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Feuerklingen (First Law - Band 2)

Feuerklingen (First Law - Band 2)

Titel: Feuerklingen (First Law - Band 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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ebenfalls die Hände an – vier Hände nebeneinander, zwei dunkle und zwei blasse, die mit aller Kraft um die Stäbe geschlossen waren. Auf dem engen Raum drängten sie sich aneinander, und sie hörte ihn vor Anstrengung keuchen, hörte ihren eigenen Atem, fühlte, wie das uralte Metall mit leisem Quietschen nachgab.
    Weit genug, damit sie hindurchschlüpfen konnte.
    Zuerst schob sie ihren Bogen, den Köcher und das Schwert hindurch und hielt sie in einer Hand fest. Vorsichtig bog sie ihren Kopf an den Stäben vorbei, drehte sich zur Seite, zog den Bauch ein und hielt den Atem an, wand ihre Schultern, dann die Brust, dann die Hüften durch die enge Lücke und spürte, wie das raue Metall durch die nasse Kleidung hindurch über ihre Haut schrammte.
    Auf der anderen Seite angekommen, warf sie die Waffen auf die Uferböschung. Sie stemmte sich mit den Schultern gegen den Torbogen, setzte den Stiefel gegen die vorderste Stange und spannte jeden Muskel an, während Neunfinger von der anderen Seite zog. Das Eisen gab unerwartet nach, brach in der Mitte durch und ließ einen kleinen Schauer Rost in den Bach rieseln, während Ferro auf den Rücken fiel und auch mit dem Kopf tief im eiskalten Wasser untertauchte.
    Neunfinger schob sich nun hindurch, das Gesicht vor Anstrengung verzerrt. Ferro kam wieder an die Oberfläche, japste vor Kälte, packte ihn unter den Armen und begann zu ziehen, fühlte dabei, wie seine Hände sich auf ihren Rücken legten. Sie schnaufte und kämpfte und schaffte es schließlich, ihn herauszuziehen. Sie fielen beide auf das schlammige Ufer und blieben eine Weile nebeneinander liegen. Ferro sah zu den verfallenden Mauern der zerstörten Stadt hinauf, die über ihr in der grauen Dämmerung aufragten, atmete schwer und hörte, dass Neunfinger dasselbe tat. Sie hatte nicht erwartet, diesen Ort lebend zu verlassen.
    Aber noch hatten sie es auch nicht ganz geschafft.
    Keuchend rollte sie sich auf den Bauch, kletterte die Böschung hinauf und versuchte mit dem Zittern aufzuhören. Sie fragte sich, ob ihr je in ihrem Leben schon einmal so kalt gewesen war.
    »Das war’s«, hörte sie Neunfinger murmeln. »Bei den verdammten Toten, das war’s. Ich bin fertig. Ich gehe keinen Schritt weiter.«
    Ferro schüttelte den Kopf. »Wir müssen weg von der Stadt, solange wir noch genug Licht haben.« Sie hob ihre Waffen auf.
    »Das nennst du Licht? Bist du völlig durchgedreht, Weib?«
    »Das weißt du doch. Los, Rosig, auf geht’s.« Dabei stupste sie ihn mit ihrem nassen Stiefel in die Rippen.
    »In Ordnung, verdammt! In Ordnung!« Schwankend richtete er sich auf, und sie lief bereits im Zwielicht am Ufer entlang, weg von den Mauern.
    »Was habe ich getan?« Sie drehte sich um und sah ihn an, wie er dastand und ihm das nasse Haar um den Kopf hing. »Was habe ich da vorhin getan?«
    »Du hast uns durchgebracht.«
    »Ich meinte …«
    »Du hast uns durchgebracht. Das ist alles.« Und sie stapfte am Ufer entlang. Nach einer Weile hörte sie, wie Neunfinger ihr folgte.
     
    Es war so dunkel, und Logen war so müde, dass er die Ruine beinahe erst sah, als sie direkt davorstanden. Wahrscheinlich war es einmal eine Mühle gewesen, vermutete er. Zwar hatte man sie direkt neben dem Bach erbaut, aber das Mühlrad fehlte wohl schon seit ein paar hundert Jahren, wenn nicht länger.
    »Wir rasten hier«, zischte Ferro und duckte sich unter dem abbröckelnden Türsturz hindurch. Logen war so müde, dass er nur nicken und ihr folgen konnte. Dünnes Mondlicht rann über die einsamen Grundmauern, die noch standen, ließ die Kanten der Steine scharf hervortreten, die Umrisse alter Fenster, den festgetrampelten Untergrund. Er stolperte bis zur nächsten Wand und ließ sich langsam daran herunterrutschen, bis sein Hintern auf dem Boden aufkam.
    »Noch am Leben«, murmelte er geräuschlos und grinste in sich hinein. Hundert Schnitte und Kratzer und Prellungen verlangten pochend nach Aufmerksamkeit, aber er war immer noch am Leben. Eine Weile saß er bewegungslos da – nass, voll dumpfem Schmerz und völlig entkräftet, ließ die Augen zufallen und genoss das Gefühl, sich nicht bewegen zu müssen.
    Stirnrunzelnd sah er wieder auf. In der Dunkelheit erklang ein seltsames Geräusch, das sogar das Rauschen des Bachs übertönte. Ein klackendes, ratterndes Geräusch. Es dauerte einen Augenblick, bis er begriff, was es war. Ferros Zähne. Er zog den Mantel von den Schultern, verzog das Gesicht, als er den abgeschürften Ellenbogen

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