Feuergipfel
würde nichts Gutes dabei herauskommen, wenn sie weiter in Penny drang.
»Egal, es ist ja auch gar nicht so wichtig«, sagte Elyssa friedlich. »Die Küche ist sauber, die Lampen sind voll goldenen Lichts, und ich hätte Lust zu tanzen.«
Sie streckte auffordernd die Hände aus und lächelte.
»Na komm«, schmeichelte sie. »Tanzen macht das Leben leichter. Hast du das nicht gewußt?«
Nach einem Moment des Zögerns erwiderte Penny ihr Lächeln und ergriff Elyssas Hände.
Elyssa versank in einen tiefen Knicks inmitten einer Woge raschelnder, blaßgrüner Seide und goldener Unterröcke. Dann begann sie einen schwungvollen Walzer zu singen. Bald wirbelten die beiden Frauen lachend durch die Küche, bis Elyssas reine Altstimme rauh und atemlos wurde und Penny keuchend nach Luft rang.
»Genug«, japste Penny. »Ich kann mich kaum noch auf den Beinen halten!«
»Oh, wie schade! Allein zu tanzen macht keinen Spaß.«
»Mußt du aber jetzt!«
Kopfschüttelnd und immer noch lachend ließ sich Penny auf einen der Holzstühle fallen, die um den Küchentisch standen, wo sie jeden Tag ihre Mahlzeiten einnahmen. Dann blickte sie an Elyssa vorbei und sah Hunter in der Tür stehen. Er beobachtete das Geschehen mit ausdrucksloser Miene und quecksilbergrauen Augen, die brannten.
»Du könntest es ja mal mit Hunter versuchen«, schlug Penny vor. »Der ist nach ein paar Runden durch die Küche bestimmt nicht gleich außer Atem.«
Elyssa fuhr so rasch herum, daß sich ihr duftiger Rock bauschte und wie ein exotischer Schmetterling um ihre Fesseln flatterte. Dann vollführte sie eine elegante Drehung und walzte auf Hunter zu. Sie versank in einen tiefen Knicks vor ihm, erhob sich so graziös wie eine Tänzerin und streckte ihm auffordernd die Hände hin.
»Nein«, wehrte er barsch ab.
»Warum nicht?« fragte sie herausfordernd. »Ein Mann, der in allen Sätteln zu Hause ist, wird sich doch sicherlich nicht von ein paar Drehungen einschüchtern lassen.«
»Ich habe das Tanzen während des Krieges verlernt.«
Hunter blickte an Elyssa vorbei und sah Penny an.
»Bei Ihnen ist das natürlich etwas anderes, Ma’am«, sagte er zu Penny. »Wenn ein Walzer Sie so zum Lächeln bringt, dann wäre ich gerne bereit, eine oder zwei Runden durch die Küche mit Ihnen zu versuchen.«
Die Worte trafen Elyssa wie ein Schwall eiskalten Wassers.
Hunters Zurückweisung kränkte sie, wie es der Hochmut ihrer aristokratischen Verwandtschaft niemals vermocht hatte.
In England hatte sie sich daran gewöhnt, von Männern geschnitten zu werden, weil sie kein Vermögen besaß. Oder noch schlimmer, sie war verfolgt und bedrängt worden, weil diese aufgeblasenen Herren sich mit der drolligen kleinen Amerikanerin ein schnelles Abenteuer ausmalten.
Elyssa hatte gehofft, in Amerika andere Verhältnisse vorzufinden.
Das war leider nicht der Fall.
»Um Himmels willen, dann tanz mit Hunter«, sagte Elyssa energisch zu Penny. »Ich möchte deinem Vergnügen auf keinen Fall im Wege stehen.«
Noch bevor Penny antworten konnte, hatte Elyssa sich abgewandt und eilte zur Hintertür hinaus in den kühlen Herbstabend. Ein kalter Wind wehte ihr entgegen, als die Tür hinter ihr ins Schloß fiel.
Penny musterte Hunter mit abschätzendem Blick.
»Da Sie genausowenig mit mir tanzen wollen wie mit einer Milchkuh«, sagte sie schnippisch, »warum müssen Sie dann Elyssa gegen mich aufbringen?«
Der überraschte Ausdruck auf Hunters Gesicht sagte ihr, daß er nicht mit diesem Bescheid gerechnet hatte.
Er murmelte etwas Ungeduldiges vor sich hin und fuhr sich mit den Fingern durch sein kragenlanges Haar.
»Ich versuche, Frechdachs das Flirten abzugewöhnen«, erklärte er nach einer Pause.
»Warum?«
Wieder war Hunter überrascht.
»Es wäre bestimmt kein Fehler, wenn Sie Elyssa heiraten würden«, sagte Penny ruhig. »Sie ist die alleinige Eigentümerin der Ladder S, jung, gesund, hübsch und offensichtlich vernarrt in Sie.«
Hunters Mund verzog sich zu einem Strich.
»Sie ist in alles vernarrt, was Hosen trägt«, höhnte er.
»Falsch. Die Männer sind vernarrt in sie. Und das ist wohl kaum verwunderlich. Sie hat die Schönheit ihrer Mutter geerbt.«
»Ich habe schon einmal ein hübsches, kokettes Dingelchen geheiratet. Es war ein Fehler, den ich garantiert kein zweites Mal machen werde.«
Penny seufzte und schloß die Augen. Einen Moment lang sah sie sehr viel älter als ihre dreißig Jahre aus.
»Männer«, murmelte sie. »Warum hat Gott sie
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