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Feuergipfel

Titel: Feuergipfel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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verband.
    Hunter beobachtete gespannt, wie Elyssa langsam an einer Reihe von Kräutern entlangschlenderte, während sie hier ein Blatt liebkoste und dort eine winzige Blüte streifte. Ihre Finger waren wie bleiche, zarte Flammen, die sich zwischen den Pflanzen bewegten.
    Es herrschte eine so vollkommene Stille, daß Hunter das leise Rascheln von Elyssas Seidenröcken über Blätter und Stengel hören konnte, die flüssigen Seufzer des Baches und das melodische Summen eines Walzers, in das silbrige Mondlicht gehaucht.
    Elyssa unterbrach ihre Wanderung, um sich über einen der Rosmarinbüsche zu beugen, die am Ende jeder Reihe von Kräutern wuchsen. Behutsam strich sie mit den Fingerspitzen über die längsten Zweige des Busches, während sie Worte vor sich hin murmelte, die Hunter nicht verstehen konnte.
    Als Elyssa sich abwandte und durch eine andere Reihe glitt, führten sie ihre Schritte in die unmittelbare Nähe von Hunter, der mit angehaltenem Atem im Schatten des Baumes verharrte. Allmählich wurden ihre wunderlichen Worte für ihn verständlich.
    »Ah, Graf Oregano«, murmelte Elyssa. »Wie gut Sie heute abend aussehen in Ihrer grünen Weste.«
    Sie beugte sich tief über die Pflanze und nahm einen Stengel Oregano in die hohle Hand. Als sie den Stengel wieder losließ, schwankte er leicht hin und her, als ob er tanze.
    »Wären Ihre Wurzeln nicht so empfindlich«, flüsterte sie, »würde ich Sie in die Arme nehmen und die ganze Nacht hindurch mit Ihnen tanzen. Stellen Sie sich nur den Skandal vor ...«
    Lächelnd wanderte Elyssa weiter zu dem nächsten Busch.
    »Comtesse Pfefferminze, was für eine freudige Überraschung, sie heute abend hier zu sehen«, flüsterte sie. »Ich fühle mich geehrt.«
    Sie versank in einen Knicks, erhob sich anmutig und legte den Kopf schief, als hörte sie einem imaginären Gesprächspartner zu. Dann lächelte sie traurig und streichelte sanft über die Ränder der Zitronenmelisse. Sie pflückte ein Blatt, schob es sich in den Mund und kaute bedächtig.
    »Was für eine geschmackvolle Borte Sie an Ihrem Kleid haben«, sagte Elyssa. »Sie müssen mir unbedingt den Namen Ihrer Schneiderin verraten. Dieselbe wie Comtesse Pfefferminzes? Ah ja, das hätte ich mir eigentlich denken können.«
    Elyssa beugte sich hinunter, um ihre Wange behutsam an der taillenhohen Pflanze zu reiben. Schließlich richtete sie sich auf und schlenderte ein Stück weiter.
    Von Zeit zu Zeit blieb sie stehen und inhalierte vielfältige Kräuterdüfte wie kostbare französische Parfüms. Dann schritt sie langsam weiter, während sie streichelte und kostete und in dem duftenden Willkommen ihres Gartens schwelgte.
    Sie bemerkte Hunter nicht, der reglos im dunklen Mondschatten des Apfelbaums stand. Langsam tanzte sie im Walzerschritt an ihm vorbei. Leise vor sich hin summend und mit geschlossenen Augen tastete sie sich die Kräuterreihe entlang, während sie jede Pflanze mit ihrem üblichen Namen und einem phantasievollen Titel ansprach.
    Ab und zu drangen Wortfetzen an Hunters Ohr und erschütterten ihn auf eine Weise, die er nicht verstand.
    Endlich begriff er, und er wünschte, es wäre nicht so.
    Klein Em hat sich damals auch so benommen. Sie hatte keine
    Spielgefährten zu Hause, deshalb gab sie jedem Stein und Baum und Vogel einen Namen.
    Und sie sang ihnen Lieder vor.
    Trauer um sein totes Kind überwältigte Hunter und brachte einen jähen Schmerz mit sich, der seine messerscharfen Krallen in seine Eingeweide schlug. Reglos stand Hunter da und erlitt unerträgliche Qualen, wie so viele Male zuvor.
    Langsam, Herzschlag für Herzschlag, verebbte der Schmerz allmählich und entschwand in die Dunkelheit der Nacht.
    Inzwischen war Elyssa am Ende der Reihe angekommen. Mit einem verträumten Lächeln auf den Lippen drehte sie sich um und begann wieder auf Hunter zuzugehen. Die Augen noch immer geschlossen, kam sie die äußere Reihe des Gartens herauf, während sie langsam dahinwandelte und sich lediglich durch die Berührung der Kräuter auf der einen Seite und der Stämme der Obstbäume auf der anderen zurechtfand.
    »Baroness Petersilie, Sie werden mit jedem Tag robuster. Meine Hände quellen sicher in diesem Herbst von Ihren Samen über, und nächstes Jahr werden Ihre Kinder überall in meinem Garten wachsen.«
    Das flüssige Murmeln des Baches war die einzige Antwort, die Elyssa bekam. Sie brauchte auch keine andere.
    »Ah, Prinzessin Rosmarin. Was für eine unvergleichliche Freude! Ihre Anwesenheit ist

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