Feuergipfel
Blick auf Elyssa. Sie war gertenschlank und biegsam wie eine Weide, ihr langes, silberblondes Haar peitschte im Wind, und sie trug einen langen Morgenmantel aus dünner silbergrauer Seide. Das duftige Gebilde wurde von einem Gürtel um ihre Taille zusammengehalten und betonte die weiblichen Kurven ihres Körpers. Wind hob den Saum des Mantels und ließ ihn flattern, enthüllte die vollendete Rundung von Elyssas Waden.
Regentropfen hatten dunkle Spuren auf dem Gewebe hinterlassen. Nasse Seide klebte an ihren vollen Brüsten. Ihre Knospen hatten sich zusammengezogen gegen die Kälte und den Regen und zeichneten sich deutlich unter dem dünnen Stoff ab.
»Der Schütze müßte schon ziemlich blind gewesen sein, um Frechdachs mit einem Mann zu verwechseln«, krächzte Hunter.
»Amen«, sagte Sonny ehrfürchtig aus der Dunkelheit knapp jenseits der Reichweite des Laternenlichts.
»Ganz meine Meinung«, meldete sich eine andere Stimme.
»Würd’ ich glatt unterschreiben«, erklärte ein Dazugekommener.
»Ich auch.«
»Yo.«
»Amen, Herr. A-men.«
Hunters Gesicht verzog sich zu einer grimmigen Miene. Wütend funkelte er die Männer an, die sich am Rande des Laternenscheins versammelt hatten, um ihm zu bestätigen, daß Elyssa tatsächlich unzweifelhaft feminin aussah.
»Hört auf, herumzustehen und wie sabbernde Idioten zu glotzen«, schnauzte Hunter.
Die Männer zuckten zurück.
»Mickey, hol die Mistkarre«, befahl Hunter. »Und ihr anderen fangt an, Salz zu schaufeln. Bewegt euch .«
Ein Chor von »Wird gemacht, Boß« und »Sofort, Boß« und hastig geschulterte Schaufeln waren die Reaktion auf Hunters Befehl.
»Ich lasse Ihnen die Laterne hier, Sir«, murmelte Morgan.
Hunter nickte knapp.
Männer verschwanden in der Dunkelheit. Laternen blühten wie exotische Blumen überall im Garten. Die Hilfscowboys, die normalerweise jede Art von Arbeit verabscheuten, die sich nicht vom Rücken eines Pferdes aus erledigen ließ, schaufelten Erde und Salz, ohne zu murren.
Kein Mann war so dumm, sich mit Hunter anzulegen, wenn er diesen Ausdruck in den Augen hatte.
Nicht einmal Mickey.
Erst verspätet begriff Elyssa, was Hunter gesagt hatte.
»Salz?« fragte sie. »Was für Salz?«
»Das Salz, das der elende Hurensohn in die Gartenfurchen gekippt hat«, erklärte er.
Elyssa stieß einen dumpfen Laut aus, als hätte jemand sie geschlagen. Sie rang um ihre Fassung. Zum ersten Mal wandte sie den Blick von Hunter ab und starrte auf den Boden.
Ausgefranste Linien von Weiß breiteten sich in den Furchen aus, wohin sie auch schaute.
»Salz?« flüsterte sie ungläubig.
Hunter nickte. Dann, als ihm aufging, daß Elyssa die Geste nicht gesehen hatte, sprach er lauter.
»Ja«, bestätigte er. »Salz.«
»Bist du dir s-sicher?«
Das Zittern in Elyssas Stimme versetzte Hunter einen schmerzhaften Stich. Er blickte in seine linke Handfläche und wünschte, er hätte sich geirrt.
Winzige weiße Kristalle glitzerten im Laternenlicht. Er hob seine Hand zum Mund und kostete noch einmal davon. Nur um sicherzugehen.
Salz.
»Ja«, erklärte er. »Leider stimmt es.«
Elyssa weigerte sich noch immer, die Wahrheit zu akzeptieren. Hastig griff sie nach Hunters Hand und führte sie an ihre Lippen. Ihre Zunge schnellte vor, und der Geschmack von Salz breitete sich in ihrem Mund aus.
Es bestand kein Zweifel.
Elyssa ließ Hunters Hand wieder fallen und drehte den Kopf weg, um seinem allzu wissenden Blick auszuweichen. Ein Zittern unterdrückter Emotionen durchlief sie.
Mein Garten... meine Zuflucht, dachte sie zutiefst unglücklich.
Gütiger Himmel, wer konnte so grausam sein, mir das anzutun?
Elyssa starrte blicklos in die Dunkelheit jenseits des Laternenlichts, während sie gegen ihre aufsteigenden Tränen ankämpfte. In Hunters Augen war sie bereits ein unreifes, albernes Ding. Sie wollte verdammt sein, wenn sie es ihm auch noch bescheinigen würde, indem sie vor ihm in Tränen ausbrach.
Gefühle, denen nachzugeben sie sich weigerte, schnürten ihr die Kehle zu. Ein Schimmer von Feuchtigkeit sammelte sich in ihren Augenwinkeln.
Das kratzende Geräusch von Erde und Salz, die in aller Eile in Karren geschaufelt wurden, erfüllte die Nacht. Es hörte sich an, als nagten gigantische Ratten an den Pflanzen inmitten goldener Kreise von Licht, das die vielen Laternen spendeten.
Während die Männer arbeiteten, nahm das Unwetter ständig an Heftigkeit zu. Bevor sie das gesamte Salz aufschaufeln konnten, würde der größte Teil
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