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Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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ihren Kopf, weil er sie besitzen will. Oder er hat ihren Kopf behalten, weil die Leiche nicht Jillian Bondurant ist und er glauben möchte, sie sei es. Aber das ist definitiv ihr Führerschein, und wenn das nicht ihre Leiche ist, woher hat Smokey Joe ihn dann?« fragte er. »Wir wissen, daß das keine Entführung ist. Es sind schon Tage vergangen ohne Anruf, ohne Lösegeldforderung – zumindest soweit wir wissen. Bondurant erlaubt nicht, daß wir sein Telefon anzapfen – wieder ein Stückchen seltsames Verhalten seinerseits.«
    »Und wenn Jillian am Leben ist«, sagte Kate, »wo ist sie dann, und wie ist sie in all das verstrickt?«
    »Ich weiß es nicht. Und es scheint niemanden zu geben, der Jillian kannte und bereit oder fähig ist, uns das zu sagen. Ich hab ein schlechtes Gefühl bei dem Fall, Kate.«
    »So eins dessentwegen man zum Arzt gehen sollte?«
    fragte sie mit einem betonten Blick auf die Hand, die seinen Bauch rieb. »Du machst das ständig.«
    Er beendete die Geste. »Es ist nichts.«
    Kate schüttelte den Kopf. »Du hast wahrscheinlich ein Loch in deiner Magenwand, groß genug, einen Buick durchzufahren. Aber Gott bewahre, daß du das zugibst.
    Stell dir vor, wie das der Quinn Mystik schaden könnte. Es könnte dich auf das Niveau von Superman mit seiner Schwäche bei Kryptonit runterziehen. Wie peinlich.«
    Sie wollte ihn fragen, ob er mit jemandem in Psych Services geredet hätte, aber sie wußte, daß sie sich die Spucke sparen konnte. Jeder andere Agent von Investigative Support könnte vor der Tür des Seelenklempners Schlange stehen, ohne daß einer auch nur mit der Wimper zuckte. Störungen wegen Streß waren die Norm in der Einheit. Jeder verstand das. Sie sahen zuviel, drangen bei jedem entsetzlichen Fall zu tief in die Köpfe der Opfer und Killer ein. Sie sahen jeden Tag das Schlimmste, was die Welt zu bieten hatte, und trafen Entscheidungen auf Leben und Tod, die auf einer ungenauen Wissenschaft basierten: ihrer eigenen Kenntnis menschlichen Verhaltens. Aber John Quinn würde nie zugeben, daß er sich unter dieser Last verbiegen könnte. Verletzlichkeit stand einer Legende nicht gut zu Gesicht.
    »Du bist nicht wirklich kugelsicher, John«, sagte sie leise.
    Er lächelte, als amüsierte sie ihn ein wenig, aber er vermied es, ihr in die Augen zu sehen. »Es ist nichts.«
    »Gut.«
    Wenn er nicht auf sich aufpaßte, dann war das sein Problem – oder das Problem irgendeiner gesichtslosen Frau daheim in Virginia, nicht ihres. »Ich mach mir jetzt einen Drink. Willst du etwas, bevor du gehst? Maalox?
    Gelusil? Eine Rolle Rennie fürs Taxi zum Kauen?«
    Sie ging zur Küche und versetzte sich im Geiste einen Tritt, weil sie ihm Gelegenheit gegeben hatte zu verweilen, dann erklärte sie es als Belohnung. Sie war ihm für heute abend etwas schuldig. Außerdem sah er aus, als könnte er einen Drink gebrauchen.
    Natürlich wußte sie, daß er sich keinen erlauben würde.
    Er war sich des Alkoholismus, der sowohl in seiner Familie als auch in seinem Beruf grassierte, nur allzu sehr bewußt. So dringend sein Frust und die Spannung, die der Job mit sich brachte, das Löschen gebraucht hätten: das Risiko zu ertrinken war zu groß.
    »Tolles Haus«, sagte er und folgte ihr in die Küche.
    »Ich hab es meinen Eltern abgekauft, als sie den
    Verstand verloren haben und nach Las Vegas gezogen sind.«
    »Also bist du richtig heimgekehrt.«
    Von dem Trümmerhaufen, der ihr Leben in Virginia gewesen war, in ein Haus mit warmen Erinnerungen und einem Gefühl von Sicherheit. Das Haus hatte wohl ersatzweise seinen Trost gespendet, statt des Trosts ihrer Familie – der sie, wie er annahm, nie die ganze Geschichte erzählt hatte. Als in Quantico alles zerbrochen war, war es ihr peinlich gewesen, und sie hatte sich geschämt. Der Gedanke daran tat ihm immer noch weh. Was sie verbunden hatte, war eine tiefere Verbindung als jede andere, die er je kennengelernt hatte, aber nicht tief genug oder stark genug, um den Streß drohender Entdeckung und Mißbilligung und Kates Hang zu Schuldkomplexen zu überstehen.
    Jetzt beobachtete er, wie sie sich durch die Küche bewegte, eine Tasse aus dem Schrank holte und eine
    Schachtel mit Kräuterteebeuteln. Ihr langes Haar fiel in einer rotgoldenen Woge über ihren Rücken. Er wollte mit der Hand darüberstreichen, diese Hand auf ihren Rücken legen.
    Er hatte immer ihre Weiblichkeit, ihre Verletzlichkeit gesehen. Er bezweifelte, daß es viele Menschen gab, die Kate ansahen und

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