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Feuerkind

Feuerkind

Titel: Feuerkind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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erzählte. Sie ließ nichts aus.
    Und als sie fertig war, wußten sie beide, worin das Risiko bestand und wie enorm hoch es jetzt war.
9
    Der Winter kam, und noch war keine endgültige Entscheidung gefallen. Irv und Norma gingen wieder gemeinsam in die Kirche und ließen Charlie allein im Haus. Sie war strikt angewiesen, nicht den Hörer aufzunehmen, wenn das Telefon klingelte, und sofort in den Keller zu gehen, wenn jemand, während sie allein war, auf den Hof fuhr. Hofferitz’ Worte wie › ein Papagei in einem Käfig‹ kamen Irv immer wieder in den Sinn. Er kaufte einige Schulbücher – in Albany – und unterrichtete Charlie selbst. Obwohl sie schnell begriff, machte ihm die Sache Schwierigkeiten. Norma konnte es ein wenig besser. Aber manchmal saßen sie, über ein Geschichts-oder Erdkundebuch gebeugt, in der Küche, und Norma sah ihn dann an und in ihren Augen stand eine Frage … eine Frage, auf die Irv keine Antwort wußte.
    Neujahr kam; März. Charlies Geburtstag. In Albany gekaufte Geschenke. Wie ein Papagei in einem Käfig. Charlie schien es nicht übermäßig viel auszumachen, und in gewisser Weise, so überlegte Irv nachts, wenn er nicht schlafen konnte, war diese lange Zeit der Heilung für sie vielleicht das Beste. Vielleicht war jeder Tag dieses langsam verstreichenden Winters für sie nur gut. Aber was kam dann?
    Er wußte es nicht.
    An einem Tag Anfang April, es hatte zwei Tage lang geregnet, war das verdammte Feuerholz so naß, daß er den Küchenofen nicht anzünden konnte.
    »Treten Sie bitte einen Augenblick zur Seite«, sagte Charlie, und er gehorchte automatisch, weil er glaubte, daß sie in den Ofen hineinschauen wollte. Er spürte, daß etwas durch die Luft an ihm vorbeizog, etwas Dichtes und Heißes, und einen Moment später flammte das Holz auf.
    Irv starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an und merkte, daß Charlie ihn nervös und schuldbewußt, aber auch ein wenig hoffnungsvoll ansah.
    »Ich wollte Ihnen doch nur helfen«, sagte sie, und ihre Stimme zitterte ein wenig. »Es war doch nicht schlimm, oder?«
    »Nein«, sagte er. »Nicht, wenn du es unter Kontrolle hast, Charlie.«
    »Die kleinen Feuer habe ich unter Kontrolle.«
    »Tu’s nur nicht, wenn Norma da ist, Mädchen. Sie würde verrückt werden.«
    Charlie lächelte ein wenig.
    Irv zögerte und sagte dann: »Für mich kannst du es tun, wenn du mir helfen willst und ich mich dann nicht mit dem verdammten Feuerholz abmühen muß. Mit dem Feuer habe ich dauernd Schwierigkeiten.«
    »Ich werde es tun«, sagte sie und lächelte jetzt noch mehr. »Und ich will auch sehr vorsichtig sein.«
    »Aber ja«, sagte er, und ganz kurz sah er die Männer auf der Veranda vor sich, die sich auf das brennende Haar schlugen und versuchten, die Flammen zu löschen.
    Charlie erholte sich zusehends, aber sie hatte immer noch schlimme Träume, und ihr Appetit ließ zu wünschen übrig. Sie war, was Norma Manders »reizbar« nannte.
    Manchmal wachte sie aus diesen Alpträumen ganz plötzlich auf. Der Traum ließ sie nicht einfach los, sie wurde aus ihm herausgeschleudert wie ein Pilot aus seiner Maschine. Das passierte ihr eines Nachts in der zweiten Aprilwoche; erst schlief sie, und im nächsten Augenblick lag sie hellwach in ihrem schmalen Bett im Hinterzimmer, und ihr ganzer Körper war schweißbedeckt. Eine Zeitlang hielt der Alptraum sie noch gefangen, lebendig und schrecklich (der Saft lief jetzt reichlich aus den Ahornbäumen, und Irv hatte sie am Nachmittag mitgenommen, um die Eimer auszuwechseln; in ihrem Traum waren sie wieder im Wald gewesen, und hinter ihnen hatte sich etwas geregt, und als sie sich umdrehte, hatte sie John Rainbird gesehen, der sich an sie heranschlich. Er huschte von Baum zu Baum und war kaum zu sehen; sein Auge funkelte unheivoll und erbarmungslos; er hielt die Pistole, mit der er ihren Daddy erschossen hatte, in der Hand und kam immer näher.) Und dann war der Traum weg. Glücklicherweise behielt sie diese schrecklichen Träume nie lange im Gedächtnis, und sie schrie auch nur noch selten, wenn sie aus ihnen erwachte, so daß sie Irv und Norma nachts nicht mehr erschreckte, die früher dann immer in ihr Zimmer gestürzt waren, um zu sehen, was los war.
    Charlie hörte sie in der Küche miteinander sprechen. Sie tastete nach dem Big Ben auf dem kleinen Tisch neben ihrem Bett und hielt ihn dicht vor das Gesicht. Es war zehn Uhr. Sie hatte nur anderthalb Stunden geschlafen.
    »– denn tun?« fragte Norma.
    Man durfte

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