Feuerklingen (First Law - Band 2)
Marschall Burr um Verstärkung bitten.«
»Tatsächlich? Und ich dachte, diese Nordmänner seien alle innerlich aus Feuer und Essig! Nun, Oberst West, Sie dürfen ihn davon in Kenntnis setzen, dass ich fest entschlossen bin anzugreifen und dass ich mich davon auch nicht abbringen lassen werde! Wir werden diesem so genannten König der Nordmänner zeigen, dass er die Siege nicht für sich gepachtet hat!«
»Eine gute Haltung!«, rief Smund und stampfte mit dem Fuß auf den dicken Teppich. »Hervorragend!« Das übrige Gefolge des Prinzen äußerte ahnungslose Zustimmung.
»Treibt sie wieder über die Grenze!«
»Erteilt ihnen eine Lektion!«
»Hervorragend! Großartig! Gibt es noch Wein?«
West ballte hilflos die Fäuste. Er musste es noch einmal versuchen, egal wie peinlich, egal wie sinnlos es war. Er fiel auf ein Knie, rang die Hände, sah dem Prinzen direkt in die Augen und nahm all die Überzeugungskraft zusammen, die er besaß. »Hoheit, ich bitte Sie, ich beschwöre Sie, ich flehe Sie an, überlegen Sie sich die Sache noch einmal. Das Leben aller Männer in diesem Lager hängt von Ihrer Entscheidung ab.«
Der Prinz grinste. »Das ist die Schwere der Verantwortung, mein Freund. Mir ist klar, dass Sie aus den edelsten Motiven handeln, aber ich muss Lord Smund doch zustimmen. Kühnheit ist die beste Vorgehensweise im Krieg, und Kühnheit wird meinen Schlachtplan prägen! Es war Kühnheit, mit der Harod der Große die Union gründete, und nur durch Kühnheit gelang es König Kasamir, Angland überhaupt erst zu erobern! Wir werden diese Nordmänner schon in ihre Schranken weisen, Sie werden sehen. Geben Sie den Befehl, Herr Oberst! Wir marschieren im ersten Morgenlicht!«
West hatte Kasamirs Feldzüge in allen Einzelheiten studiert. Kühnheit hatte vielleicht ein Zehntel seines Erfolges ausgemacht, der Großteil war vielmehr genauer Planung, großer Fürsorge für seine Leute und sorgfältiger Beachtung kleinster Einzelheiten geschuldet. Ohne diese anderen Eigenschaften war Kühnheit höchstwahrscheinlich tödlich, aber West merkte, dass es sinnlos war, darauf hinzuweisen. Er würde den Prinzen nur verärgern und auch den kleinen Rest des Einflusses verlieren, den er vielleicht noch auf ihn hatte. Ihm war, als müsse er zusehen, wie das eigene Haus verbrannte. Taub, elend, völlig hilflos. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als die entsprechenden Befehle zu geben und darauf zu achten, dass sie so gut ausgeführt wurden wie möglich.
»Natürlich, Euer Hoheit«, brachte er hervor.
»Natürlich!« Der Prinz grinste. »Dann sind wir uns ja alle einig! Großartig! Schluss damit!«, rief er nun den Musikern zu. »Wir brauchen jetzt etwas Lebhafteres! Etwas mit mehr Heißblut!« Das Quartett wechselte mühelos zu einem flotten, kriegerischen Stück. West wandte sich zum Gehen und schritt mit vor Hoffnungslosigkeit schweren Gliedern aus dem Zelt in die eisige Nacht.
Dreibaum war ihm dicht auf den Fersen. »Bei den Toten, ich begreife euch alle einfach nicht! Wo ich herkomme, muss sich ein Häuptling das Recht verdienen, andere zu führen! Seine Männer folgen ihm, weil sie wissen, was er kann, und sie achten ihn, weil er ihr hartes Leben teilt! Selbst Bethod hat sich seinen Platz erkämpft!« Er ging vor dem Zelt auf und ab und breitete die Arme aus. »Aber ihr wählt jene als Anführer, die am wenigsten wissen, und den größten Narren der ganzen Bande macht ihr zum Befehlshaber!«
West fiel keine Erwiderung ein. Er konnte das kaum leugnen.
»Dieser Trottel wird euch direkt in eure Gräber laufen lassen! Ihr werdet alle zu Schlamm werden, und ich will verdammt sein, wenn ich euch dabei mit meinen Jungs hinterherrenne. Mehr als einmal habe ich für die Fehler anderer bezahlt, und ich habe schon genug an diesen verdammten Bethod verloren! Komm, Hundsmann. Dieses Narrenschiff kann ohne uns untergehen!« Damit drehte er sich um und ging in die Nacht hinaus.
Der Hundsmann zuckte die Achseln. »Es ist ja nicht alles schlecht.« Er kam bis auf verschwörerische Nähe heran, griff tief in seine Taschen und zog etwas heraus. West starrte auf einen ganzen pochierten Lachs, der mit Sicherheit vom Tisch des Prinzen stammte. Der Nordmann grinste. »Den hab ich mir geangelt!« Damit folgte er seinem Häuptling und ließ West allein am kalten Abhang stehen, während Ladislas kriegerische Musik durch die eisige Luft zu ihm drang.
BIS SONNENUNTERGANG
»He!« Eine ruppige Hand riss Glokta aus dem Schlaf. Er hatte auf der
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