Feuergipfel
Fremdwörter, wie ich annehme, aber mein Garten kennt sie.«
»Sie sprechen mit Ihren Pflanzen.«
»Freundlich und liebevoll, ja.«
Hunter kämpfte mit sich, ein Lächeln zu unterdrücken. Es wäre ihm beinahe gelungen.
»Außerdem jäte, beschneide, dünge, mulche, bewässere und verwöhne ich meine Pflanzen ganz allgemein, so gut ich kann«, fügte Elyssa hinzu.
»Das habe ich bemerkt.«
»Erstaunlich.«
Hunter ignorierte die Spitze.
»Wann immer Sie bedrückt oder aufgebracht sind«, sagte er langsam, »gehen Sie zu Ihren Kräutern, stimmt’s?«
»Es ist eine Angewohnheit, die ich mir in England zu eigen gemacht habe. Ich verbrachte so viel Zeit im Garten, daß sie mich die arme Bäuerin nannten ... unter anderem.«
Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, während Hunter nicht auf die fünf Knöpfe zu starren versuchte, die geöffnet worden waren, damit ein duftender Rosmarinzweig in dem samtigen Schatten zwischen Elyssas Brüsten liegen konnte.
Als er erneut sprach, geschah es, ohne nachzudenken.
»Wie stehen Sie zu Bill Moreland?« verlangte er zu wissen.
»Er ist der Stiefbruder meines Vaters.«
»Keine Verwandtschaft?«
»Wie ich schon sagte, er ist meines Vaters ...«
»Stiefbruder«, unterbrach Hunter sie ungeduldig. »Also keine Blutser wandtschaft ?«
»Mit einem Wort, nein. Früher habe ich Bill immer Onkel genannt, aber es war ein Ehrentitel.«
Hunters Augen verengten sich zu Schlitzen, als er über die Gründe nachdachte, die ein Mädchen dazu bewegen könnten, einen Mann nicht mehr Onkel zu nennen. Ein Verhältnis kam ihm als erstes in den Sinn.
»Dann ist Bill also nur eine Art Nennonkel?«
»Ja.«
»Was für ein Pech! Bei der Culpepper-Bande brauchen Sie jemanden mit mehr Mumm, als dieser >Nennonkel< anzubieten hat.«
»Sie meinen, eher jemanden wie Sie?« fragte Elyssa mit einem ätzenden Unterton.
Die Winkel von Hunters Mund verzogen sich zu einem Lächeln, das so schmal wie seine Augen war.
»Nein, Frechdachs, ich bin ein Gentleman.«
Elyssa lachte.
»Ein Gentleman«, äffte sie ihn nach. »Wie freundlich von Ihnen, mich darauf hinzuweisen. Irgendwie hatte ich es wohl geschafft, das völlig zu übersehen.«
Die kühle Zurückweisung in ihrem Ton zerrte an Hunters ohnehin schon bloßliegenden Nerven.
»Halten Sie Ihre Zunge im Zaum«, knurrte er, »sonst werde ich mir nehmen, was Sie mir in Aussicht stellten.«
»Ich habe Ihnen niemals etwas anderes als Ihren gerechten Lohn versprochen.«
»Ach, tatsächlich?« höhnte er. »Was ist mit dem Moment, als Sie in der Küche auf mich zugetanzt sind und so dicht vor mir stehenblieben, daß wir unseren gegenseitigen Atem wahrnehmen konnten?« »Oh, ich bitte vielmals um Verzeihung«, gab sie spitz zurück. »In Zukunft werde ich sorgfältig darauf achten, Sie nie wieder zum Tanzen aufzufordern!«
»Wenn ich kein Gentleman wäre«, gab Hunter herausfordernd zurück, »hätte ich die Einladung in Ihrem Lächeln angenommen und Sie geküßt, bis Sie keine Luft mehr bekämen.«
»Kein Mann hat mich jemals atemlos gemacht.«
Hunters Lippen verzogen sich zu einem blitzenden Lächeln.
Abrupt ging Elyssa auf, daß Hunter zu reizen nicht das gleiche war, wie ihre Cousins in England zu necken. Sie hatten keinen derart sinnlichen Schauder über ihre Haut prickeln lassen und ein so elementares Bewußtsein ihrer Weiblichkeit in Elyssa erweckt.
Wie Hunter.
Besonders, wenn er so dastand wie jetzt, so dicht vor ihr, daß seine Körperhitze durch ihre Kleidung drang und förmlich unter ihre Haut kroch.
»Tanzen Sie mit mir«, bat er leise.
»Ich dachte, Sie hätten es verlernt.«
»Das habe ich auch.«
Damit verbeugte sich Hunter elegant vor ihr und streckte ihr die Hand hin, als befänden sie sich auf einem blankpolierten Parkett, mit gutgekleideten Herren und Damen in Abendroben ringsum.
Automatisch legte Elyssa ihre Hand in Hunters. Schweigend führte er sie zum Bach hinunter, wo Pappelblätter mit jedem Windhauch flüsterten und zitterten. Unter einem riesigen alten Baum war der Boden fest und frei von allem außer abgefallenen Blättern. Sie bildeten einen weichen Teppich unter ihren Füßen.
»Ich werde stolpern«, sagte Elyssa mit zittriger Stimme.
»Keine Sorge, ich halte Sie!«
Hunter drehte sich herum und blickte sie an. Zögernd ergriff er Elyssas linke Hand und legte sie auf seine Brust. Erst dann ließ er seine rechte Hand um die Kurve ihrer zierlichen Taille auf ihren Rücken gleiten.
Die Intimität der Geste
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