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Feuermale

Feuermale

Titel: Feuermale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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zugestanden. Das Problem lag nicht bei der Polizei. Das Problem waren die Prioritäten der Politiker und der Medien.
    Trotzdem war das einzige, was sie Toni Urskine an diesem Morgen antworten wollte: »Das Leben ist nicht fair. Werd damit fertig.«
    Ihre Zunge schmerzte noch immer vom Draufbeißen.
    Statt dessen sagte sie: »Ich bin keine Polizistin, ich bin Zeugenbetreuer. Ich bin auf Ihrer Seite.«
    Eine Menge Leute wollten auch das nicht hören. Sie arbeitete mit der Polizei zusammen und war schuldig durch die Verbindung. Und es passierte sehr oft, daß die Cops sie als Feindin betrachteten, weil sie mit einem Haufen dauerbetroffener Liberaler zusammenarbeitete, die zuviel Zeit damit verbrachten, die Polizei schlecht zu machen. Sie saß genau in der Mitte fest.
    Nur gut, daß ich diesen Job liebe, sonst würde ich ihn hassen.
    »Sie sind im Park, Angie, aber Sie sind in Sicherheit«, sagte Oscar mit sanfter Stimme. »Die Gefahr ist vorbei, Angie. Er kann dir jetzt nicht mehr wehtun. Öffne dein inneres Auge und schau ihm ins Gesicht. Schau es dir lange und aufmerksam an.«
    Kate bewegte sich langsam zu einem Stuhl, nur wenige Fuß von ihrer Zeugin entfernt, und setzte sich behutsam.
    Angie fing Kates steten Blick ein und rutschte in die andere Richtung, wo sie feststellen mußte, daß Oscar sie auch beobachtete, seine gütigen Augen zwinkerten wie polierter Onyx in einem Gesicht, das in Haaren ertrank – ein Vollbart und ein Schnurrbart und eine buschige Löwenmähne, die er offen um seine dicken Schultern trug.
    »Du kannst es nicht sehen, wenn du nicht hinschaust, Angie«, sagte er weise.
    »Vielleicht will ich es nicht sehen«, sagte das Mädchen herausfordernd.
    Oscar sah sie traurig an. »Er kann dir hier nicht wehtun, Angie. Und du mußt nur sein Gesicht ansehen. Du mußt weder in seinen Verstand noch in sein Herz blicken. Du mußt nur sein Gesicht sehen.«
    Oscar hatte zu seiner Zeit schon vielen Zeugen gegenüber gesessen, alle von ihnen fürchteten dieselben beiden Dinge: Rache durch den Kriminellen in der vagen Zukunft und die unmittelbarere Angst, das Verbrechen erneut durchleben zu müssen. Kate wußte, daß eine Erinnerung oder ein Alptraum genauso viel Streß verursachen konnte, wie das tatsächliche Ereignis. Egal, als wie hochentwickelt man die menschliche Rasse einschätzte, der Verstand hatte immer noch Schwierigkeiten, zwischen der echten sinnlichen Erfahrung und der gedachten zu unterscheiden.
    Das Schweigen dehnte sich. Oscar sah zu Kate.
    »Angie, du hast mir gesagt, du wirst das machen«, schaltete sie sich ein.
    Die Miene des Mädchens wurde noch grimmiger. »Ja, also, vielleicht hab ich es mir ja anders überlegt. Ich meine, was, verdammt nochmal, ist da für mich drin?«
    »Daß du sicher untergebracht wirst und daß ein Mörder ausgeschaltet wird.«
    »Nein, ich meine wirklich «, sagte sie, mit einem Mal ganz geschäftlich. »Was springt da für mich raus? Ich hab gehört, es gibt eine Belohnung. Sie haben nie was von einer Belohnung gesagt.«
    »Ich hatte noch keine Zeit, mit irgend jemandem darüber zu reden.«
    »Na, das sollten Sie aber besser. Denn wenn ich das mache, dann will ich verdammt nochmal was dafür. Ich hab’s verdient.«
    »Das wird sich noch herausstellen«, sagte Kate. »Bis jetzt hast du uns noch gar nichts gegeben. Ich überprüfe das mit der Belohnung. Inzwischen bist du eine Zeugin.
    Du kannst uns helfen, und wir können dir helfen. Vielleicht fühlst du dich noch nicht bereit für das hier.
    Vielleicht glaubst du, deine Erinnerung sei nicht stark genug. Wenn es das ist, ist das okay. Die Cops haben Verbrecheralben bis unters Dach gestapelt. Vielleicht begegnet er uns da.«
    »Und vielleicht kann ich einfach hier abhauen.«
    Sie stieß sich so heftig aus dem Stuhl hoch, daß seine Beine über den Boden scharrten.
    Kate hätte sie zu gerne gewürgt. Genau das war der Grund, warum sie nicht mit Jugendlichen arbeitete. Ihre Toleranzschwelle für Drama und Schafscheiße war zu niedrig.
    Sie musterte Angie und versuchte, eine Strategie zu finden. Wenn die Kleine wirklich gehen wollte, würde sie gehen. Keiner versperrte die Tür. Was Angie wirklich wollte, war, eine Szene machen, so daß alle um sie herumscharwenzelten und sie anflehten zurückzukommen.
    Anflehen war nicht im Angebot, was Kate betraf. Sie würde kein Spiel spielen, bei dem es nicht mal einen Ansatz von Kontrolle gab.
    Wenn sie das Kind beim Namen nannte und die Kleine dann tatsächlich ging, sollte

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