Feuerkind
Höchstens noch neun Tage also! Es war, als hätte man ihm einen harten Gegenstand in den Magen gerammt.
»Es war mir ein Vergnügen, mich mit Ihnen zu unterhalten, Andy. Ich bedaure nur, daß wir uns unter so traurigen und unangenehmen Umständen kennengelernt haben.«
Er griff nach dem Schalter der Sprechanlage, und Andy Wußte plötzlich, daß er das nicht zulassen durfte. In seinem eigenen Quartier mit seinen Kameras und Abhörgeräten konnte er nichts unternehmen. Aber wenn dieser Kerl wirklich der große Boß war, dann mußte sein Büro absolut tot sein: er würde es regelmäßig auf Wanzen untersuchen lassen. Natürlich könnte er eine eigene Abhöranlage haben, aber –»Legen Sie die Hand auf den Tisch«, sagte Andy und stieß zu.
Cap zögerte. Er zog die Hand zurück und legte sie neben die andere auf die Schreibunterlage. Wieder schaute er wie abwesend auf den Rasen hinaus.
»Zeichnen Sie die Gespräche auf, die Sie hier führen?«
»Nein«, sagte Cap gleichmütig. »Ich hatte lange Zeit ein UHER-5000, das sich einschaltete, sobald jemand anfing zu sprechen – wie das Gerät, das Nixon in Schwierigkeiten brachte –, aber ich habe es vor vierzehn Wochen ausbauen lassen.«
»Warum?«
»Weil es so aussah, als sollte ich meinen Job verlieren.«
»Warum glaubten Sie, daß Sie Ihren Job verlieren könnten?«
Sehr schnell, es klang wie eine Art Litanei, sagte Cap: »Nichts Produktives. Nichts Produktives. Finanzielle Mittel müssen durch Erfolge gerechtfertigt sein. Löst den Mann an der Spitze ab. Keine Bandaufzeichnungen. Kein Skandal.«
Andy versuchte, die Lage zu überdenken. Brachte dies ihn auf den Weg, den er gehen wollte? Er wußte es nicht, und er hatte wenig Zeit. Er kam sich vor wie das dümmste und langsamste Kind bei der Ostereiersuche. Er beschloß, diese Spur noch ein wenig zu verfolgen.
»Warum haben Sie nichts produziert?«
»McGee hat nicht mehr die Fähigkeit, andere geistig zu beherrschen. Für immer ausgebrannt. Das Mädchen wollte keine Feuer anzünden. Unter keinen Umständen, hat sie gesagt. Die Leute sagen, ich sei auf Lot Sechs fixiert. Hätte mein Pulver verschossen.« Er grinste. »Und jetzt ist alles okay. Das sagt selbst Rainbird.«
Andy stieß verstärkt zu, und leises, schmerzhaftes Pochen begann hinter seiner Stirn. »Wieso ist alles okay?«
»Drei Tests bisher. Hockstetter ist begeistert. Gestern hat sie ein Stück Stahlblech geschmolzen. Vier Sekunden lang eine konzentrierte Temperatur von elftausend Grad, sagt Hockstetter.«
Der Schock machte die Kopfschmerzen schlimmer, erschwerte es ihm, seine wirren Gedanken zu ordnen. Charlie zündete Feuer an? Was hatten sie mit ihr gemacht? Was, um Gottes willen?
Er wollte gerade etwas sagen, als die Sprechanlage summte.
Er gab sich einen Ruck und stieß viel härter zu als nötig. Cap zuckte zusammen, als hätte man ihn mit einem elektrischen Treibstock berührt. Er stieß ein leises, gurgelndes Geräusch aus, und sein Gesicht hatte alle Farbe verloren. Andys Kopfschmerzen vollführten einen Quantensprung, und er mahnte sich selbst zur Vorsicht. Wenn er in diesem Büro einen Schlag erlitte, wäre Charlie wenig geholfen.
»Lassen Sie das«, wimmerte Cap. »Es tut weh –«
»Sagen Sie den Leuten: keine Anrufe in den nächsten zehn Minuten«, sagte Andy. Irgendwo trat das schwarze Pferd gegen die Stalltür, wollte herausgelassen werden, wollte frei laufen. Öliger Schweiß lief ihm über das Gesicht.
Wieder summte die Sprechanlage. Cap beugte sich vor und stieß den Kippschalter nach unten. Sein Gesicht war um fünfzehn Jahre gealtert.
»Cap, Senator Thompsons Sekretär ist hier. Er hat die Zahlen für das Projekt –«
»Keine Anrufe in den nächsten zehn Minuten«, sagte Cap und schaltete ab.
Andy saß schweißüberströmt da. Würde sie das eine Weile zurückhalten? Oder würden sie den Braten riechen? Willy Loman hatte immer gesagt, der Wald brennt. Verdammt, wieso dachte er jetzt an Willy Loman? Er war verrückt. Bald würde das schwarze Pferd frei sein, und er konnte davonreiten. Fast hätte er gekichert.
»Charlie hat Feuer angezündet?«
»Ja«
»Wie haben Sie sie dazu gebracht?«
»Zuckerbrot und Peitsche. Rainbirds Idee. Für die ersten beiden Feuer belohnten wir sie mit Spaziergängen im Freien. Jetzt darf sie das Pferd reiten. Rainbird glaubt, daß wir sie damitfür die nächsten paar Wochen im Griff haben.« Und er wiederholte: »Hockstetter ist begeistert.«
»Wer ist dieser Rainbird?« fragte
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