Feuergipfel
eine besondere Auszeichnung für meinen bescheidenen Garten.«
Elyssa blieb bei der Pflanze stehen, deren Zweige sich wie ein hundertarmiger Kandelaber zum Mond emporstreckten. Die blasse Unterseite der schmalen Blätter schimmerte silbrig. Es war, als leckten winzige kalte Flammen über die Pflanze.
»Was für ein prächtiges Kleid«, murmelte Elyssa. »Wirklich eine Kreation, die ihresgleichen sucht. Und Ihr atemberaubender Duft könnte selbst Rosen vor Neid weinen lassen.«
Geschickt pflückte Elyssa einen Rosmarinzweig ab und rollte ihn zwischen ihren Handflächen, um den Duft genießerisch ein-zuatmen. Als sie den Kopf über die Hände beugte, leuchtete ihr Haar, als wären Glanzlichter darin verborgen.
Hunter brannte seinerseits, verzehrt von dem leidenschaftlichen Feuer, das in ihm entflammt war seit seiner Ankunft auf der Ladder S, als er Elyssa auf der Veranda entdeckt hatte, gebadet in goldenes Laternenlicht.
Niemals zuvor hatte er einen derart heftigen, schier unstillbaren Hunger verspürt, selbst damals nicht, als Belinda ihn umgarnt und so lange gequält hatte, bis er sich in die Ehefalle locken ließ.
Ich hätte sofort kehrtmachen und davonreiten sollen, dachte Hunter. Genauso wie ich jetzt kehrtmachen und mich ins Haus zurückziehen sollte.
Aber er hatte es an jenem ersten Abend nicht getan - und tat es auch jetzt nicht!
Elyssa pflückte einen weiteren Rosmarinzweig, knöpfte ihr Mieder auf und stecke ihn zwischen ihre Brüste.
Hunter vergaß zu atmen.
Er fragte sich, ob Elyssa ihn gesehen hatte und ihn mit einem Blick auf ihre perlmuttweißen, perfekten Brüste reizen wollte. Der Anblick von ihr, wie sie durch die Küche tanzte und ihm auffordernd die Arme entgegenhob, war ihm unauslöschlich ins Gedächtnis geprägt. Der Anblick ihrer Finger, die über üppige, zart duftende Blätter glitten, erweckte in ihm das Bedürfnis, einem Wolf gleich zu heulen und seine Frustration laut herauszuschreien.
Elyssa war ein silbernes Feuer, das ihn verzehrte.
Vage erkannte Hunter, warum er ihren Duft als so verführerisch empfand. Sie trug lieber Rosmarin und Thymian als das ziemlich schwere Magnolienparfüm, das Belinda bevorzugt hatte.
Wie hypnotisiert und ohne es zu wollen machte Hunter einen Schritt auf Elyssa zu, dann noch einen, wie ein wildes Tier, magisch angelockt von einem Feuer, das mitten in der Dunkelheit lodert.
Beim dritten Schritt zerbrach ein Zweig knackend unter seinem Stiefel.
10
Erschrocken wirbelte Elyssa herum. Ihre weit aufgerissenen Augen wirkten schwarz im bleichen Licht der Sterne, ihr Ausdruck war so schwer zu deuten wie die Nacht selbst.
Als Elyssa erkannte, daß es sich um Hunter handelte, drehte sie ihm hastig wieder den Rücken zu. Ihre sonst so flinken Finger nestelten ungeschickt an den winzigen Knöpfen ihres Mieders, als sie es in aller Eile wieder zu schließen versuchte.
»Was tun Sie hier draußen« fragte sie, wobei sie ihm weiterhin den Rücken zukehrte. »Ich dachte, Sie wollten mit Penny Walzer tanzen.«
»Wichtiger war mir zu sehen, mit wem Sie sich treffen.«
»Treffen? Hier im Garten? Mitten in der Nacht?«
»Allerdings«, erwiderte Hunter.
»Warum, um alles in der Welt, sollte ich das tun?«
»Um sich ein wenig zu ... unterhalten.«
Der letzte störrische Knopf ließ sich endlich wieder zurück durch sein Loch schieben.
Elyssa holte tief Luft, sie mußte sich sammeln. Dann drehte sie sich um und stand genau vor dem Mann, der sie vorhin dazu getrieben hatte, Trost in ihrem Garten zu suchen.
»Wie klug Sie das erraten haben«, sagte sie.
Hunters Lippen wurden schmal.
»Es ist in letzter Zeit so schwierig, Gelegenheit zu einer angenehmen Unterhaltung zu finden«, fuhr sie mit leiser, täuschend liebenswürdiger Stimme fort.
»Hatten Sie gehofft, Mickey hier zu treffen?« gab sich Hunter unbeteiligt. »Oder ist es Bill, nach dem Sie sich verzehren?« »Ich habe mich nach einem bißchen Ruhe und Frieden verzehrt«. Es gibt Leute, die können schrecklich anstrengend sein.«
»Besonders Frauen«, schoß er zurück.
»Ich hatte eigentlich an einen speziellen Mann gedacht. Einen Mann, der ohne jeden Grund barsch und unhöflich ist. Abweisend. Unmöglich. Und absolut im Irrtum. Sicherlich müßten ausgerechnet Sie doch in der Lage sein, mein Bedürfnis zu verstehen, oder?«
»Ihr Bedürfnis nach Unterhaltung.«
»Nach Worten«, stimmte sie zu. »Eines nach dem anderen. Scherze. Höflichkeiten. Komplimente. Für Sie höchstwahrscheinlich
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