Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
danke«, sagte ich atemlos, »das können wir brauchen.«
    Stavros nahm die Gläser vom Tisch auf und hielt sie uns hin. Wir stießen an und tranken.
    »Der Wein ist gut«, sagte Manuel nachdrücklich.
    »Er ist von unseren Trauben. Wir heben ihn für das Fest auf.«
    Stavros trank den Wein schluckweise. Jeden einzelnen Schluck behielt er lange im Mund. Ebensowenig wie Anghelina nahm er Anstoß an der Situation; im Gegenteil, ich hatte den Eindruck, daß Manuel genau die Art Mensch war, mit dem er auf Anhieb gut zurechtkam. Vielleicht lag es daran, daß Manuel so gut Griechisch konnte. Oder auch an dem Tanz oder dem Wein.
    »Du hast einen starken Händedruck«, stellte er fest. »Wie ein Landarbeiter. Was hast du für einen Beruf?«
    »Noch keinen«, erwiderte Manuel. »Ich lerne, aber es fällt mir schwer.«
    »Du liebst die Erde, mein Sohn.«
    Manuel kniff leicht die Augen zu, wie er es tat, wenn ihm etwas zu denken gab.
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ich sehe es deinen Händen an.«
    Manuel streckte unwillkürlich die Hände vor sich aus.
    Schmal und feinknochig, wie sie waren, zeigten sie doch einen kräftigen Handrücken und starke, gelenkige Finger.
    »Du hast die Hände eines Bauern«, bemerkte Stavros ernsthaft.
    »In gewisser Weise, ja«, sagte Manuel langsam.
    »Und du hast auch einen Sinn für das, was schön und nützlich ist.«
    Etwas wie Erstaunen lag in Manuels Blick.
    »Wie können Sie das so schnell herausfinden?«
    Stavros betrachtete ihn, mit einem Glitzern in den Augen. »Jeder Mensch spricht eine deutliche Sprache, auch wenn seine Zunge schweigt.«
    Manuel erwiderte ruhig seinen Blick; er befand sich nicht in der Defensive, versuchte auch nicht, ihn absichtlich mißzuverstehen. Von ihm ging ein Leuchten aus, daran war kein Zweifel. Mir kam es jedenfalls so vor, oder hatte der Wein eine besondere Wirkung?
    »Junge, wie alt bist du eigentlich?« fragte plötzlich Stavros.
    »Bald fünfundzwanzig.«
    »Nicht so alt, wie ich dachte. Aber über manche Dinge bist du dir schon klar, nicht wahr?«
    Manuel lächelte flüchtig.
    »Wie meinen Sie das?«
    Stavros lehnte sich bequem auf seinem Stuhl zurück.
    »Ich bin nicht sehr belesen. Aber ich weiß, mein Auge kann nicht trügen. Ganz sicher bist du auf irgendeinem Gebiet ein Fachmann, wenn ich auch nicht genau sehe, worin.«
    Manuel schüttelte den Kopf.
    »Ich schlage mich mit einigen Fragen herum, das ist alles.«
    Stavros hob sein Glas zum Mund.
    »Viele falsche Leute kommen hierher, stellen die falschen Fragen. Aber warum rede ich mit denen? Genausogut könnte ich mich mit meinen Kühen unterhalten. Und die sind nicht so dumm, wie man glaubt. Kannst du auch falsche Fragen stellen?«
    Ich verkniff mir ein Lächeln. Stavros’ Sinn für Humor war so subtil, daß man genau hinhören mußte, um ihn zu erkennen. Manuel lächelte mir von der Seite zu.
    »Wie jeder Mensch.«
    »Und du bleibst still?«
    »Warum auch nicht? Wer richtig hinsieht, muß am Ende auch begreifen.«
    Stavros dunkle Lippen teilten sich zu einem Lächeln.
    »Du bist klüger als andere.«
    »Ich tue mein Bestes.«
    Stavros legte ihm plötzlich die Hand auf das Knie.
    »Sei unser Gast! Bei uns gibt es kein Geheimnis, so was gibt es nicht.
    Ein Geheimnis ist Unwissen, weiter nichts. Du aber hörst und siehst. Gott segne dich!« Er klopfte ihm auf das Knie, trank sein Glas aus und ging. Der Brauch verlangte, daß er nun mit Androkles durch das Dorf ging und das Fleisch der Opfertiere an die Bewohner verteilte.
    »Was für ein wunderbares Gesicht dieser Mann hat!« sagte Manuel.
    »Ich bin froh, daß ich ihn getroffen habe.«
    »Ich auch. Du hast ihm gefallen.«
    Er lächelte wieder mit den Augen.
    »Ach, findest du?«
    »Ihr versteht einander. Diese Menschen kann man nicht so leicht täuschen.«
    Er schmunzelte.
    »Nein. Sie finden sofort unsere Schwäche heraus.«
    Anghelina, die Haare zerzaust, das Gesicht schweißverklebt, kam mit ihrem rollenden Gang auf uns zu und schwenkte ihr rotes Tuch. Sie trug hohe Absätze und ihre Füße waren wohl geschwollen.
    »Kommt, kommt nach Hause, zum Mittagessen. Mutter Demetria hat schon alles vorbereitet!«
    Man hatte die Ikonen und die Weihwasserbecken wieder in den
    »Konaki« getragen. Nur die Blumen welkten in der prallen Sonne. Wir gingen den kleinen Kiesweg entlang, wurden von Grußworten, Lachen und dem Klappern von Tellern empfangen. Nach der Hitze draußen kam uns die Küche angenehm kühl vor, obwohl sie eigentlich warm war, weil Feuer im

Weitere Kostenlose Bücher