Feuerklingen (First Law - Band 2)
aushalten zu können. Er war durstig wie ein Tier und merkte, wie ihm der Schweiß aus jeder Pore drang. Harker machte sich nicht die Mühe, etwas langsamer zu gehen, obwohl Glokta schließlich ein wenig zurückfiel.
Und ich will verdammt sein, bevor ich ihn darum bitte.
»Über uns befindet sich die Zitadelle.« Der Inquisitor deutete mit der Hand auf die große Zahl von Gebäuden mit hohen Mauern, Kuppeln und Türmchen, die sich weit über den Dächern der Stadt an die Spitze des braunen Felsens schmiegten. »Hier lebte einmal der König der Einheimischen, aber jetzt dient sie als Verwaltungssitz, und außerdem haben einige der bedeutendsten Bürger hier ihr Domizil. Das Gildehaus der Gewürzhändler befindet sich ebenfalls dort oben, ebenso wie das Haus der Befragungen.«
»Eine faszinierender Ausblick«, sagte Vitari leise.
Glokta wandte sich um und beschattete die Augen mit der Hand. Dagoska lag ausgebreitet vor ihnen, beinahe wie eine Insel. Die Oberstadt fiel in weitem Schwung unter ihnen ab, ein ordentliches Raster sauberer Häuser, getrennt durch lange, gerade Straßen, die von gelben Palmen und weißen Plätzen unterbrochen wurden. Auf der anderen Seite der langen, gewundenen Mauer erstreckte das staubig braune Durcheinander der Elendsviertel. Sie wurden überschattet von der mächtigen Befestigungsmauer, die in der Hitze flimmerte und über den engen Felsrücken lief, der die Stadt mit dem Festland verband, eingekeilt zwischen dem blauen Meer auf der einen und dem blauen Hafen auf der anderen Seite.
Die stärksten Verteidigungsanlagen der Welt, sagt man. Ob diese stolze Behauptung wohl bald auf den Prüfstand kommen wird?
»Superior Glokta?« Harker räusperte sich. »Der Lord Statthalter und der Rat der Stadt erwarten Sie.«
»Sie können ruhig noch ein wenig länger warten. Ich bin neugierig, welche Fortschritte Sie bei Ihren Untersuchungen gemacht haben, was das Verschwinden von Superior Davoust angeht.«
Es wäre schließlich doch sehr unglücklich, wenn den neuen Superior schon bald dasselbe Schicksal ereilte.
Harker runzelte die Stirn. »Nun ja … wir sind ein wenig vorangekommen. Ich hege keinen Zweifel daran, dass die Einheimischen dafür verantwortlich sind. Sie planen eine Verschwörung nach der anderen. Trotz der Maßnahmen, die Davoust nach der Rebellion ergriffen hat, wollen einige von ihnen immer noch nicht begreifen, wo ihr Platz ist.«
»Was Sie nicht sagen.«
»Es ist leider nur allzu wahr, das können Sie mir glauben. Drei dagoskanische Dienstboten waren in der Nacht, als der Superior verschwand, in seinen Gemächern. Ich habe sie befragt.«
»Und was haben Sie herausgefunden?«
»Leider noch nichts. Sie haben sich als sehr widerspenstig erwiesen.«
»Dann lassen Sie sie uns gemeinsam befragen.«
»Gemeinsam?« Harker fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich habe nicht erwartet, dass Sie so etwas selbst übernehmen wollen würden, Herr Superior.«
»Nun wissen Sie es.«
Man hätte glauben können, dass es hier, tief unten im Fels, kälter sei.
Aber es war genauso warm wie in den hitzeflimmernden Straßen, ohne dass auch nur ein einziger gnädiger Luftzug zu spüren gewesen wäre. Der Korridor war still, tot und so stickig wie ein Grab. Vitaris Fackel warf flackernde Schatten in die Ecken, und hinter ihnen herrschte sogleich wieder Dunkelheit.
Harker hielt vor einer eisenbeschlagenen Tür inne und wischte sich dicke Schweißtropfen aus dem Gesicht. »Ich muss Sie warnen, Herr Superior, es war unerlässlich, sehr … streng mit ihnen zu sein. Eine harte Hand ist immer das Beste, wissen Sie.«
»Oh, ich kann selbst recht streng sein, wenn die Lage es erfordert. Ich bin nicht leicht zu schockieren.«
»Gut, gut.« Der Schlüssel drehte sich im Schloss, die Tür schwang auf, und ein ekelhafter Geruch drang auf den Flur hinaus.
Wie eine Mischung aus Latrinen und vergammelnden Müllhaufen.
Die Zelle war mehr als winzig. Sie hatte keinerlei Fenster, und die Decke war so niedrig, dass man kaum aufrecht stehen konnte. Die Hitze war überwältigend, der Gestank fürchterlich. Es erinnerte Glokta an eine andere Zelle. Weiter südlich, in Schaffa. Tief unter dem Palast des Imperators.
Eine Zelle, in der ich zwei Jahre vor mich hinröchelte, in der Schwärze brüllte und schrie, an den Wänden kratzte und in meinem eigenen Dreck herumkroch.
Sein eines Auge hatte zu zucken begonnen, und er rieb es vorsichtig mit seinem Finger.
Ein Gefangener lag ausgestreckt mit dem Gesicht
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