Feuerhimmel (German Edition)
Stadt; einige waren ziemlich gut.
Gabe fotografierte selbst sehr gern. Vor allem draußen auf der Ranch, die er vor Jahren in Hill Country in der Nähe von Kerrville gekauft hatte. Es waren nur um die tausendzweihundert Quadratkilometer. Er hatte aber ein paar Pferde dort, und es gab ihm die Gelegenheit, aus der Stadt rauszukommen. Eine weitere Leidenschaft von ihm war das Fliegen, und in seiner Twin Aerostar war es ein recht kurzer Trip dorthin. Er träumte davon, eines Tages dort zu leben und vielleicht eine kleine Pferdezucht zu betreiben.
Er folgte Mattie in den Konferenzraum, wo Angel nebeneinem grauhaarigen Mann im blauen Anzug an einem langen Tisch saß.
„Gabe, darf ich Ihnen Sidney Weiss vorstellen?“, sagte Mattie. „Sid, das ist Gabriel Raines.“ Die Männer schüttelten sich die Hand. „Und das ist Angel.“
Der Junge begegnete Gabes prüfendem Blick, ohne mit der Wimper zu zucken. „Ich habe es nicht getan, Mr Raines!“
Gabe setzte sich ihm gegenüber. „Vielleicht nicht. Dein Freund Enrique meint, ihr hättet in der Innenstadt Wände besprüht. Vandalismus ist zwar keine Brandstiftung, aber immer noch gegen das Gesetz.“
Der Junge sah ihm weiterhin in die Augen. Er hatte ein eckiges Gesicht und wirkte irgendwie abgebrüht, aber er sah nicht aus wie ein böser Junge. „Das war kein Vandalismus! Es ist eine Verschönerung.“
Gabe musste grinsen. „So nennt ihr das also?“
„In diesem Fall ist es so. Ich habe gehofft … Vielleicht würden Sie mit mir und Mattie mitkommen? Ich könnte Ihnen zeigen, was wir an dem Abend getan haben.“
Das schien eine gerechtfertigte Bitte. Außerdem hatte Gabe nichts dagegen, noch etwas mehr Zeit mit Mattie zu verbringen. Wenn er sie mit dem Jungen zusammen beobachtete, ihre Besorgnis im Gesicht, dann machte ihn das nur noch neugieriger auf sie. Auf der einen Seite schien sie absichtlich eine Distanz zu anderen aufzubauen. Dann wieder war sie äußerst zugänglich.
„Es ist gleich hinter Commerce, also nicht sehr weit“, erklärte Angel.
Gabe warf dem Anwalt des Jungen einen Blick zu. „Ich nehme an, das geht in Ordnung, Mr Weiss?“
„Ich vertraue darauf, dass Mattie Angels Interessen vertritt“, erwiderte Weiss.
„Okay. Ich hätte nichts gegen einen kleinen Spaziergang einzuwenden. Kannst du uns den Weg zeigen, Angel?“
Der Junge schob seinen Stuhl zurück und stand auf. Sie folgten ihm hintereinander den Flur entlang. Im Warteraumsaßen inzwischen zwei Personen auf den Sesseln, ein afroamerikanischer Jugendlicher mit runden flachen Ohrringen und eine ältere lateinamerikanische Frau.
„Wir haben zu bestimmten Tageszeiten Berater hier“, erklärte ihm Mattie. „Bisher sind wir noch eine kleine Organisation. Aber es gibt zehn professionelle Festangestellte, dazu kommen um die zwanzig Ehrenamtliche. Meist haben wir es mit Familien zu tun, die ihr Leben wieder in den Griff bekommen wollen, nachdem sie häusliche Gewalt erlebt haben.“
Die drei gingen die Commerce hinunter und bogen nach ein paar Blocks in eine kleinere Straße ein. Auf der nördlichen Seite befand sich ein Brachgelände. Daneben stand ein verlassenes dreistöckiges Betonhaus. Angel führte sie auf das leere Gelände und blieb in der Mitte stehen. Dann drehte er sich um und zeigte auf die Hauswand.
„Ich habe Enrique hierher gebracht, damit er sein Bild fertig malen konnte.“
Da bemerkte Gabe erst das riesige Gemälde an der Wand. Das Bild zeigte die Nachbarschaft um das Gebäude herum. Auf der Szene wimmelte es von unterschiedlichen, außergewöhnlichen und interessanten Typen. Die leuchtenden Farben auf dem Betonuntergrund zogen das Auge an und ließen die Betrachter unweigerlich in diese lebendige Szenerie eintauchen. Das leere Gelände war zwar noch da, aber durchzogen von Wegen aus roten Steinen und gesäumt von rosafarbenen, gelben, blauen und roten Blumen.
Das Bild war wunderschön, alles perfekt gezeichnet, mit präzisen Linien und in richtigen Proportionen und Perspektiven. Aber es gab noch mehr, etwas ungeheuer Anziehendes, das man nicht näher beschreiben konnte. Dieses Wandbild war einfach erstaunlich.
Einen Augenblick sagte niemand ein Wort.
„Erstaunlich ist eigentlich nicht der richtige Ausdruck“, sagte Gabe schließlich. „Es ist wirklich unglaublich.“
Angel grinste. „Als ich Enrique kennengelernt habe, hat ermir erzählt, dass er davon träumt, Künstler zu werden. Er hat mir ein paar Graffiti gezeigt, die er in der Nachbarschaft
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