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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Handschrift adressiert waren. Robert Everett erkannte sie sofort. Sie stammten aus dem Kasten neben der Gemischtwarenhandlung in Bradford. OJ steckte die Briefe ein und ließ den offenen Postsack an der Straße stehen. Dann gingen die beiden Männer zu ihrem Caprice zurück.
    »Davon werden Sie noch hören«, sagte Everett mit zitternder Stimme
    Ohne sich umzudrehen, sagte OJ: »Sprechen Sie mit Ihrem Postmeister, bevor Sie mit anderen darüber reden. Das heißt, wenn Sie jemals von der Post eine Pension haben wollen.«
    Sie fuhren weg. Voll Wut und Angst und mit einem häßlichen Gefühl im Magen sah Everett sie verschwinden. Endlich nahm er den Postsack auf und warf ihn in den Wagen zurück.
    »Beraubt«, sagte er und war selbst überrascht, daß er den Tränen nahe war. »Beraubt, sie haben mich beraubt, oh, verdammt, sie haben mich beraubt.«
    So schnell die aufgeweichten Straßen es zuließen, fuhr er nach Teller zurück. Er sprach mit dem Postmeister, wie die Männer es ihm geraten hatten. Der Postmeister von Teller hieß Bill Cobham, und Everett blieb länger als eine Stunde in seinem Büro. Gelegentlich waren ihre lauten, wütenden Stimmen durch die Tür zu hören.
    Cobham war sechsundfünfzig. Er war schon fünfunddreißig Jahre im Postdienst, und er hatte fürchterliche Angst. Am Ende gelang es ihm, diese Angst auch auf Robert Everett zu übertragen. Und Everett ließ über den Tag, an dem er auf der Straße zwischen Bradford und Williams beraubt worden war, kein Wort verlauten, nicht einmal seiner Frau gegenüber. Aber er vergaß den Vorfall nie, und nie verließ ihn dieses Gefühl der Wut und der Scham … und völliger Desillusionierung.
10
    Um zwei Uhr dreißig hatte Charlie ihren Schneemann fertig, und Andy war, von seinem kurzen Schlaf ein wenig erfrischt, aufgestanden. Orville Jamieson und sein neuer Partner George Sedaka saßen im Flugzeug. Vier Stunden später, als Andy sich nach dem Abwasch mit Charlie zu einem Romme-Spiel hingesetzt hatte, lagen die Briefe auf Cap Hollisters Schreibtisch.

Cap und Rainbird
1
    Am 24. März, Charlie McGees Geburtstag, saß Cap Hollister mit einem Gefühl starken, aber schwer zu beschreibenden Unbehagens hinter seinem Schreibtisch. Der Grund für dieses Unbehagen war nicht schwer zu beschreiben; in nicht ganz einer Stunde erwartete er John Rainbird, und das war fast so, als hätte man ein Rendezvous mit dem Teufel.
    Und der Teufel hielt sich jedenfalls an eine Abmachung, wenn sie einmal getroffen war und man seinen Presseverlautbarungen glauben durfte. In John Rainbirds Persönlichkeit jedoch, und das hatte Cap schon immer empfunden, lag etwas grundsätzlich nicht zu Beherrschendes. Alles in allem war er nicht mehr als ein Killer, und Killer zerstören sich früher oder später selbst. Cap hatte das Empfinden, daß, wenn Rainbird einmal abtrat, es mit einem spektakulären Knall geschehen würde. Wieviel wußte er eigentlich über das Unternehmen McGee? Sicherlich nicht mehr, als er sollte, aber … es machte ihm Sorgen. Nicht zum ersten Mal überlegte er, ob man, wenn diese McGee-Affäre vorüber war, nicht besser für den langen Indianer einen Unfall arrangieren sollte. In den bedenkenswerten Worten seines, Caps, Vaters war Rainbird so verrückt wie ein Mann, der Rattenscheiße frißt und sie Kaviar nennt.
    Er seufzte. Draußen trieb ein heftiger Wind kalten Regen gegen die Scheiben. Sein Büro, im Sommer so hell und angenehm, war jetzt von grauen, wechselnden Schatten erfüllt. Sie behandelten ihn unfreundlich, als er hier so saß, die McGee-Akte immer noch auf dem Aktenkarren zu seiner Linken. Der Winter hatte ihn altern lassen; er war nicht mehr der unbeschwerte Mann der mit dem Rad an der Eingangstür vorgefahren war, damals im Oktober, als die McGees wieder entkommen waren und dabei einen Feuersturm hinterließen. Die damals kaum sichtbaren Falten in seinem Gesicht hatten sich zu Furchen vertieft. Er hatte seitdem die Demütigung erlebt, Zweistärkengläser tragen zu müssen – Altmännerbrille nannte er das –, und sich an sie zu gewöhnen, hatte bei ihm während der ersten sechs Wochen Übelkeit erregt. Das waren die kleinen Dinge, die äußeren Zeichen für das wahnsinnige Mißlingen Aller Aktionen, die mit den McGees zusammenhingen. Er machte sich die schwersten Vorwürfe, denn seine ganze Ausbildung, seine ganze Erziehung hatten ihn darauf ausgerichtet, solche ernsten Angelegenheiten, die noch dazu so dicht unter der Oberfläche lagen, nicht zu

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