machen mir keinen Spaß.«
Er trank sein Glas aus und stellte es auf den Tisch. Es gab ein leises Klirren.
»Warum siehst du mich so an?« fragte ich. »Du hast mich in letzter Zeit häufig so angesehen. Das geht mir auf die Nerven.«
Er nickte langsam vor sich hin.
»Wenn man dich nicht kennt, würde man glauben, daß du überhaupt keine Nerven hast. Du siehst immer so unbeteiligt aus. Aber stille Wasser sind tief. Ich beobachte dich, weil ich wissen möchte, was in dir eigentlich vorgeht.«
»Das geht dich nichts an, Martin. Everybody is an Island, stimmt das nicht? Das hast du mir selbst gesagt.«
»Ich habe dir auch gesagt, daß ich dich nicht sehr wählerisch finde.
Wenn ich mir vorstelle, wie du dich von diesem Halunken da abknutschen läßt…«
»Sprich nicht weiter, Martin«, schnitt ich ihm das Wort ab. »Sprich nicht so über Amadeo, ich warne dich.«
»Ich rede, wie es mir paßt. Und ich begreife erst jetzt so nach und nach, wie ihr beiden funktioniert. Und was ich da begreife, gefällt mir nicht.«
»Martin, diese Unterhaltung führt zu nichts.«
»Du bist nicht ehrlich mit mir.«
»Habe ich dich belogen?«
»Nicht mit Worten, Darling. Gewiß nicht.«
Ich streifte meine Mokassins von den Füßen und ging an ihm vorbei, zum Badezimmer. Er packte mich am Arm, brachte mich aus dem Gleichgewicht und warf mich aufs Bett. Im selben Augenblick lag er auch schon auf mir, mit seinem ganzen Gewicht. Seine Finger krallten sich schmerzhaft in mein Haar. Ich blinzelte und sagte gleichmütig:
»Du tust mir weh, Martin.«
Manche Männer lieben es, wenn Frauen sich vor ihnen fürchten; ein Urinstinkt, der ihre Begierde steigert. Sie haben etwas von Wölfen an sich, die mit einer frisch aufgespürten unschuldigen Beute spielen, bevor sie verschlungen wird. Derselbe Urinstinkt würde eine andere Frau vielleicht dazu bringen, sich zu wehren. Mich brachte männliche Körperkraft nicht aus der Fassung. Ich empfand nicht einmal ein Angstgefühl. Irgendwie fühlte ich mich überlegen. So lag ich völlig regungslos unter ihm, studierte aufmerksam sein Gesicht. Seine blauen Augen waren starr unter dem zerzausten Haar; seine Lippen zitterten, doch den Rest des Gesichts behielt er unter Kontrolle. Er beugte sich vor, ließ seinen Mund über meine Stirn wandern, über meine Lider, über meine Nasenflügel. Ich zuckte kurz zusammen, als seine Lippen sich auf meinen Mund legten. Eine plötzliche Schwäche überkam mich; keine physische Schwäche, nein, eine Taubheit, eine innere Lähmung. Ich suche dich meistens in mir selbst, Amadeo.
Wenn ich dich will, bist du immer zu erreichen. Aber wenn ein anderer hilft, geht es schneller und einfacher. Ich brauche nur die Augen zu schließen. Eine kindliche List, aber wirkungsvoll.
Martin löste seine Lippen und flüsterte heiser:
»Ich weiß doch, daß du an ihn denkst.«
Ich machte meine Arme frei, umfing seinen Nacken.
»Es tut mir leid, Martin. Es tut mir wirklich
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