Feuerkind
Andy und hatte keine Ahnung, daß er damit die Hunderttausenddollarfrage gestellt hatte.
Cap redete fünf Minuten lang in kurzen Ausbrüchen. Er erzählte Andy, daß Rainbird einer der Killer der Firma sei, der in Vietnam durch eine furchtbare Verwundung ein Auge verloren hatte (der einäugige Pirat in meinem Traum, dachte Andy benommen). Cap berichtete, daß es Rainbird gewesen war, der Andy und seine Tochter am Tashmore-See festgenommen hatte. Er berichtete von dem Stromausfall und Rainbirds geschickter Methode, Charlie zu veranlassen, Feuer anzuzünden. Endlich erzählte er Andy, daß Rainbirds hauptsächliches Interesse darin bestand, Charlie umzubringen, sobald die Täuschungen bei ihr nicht mehr verfingen. Er sprach ohne jede Erregung, aber dennoch schien es ihn zu seiner Aussage zu drängen. Dann schwieg er.
Andy hatte mit steigender Wut und wachsendem Entsetzen zugehört. Er zitterte am ganzen Körper, als Cap seinen Bericht beendet hatte. Charlie, dachte er. O Charlie, Charlie.
Die zehn Minuten waren fast vorüber, und es gab noch so vieles, was er wissen mußte. Sie saßen einander noch eine Weile schweigend gegenüber, und ein Beobachter hätte meinen können, daß hier zwei alte Freunde zusammensaßen, die sich auch ohne Worte verstanden. In Andys Kopf raste es.
»Captain Hollister«, sagte er.
»Ja?«
»Wann ist Pynchots Beerdigung?«
»Übermorgen«, sagte Cap ruhig.
»Wir nehmen daran teil. Sie und ich. Haben Sie verstanden?«
»Ja, ich verstehe. Wir gehen zu Pynchots Beerdigung.«
»Ich habe darum gebeten. Ich bin zusammengebrochen und habe geweint, als ich davon erfuhr.«
»Ja, Sie sind zusammengebrochen und haben geweint.«
»Ich war sehr aufgeregt.«
»Ja, das waren Sie.«
»Wir fahren in Ihrem Privatwagen. Nur wir beide. Von mir aus können Leute von der Firma vor und hinter uns fahren, meinetwegen Motorräder zu beiden Seiten, wenn das die Standardroutine ist. Aber wir fahren allein. Haben Sie verstanden?«
»O ja. Das ist vollkommen klar. Nur wir beide.«
»Und wir werden uns ausführlich unterhalten. Kapiert?«
»Ja, eine ausführliche Unterhaltung.«
»Sind Wanzen in Ihrem Wagen?«
»Keine.«
Wieder stieß Andy zu. Es war nur eine Serie von ganz leichten Anstößen. Jedesmal zuckte Cap ein wenig zusammen, und Andy wußte, daß er auch hier vielleicht ein gefährliches Echo auslöste, aber es mußte getan werden.
»Wir werden uns darüber unterhalten, wo Charlie festgehalten wird. Wir werden uns darüber unterhalten, wie wir diesen ganzen Laden in Verwirrung stürzen können, ohne daß, wie beim Stromausfall, die Türen verriegelt sind. Und wir werden uns darüber unterhalten, wie Charlie und ich hier rauskommen.«
»Sie dürfen nicht fliehen«, sagte Cap mit wütender Kinderstimme. »Das steht nicht im Drehbuch.«
»Jetzt aber«, sagte Andy und stieß wieder zu.
»Auuu!« winselte Cap.
»Haben Sie verstanden?«
»Ja, ich habe verstanden, aber lassen Sie das doch, es tut weh!«
»Dieser Hockstetter – wird er sich darüber wundern, daß ich an der Beerdigung teilnehmen will?«
»Hockstetter hat nur das kleine Mädchen im Kopf. Er denkt an nichts anderes mehr.«
»Gut.« Es war überhaupt nicht gut. Es war Verzweiflung. »Eins noch, Captain Hollister. Sie werden dieses kleine Gespräch vergessen.«
»Ja, ich werde es vergessen.«
Das schwarze Pferd war los. Es fing an zu galoppieren. Bringt mich hier raus, dachte Andy verschwommen. Bringt mich hier raus; das schwarze Pferd ist los, und die Wälder brennen. Die Kopfschmerzen kamen in häßlichen klopfenden Schüben.
»Alles was ich Ihnen gesagt habe, werden Sie natürlich als Ihre eigene Idee betrachten.«
»Ja«
Andy sah sich auf Caps Schreibtisch um und entdeckte eine Packung Kleenex. Er nahm ein Tuch und tupfte sich damit die Augen. Er weinte nicht, aber die Kopfschmerzen ließen seine Augen tränen.
»Ich möchte jetzt gehen«, sagte er zu Cap.
Andy nahm seine Beeinflussung zurück. Cap schaute nachdenklich zu den Erlen hinaus. Allmählich kam wieder Leben in sein Gesicht, und er wandte sich Andy zu, der sich die Augen wischte und noch ein wenig schniefte. Er brauchte es nun nicht mehr zu übertreiben.
»Wie fühlen Sie sich jetzt, Andy?«
»Ein wenig besser«, sagte Andy. »Aber … wissen Sie … wenn man das so aus heiterem Himmel erfährt…«
»Ja, Sie haben sich sehr aufgeregt. Möchten Sie eine Tasse Kaffee oder sonst etwas?«
»Nein, danke. Ich möchte in meine Wohnung zurück, bitte.«
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