Feuernacht
Erklärung dafür, warum der Brand so heftig war. Das Feuer muss sich in Sekundenschnelle ausgebreitet haben.«
Dóra musste sich den Brandbericht noch einmal genau anschauen. Die Sache mit dem Sauerstoff war ihr überhaupt nicht klar gewesen. »Kann so was eine Explosion auslösen? Ich meine, wenn das Feuer auf den Sauerstoffanschluss trifft? Irgendwo im Haus muss doch eine Sauerstoffflasche sein, die mit diesen Anschlüssen in der Wand verbunden ist.«
»Das nehme ich an.« Matthias spähte unter den Kasten, sah aber nichts. »Hier ist keine Verbindung zu einer Sauerstoffflasche zu sehen, aber hinter dem Kasten sind bestimmt Leitungen. Irgendwo im Haus muss es einen Technikraum geben.«
Sie beendeten ihren Gang durch die Appartements, ohne der Sache auf den Grund gekommen zu sein. Die Zimmer waren sich sehr ähnlich, und alle persönlichen Gegenstände waren entweder durch das Feuer zerstört oder bei den Aufräumarbeiten beseitigt worden. Die wenigen Dinge, die zurückgeblieben waren, sagten ihnen nichts: versengte Jalousien auf dem Fußboden, ein umgekippter Topf in der Küche. Im Zimmer der Nachtwachen entdeckten sie nur einen offenen Verteilerkasten und eine mit Ruß überzogene Weißwandtafel, die erstaunlich gut erhalten war. Sie gingen weiter in einen großen, vollkommen leeren Raum, dessen Funktion schwer auszumachen war. Er hatte einen anderen Bodenbelag als die übrigen Räume. Dóra strich mit der Fußspitze über die symmetrischen Vertiefungen, die auf Fliesen schließen ließen, während die anderen Böden glatt und vermutlich mit PVC ausgelegt waren. »Vielleicht war das ein Abstellraum.« Matthias durchschritt den Raum und musterte die Wände. »Das ist jedenfalls kein Technikraum, hier gibt es nur zwei normale Steckdosen.« Bevor sie das Haus verließen, fanden sie nur noch eine Besenkammer mit einem zerbeulten Waschbecken, das schief an der Wand hing, und einen weiteren Abstellraum.
Es schneite immer noch, und sie beendeten die Umgehung des Hauses schnell. Als sie zu drei unverschlossenen Türen an der Vorderseite kamen, verlangsamten sie ihren Schritt wieder. Eine Tür führte in einen weiteren Abstellraum und die andere in einen Lagerraum, in dessen Ecke ein verrosteter, schmutziger Rasenmäher und verkohlte, kaputte Gartenwerkzeuge standen. Hier war wahrscheinlich das Benzin aufbewahrt worden. Dóra untersuchte das Türschloss sorgfältig, aber es sah völlig normal aus.
Die dritte Tür führte in einen Technikraum. An der Wand waren Anschlüsse mit geschmolzenen Schildchen und Stahlgerüste, in denen Sauerstoffzylinder oder -flaschen gestanden hatten. »Das ist mit Sicherheit der Technikraum«, sagte Matthias und trat von einem Bein aufs andere, um sich warm zu halten. »Klar, dass man den vom Haus aus nicht betreten kann, wegen der Brandgefahr. Vielleicht wurden hier auch andere gefährliche Stoffe aufbewahrt.«
»Die Tür muss einen gewaltigen Schlag abbekommen haben.« Dóra versuchte, die schwere Stahltür, die halb offen stand, zu bewegen. Sie rührte sich nicht und war so verzogen, dass eine der massiven Türangeln abgebrochen war. »Kann das von einer Explosion stammen?«
»Ja, ich denke schon. An ein paar Stellen ist ja auch der Putz abgebröckelt.« Er beleuchtete eine große Stelle, an der der nackte Beton durchschien. »Das könnte eine explodierte Sauerstoffflasche gewesen sein.«
»Das muss doch tierisch laut geknallt haben.« Dóra stellte sich auf die Zehenspitzen und versuchte, das Einfamilienhaus zu erspähen, an dem sie vorbeigefahren waren. Sie meinte, in der Ferne das Dach zu erkennen. »Warum haben diese Leute nichts gehört? Man kann doch keine Explosion verschlafen, aber von Brandgeruch aufwachen?«
»Schwer zu sagen.« Matthias schaltete die Taschenlampe aus. »Sollen wir nicht lieber wieder zum Auto gehen, solange unsere Zehen noch nicht ganz abgefroren sind? Über die Explosion findest du bestimmt was im Brandbericht. Wir können hier nicht viel mehr erkennen.«
Dóra nickte, und sie gingen Richtung Auto, das zum Glück nicht weit entfernt war. »Ich wollte dir noch erzählen, was ich in den Unterlagen gefunden habe.« Sie drehte sich um und starrte die Ruine des Hauses an. Traurigkeit überfiel sie. »Ein Mädchen, das bei dem Brand ums Leben gekommen ist, war schwanger.«
»Na und? Das kommt in den besten Familien vor.« Matthias schaute sie fragend an. »Oder findest du das merkwürdig, weil die Frau behindert war? Das sind auch nur Menschen, Dóra, auch
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