Feuerklingen (First Law - Band 2)
vorbei.«
Wests Hände zuckten zurück, verkrallte Klauen voller Blut und ausgerissenem Haar. Er stand schwankend auf, keuchend, mit hervorquellenden Augen.
Alles war ruhig. Die Welt hatte aufgehört, sich zu drehen. Ein paar Schneeflecken hatten sich auf der Lichtung gebildet, legten sich über die nasse Erde, die verstreut herumliegenden Ausrüstungsgegenstände, die ausgestreckt daliegenden Toten und auf die Männer, die noch aufrecht standen. Tul war ganz in der Nähe und starrte ihn an. Dreibaum war hinter ihm, das Schwert noch in der Hand. Pikes fleischfarbenes, grob geschnitztes Gesicht sah beinahe schmerzverzerrt aus, und er umklammerte mit blutiger Faust seinen Arm. Sie alle guckten hinüber. Zu ihm. Dow hob die Hand und zeigte auf West. Er legte den Kopf in den Nacken und fing an zu lachen. »Du hast ihn gebissen! Du hast ihm die verdammte Nase abgebissen! Ich hab ja gleich gewusst, dass du ein völlig verrücktes Arschloch bist!«
West starrte sie an. Das Pochen in seinem Kopf ließ allmählich nach. »Was?«, murmelte er. Er war über und über mit Blut besudelt. Er wischte sich über den Mund. Salzig. Er sah zu dem Toten, der ihm am nächsten lag, mit dem Gesicht auf dem Boden. Blut rann unter seinem Kopf hervor, sickerte den Abhang hinunter und bildete eine kleine Pfütze rund um Wests Stiefel. Er erinnerte sich an … etwas. Ein plötzlicher Magenkrampf ließ ihn zusammenknicken, und er spuckte etwas Rosafarbenes auf den Boden, während sein leerer Magen weiter rebellierte.
»Wildzorn!«, brüllte Dow. »Das bist du!«
Grimm war bereits aus den Büschen hervorgetreten, den Bogen über der Schulter, beugte sich hinunter und zog einen blutigen Pelz unter einer der Leichen hervor. »Guter Mantel«, murmelte er vor sich hin.
West sah ihnen zu, wie sie das Lager plünderten, aber er blieb vornübergebeugt stehen, von Übelkeit geplagt und völlig ausgelaugt. Er hörte Dow noch immer lachen. »Wildzorn!«, kicherte er mit seiner harten Stimme. »So werde ich dich nennen!«
»Da drüben gibt es Pfeile.« Der Hundsmann zog etwas aus einem der Rucksäcke auf dem Boden und grinste. »Und Käse. Ist schon ein bisschen bewachsen.« Er pulte mit seinen schmutzigen Fingern etwas Schimmel von dem gelben Keil, biss hinein und grinste wieder. »Aber noch ziemlich gut.«
»Jede Menge gutes Zeug«, nickte Dreibaum und lächelte vor sich hin. »Und wir alle sind noch immer in guter Verfassung, mehr oder weniger. Gute Arbeit, Jungs.« Er klopfte Tul auf den Rücken. »Wir gehen besser weiter nordwärts, bevor man anfängt, die hier zu vermissen. Lasst uns schnell sehen, was da ist, und dann holen wir die anderen beiden.«
Wests Verstand machte plötzlich wieder einen Satz. »Die anderen!«
»In Ordnung«, sagte Dreibaum, »du und Dow, ihr holt sie … Wildzorn.« Er wandte sich mit leichtem Lächeln ab.
West stürmte denselben Weg, den er gekommen war, durch die Bäume, rutschte in seiner Eile aus, und das Blut pochte wieder. »Den Prinzen beschützen«, murmelte er vor sich hin. Dieses Mal durchwatete er den Bach, ohne die Kälte zu bemerken, mühte sich die Böschung auf der anderen Seite hinauf und kämpfte sich den Abhang hoch, dann eilte er der Klippe entgegen, wo sie die anderen zurückgelassen hatten.
Er hörte den Schrei einer Frau, der dann aber sofort wieder abbrach, und eine harte Männerstimme. Entsetzen durchfuhr jeden Teil seines Körpers. Bethods Männer hatten sie entdeckt. Vielleicht war es schon zu spät. Er zwang seine brennenden Beine den Hügel hinauf, wobei er auf dem schlammigen Boden immer wieder ausglitt und wegrutschte. Muss den Prinzen beschützen. Die Luft brannte in seiner Kehle, aber er trieb sich weiter an, klammerte sich an Baumstämme und riss lose Zweige und Nadeln zu Boden.
Schließlich erreichte er schwer atmend die Lichtung oben an der Klippe, das blutige Schwert noch fest in der Hand.
Zwei Gestalten rangen auf dem Boden miteinander. Cathil war unten, wand sich auf dem Rücken, trat und schlug nach jemandem, der auf ihr lag. Dem Mann war es gelungen, ihr die Hosen bis über die Knie nach unten zu ziehen, und jetzt fummelte er an seinem eigenen Gürtel, während er ihr mit der anderen Hand den Mund zuhielt. West machte einen Schritt nach vorn, erhob das Schwert, und der Kopf des Mannes fuhr herum. Der angehende Vergewaltiger war niemand anderer als Kronprinz Ladisla.
Als er West sah, richtete er sich auf und ging einen Schritt zurück. Ein leicht schuldbewusster
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