Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuerfrau

Feuerfrau

Titel: Feuerfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
Vom Netzwerk:
begreifen konnte. Daß ich nie gefragt hatte, warum und zu welchem Zweck wir uns liebten. Es war zur Bedingung geworden, diese Frage niemals zu stellen. Sie war schon lange unwesentlich. Wir wollten auch kein Versteckspielen. Wir waren konsequent in unserer Aussichtslosigkeit, organisierten sachlich unser Doppelleben. Auf die Dauer wurde die Sache so ziemlich vollkommen. Wir umarmten uns in einem Bereich, der nur uns gehörte, eingemauert in Verzweiflung, in Glück und in Verzicht. Und überall sonst war eine andere Welt.

4. KAPITEL

    I ch blickte aus dem Fenster, auf die tiefen dunklen Wolkenschichten.
    Ich bin abgereist, dachte ich. Es kam mir seltsam vor. Ich ließ hinter mir das italienische Licht, das unschuldige Grün der Kastanien, das Ockergelb der Häuser, die Wäsche auf den Baikonen. Müde schloß ich die Augen. Ich fühlte mich durchsichtig und namenlos, hatte wieder den Einklang zwischen mir und der Stille erreicht. Ich wollte nicht zuviel an dich denken, geschweige denn mich freuen. Ich wollte ruhig und dunkel sein, wie nächtliches Wasser im Moor.
    Ich nehme es nur zur Kenntnis, daß du bald da bist. Daß du auf mich zukommen wirst, schwarzgekleidet wie ein Fürst. Wir werden lächeln über unsere gemeinsame Gleichgültigkeit der Zeit gegenüber. Ich werde die Blume auf deiner Schulter küssen, die Narbe an deiner Schläfe. Unsere Körper werden sich berühren, dein Schatten und mein Schatten werden verschmelzen. Die Nacht, Reich der Fledermäuse, tanzt über eine Liebe von vierzehn Jahren und drei Monaten. Bei dieser Vorstellung klopft mein Herz wild.
    Die Maschine landete kurz nach elf. In Paris war schlechtes Wetter, kalt und regnerisch. Ich hatte meinen Peugeot auf dem Parkplatz gelassen. Ich warf meine Tasche hinein, setzte mich ans Steuer. Trotz der späten Stunde brauste der Verkehr. Blinkende Lichter, rot und grün, tropfende Finsternis hinter Glas. Es war halb eins, als ich meinen Wagen in den Innenhof fuhr.
    Dann ein paar Schritte zurück durch die finstere Einfahrt, an Mülltonnen vorbei. Rechts war die Tür, die ins Treppenhaus führte. Ich tippte den Code; die Haustür sprang auf. Ich schleppte mich auf müden Füßen die vier Stockwerke hinauf. Auf jedem Absatz kam durch die Scheiben flimmerndes Nachtlicht. Ich ging die letzten Stufen, schloß die Wohnungstür auf. Martin war da. Ich merkte es sofort an dem Geruch. Und im selben Atemzug stellte ich fest, daß ich Martin seit meiner Abreise vollkommen vergessen hatte. Du meine Güte, dachte ich, der Mann schläft jetzt bei dir im Bett! Und gleichzeitig erlebte ich ein paar Sekunden des Ärgers. Ich hätte ihm den Schlüssel nicht geben sollen. Als ich Licht im Flur machte, hörte ich Martins verschlafene Stimme:
    »So spät?«
    »Ich habe den letzten Flug genommen.«
    Er richtete sich auf, knipste die Nachttischlampe an. Das Licht beleuchtete sein hübsches Jungengesicht, sein zerwühltes Haar. Er lag mit nacktem Oberkörper. Neben dem Bett standen Whiskyflasche und Aschenbecher.
    »Wie war’s denn in Milano?«
    Ich setzte mich auf den Bettrand. Er wälzte sich herum, legte den Kopf auf meine Knie. Ich streichelte ihn zerstreut. Manchmal begehrte ich ihn, manchmal nicht. Jetzt begehrte ich ihn nicht.
    »Aufschlußreich«, sagte ich.
    »Wie geht es deinem Vater?«
    »Danke, gut.«
    Er fuhr mit dem Zeigefinger über meine Brüste.
    »Worüber habt ihr gesprochen?«
    »Ach, nur über Familiengeschichten.«
    »Hat er das Haus gut verkaufen können?«
    »Doch, ich denke schon. Er ist zufrieden.«
    Martin knöpfte meine Bluse auf. Ich fühlte seine Hand auf meiner nackten Haut. Er roch ziemlich stark nach Whisky. Ich sagte:
    »Du hast wirklich ordentlich einen getrunken.«
    »Du hast mir gefehlt. Und ich war schon betrunkener.«
    Ich schwieg. Seine Hand knetete meine Brust.
    »Erzähl mir bitte etwas mehr.«
    »Da gibt es nichts zu erzählen.«
    »Warst du wirklich bei deinem Vater?«
    »Wo soll ich denn sonst gewesen sein?«
    »Komisch«, sagte Martin. »Ich habe bei ihm angerufen. Er sagte, du seist mit seinem Wagen unterwegs.«
    Ich starrte ihn ruckartig an.
    »Was hast du gemacht?«
    »Bei deinem Vater angerufen«, sagte Martin. »Du wolltest doch am Nachmittag wieder hier sein. Um fünf, hast du gesagt.«
    Der Zorn erstickte mich. Ich schob seine Hand zurück. »Bist du von Sinnen? Wie kommst du darauf, dich in meine Angelegenheiten zu mischen? Und überhaupt, woher hast du die Telefonnummer meines Vaters?«
    Er lächelte wie ein

Weitere Kostenlose Bücher