Feuernacht
Die Fenster waren von innen mit Sperrholzplatten zugenagelt, und der weiße Anstrich der Außenwände war von Ruß geschwärzt, vor allem oberhalb der Fenster, wo man fast die Schatten der Flammen erkennen konnte, die durch die Öffnungen gen Himmel gelodert waren.
»Wahrscheinlich sind die Fensterscheiben bei der Hitze zersprungen.« Matthias leuchtete mit seiner Taschenlampe über einen Fensterrahmen. »Ich bin zwar kein Brandspezialist, aber ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass die Bewohner die Fenster eingeschlagen haben.« Er ließ den Lichtstrahl sinken. »Oder es waren die Feuerwehrleute, als sie versucht haben reinzukommen.«
Dóra bückte sich und hob eine große Glasscherbe auf. »Unwahrscheinlich, wenn die Scherben draußen liegen.« Sie ließ die Scherbe wieder fallen. »Ich habe einen Bericht von der Feuerwehr, aber der war so kompliziert, dass ich ihn erst mal nicht weitergelesen habe.« Sie gingen um das Haus herum zu einer Terrassentür, die in einen weitläufigen Garten führte. Die Tür war mit einer großen Platte zugenagelt, an deren Rand ein großer Spalt klaffte. »Die Befestigung hat sich gelöst.« Dóra stieß die Behelfskonstruktion vorsichtig an, und sie gab nach. »Wenn wir wollen, können wir rein.«
»Äh, lieber nicht.« Matthias rümpfte die Nase. »Du weißt ja, dass das nicht ungefährlich ist. Das Dach sieht so aus, als würde es jeden Moment einstürzen. Du gehst auf keinen Fall da rein.«
»Stell dich doch nicht so an.« Dóra nahm die Taschenlampe, stieß wieder gegen die Platte und beleuchtete die Decke im Haus. »Das ist eine Betondecke, da passiert gar nichts. Komm doch mal gucken.« Matthias ließ sich von der Vertrauenswürdigkeit der Decke überzeugen, sparte aber nicht mit Ermahnungen. Während er mit ganzer Kraft versuchte, den Spalt zu vergrößern, damit sie hindurchklettern konnten, warnte er Dóra vor den vielen Gefahren, die im Haus auf sie lauerten. Erst, als sie drinnen waren, verstummte er endlich.
Der Schein der Taschenlampe richtete in der Dunkelheit nicht viel aus. Alle Fenster waren zugenagelt, die trüben Lichter der Stadt drangen nicht ins Haus, und auf dem Boden schimmerte Wasser. »Du hast vergessen zu erwähnen, dass wir unsere Schuhe versauen könnten.« Dóra spürte, wie das eiskalte Wasser durch die Nähte ihrer Turnschuhe drang.
»Wir sind nicht die Ersten, die hier ohne Erlaubnis eindringen.« Matthias richtete die Taschenlampe auf eine Ecke, in der ein paar Bierdosen, ein Päckchen Zigaretten und Papiermüll schwammen. »Das Zeug war bestimmt noch nicht hier, als das Feuer ausgebrochen ist.«
»Nein, wohl kaum.« Der Raum schien eine Art Wohnzimmer gewesen zu sein, aber die Möbel und die Einrichtung waren entfernt worden. An der Wand ragten Regalträger in den Raum, und im Wasser lagen Tonscherben, wahrscheinlich von Blumenvasen oder -töpfen. »Sollen wir weitergehen? Hier muss es mehrere Appartements geben, die würde ich gern mal sehen. Unsere Schuhe können wir jetzt sowieso vergessen.«
Matthias beleuchtete Dóras Gesicht mit der Taschenlampe. »Was du nicht sagst.« Er richtete die Lampe wieder aufs Zimmer und suchte die Wände ab. Am Ende des Wohnzimmers lag ein Flur. »Wir können mal gucken, aber ich weiß nicht, was das bringen soll. Hier ist doch nichts. Diese Ruine ist nach dem Brand bestimmt schon mehrmals durchsucht worden, und zwar bei besseren Bedingungen.«
»Ich möchte es aber lieber mit eigenen Augen sehen. Berichte geben einen ganz anderen Eindruck.« Dóra war froh, dass es zu dunkel war, um Matthias’ Gesichtsausdruck erkennen zu können. Am besten, sie ging einfach los, bevor er protestieren und sie nach draußen zerren konnte. »Wenn wir uns beeilen, sind wir ruck, zuck wieder draußen.«
Vorsichtig tasteten sie sich weiter. Man konnte nie wissen, was sich unter der seichten Wasserfläche verbarg, und sie hatten keine Lust, in ein Loch zu fallen – nasse Füße reichten völlig. Die Pfützen wurden tiefer, je weiter sie in den Flur kamen, und reichten schon bis zu den Knöcheln. Nachdem sie an einer kleinen Küche vorbeigegangen waren, kamen sie zu den Türen der Appartements, die alle offen standen. Matthias meinte, es handele sich eindeutig um Brandschutztüren, da sie bis auf Ruß und oberflächlichen Schmutz unversehrt waren. Er beleuchtete die Decke, und sie starrten die kleinen Berieselungsdüsen an, die sich längs durch den Flur zogen.
»Das hätte nicht passieren dürfen.« Dóra spürte,
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