Feuerprinz
Xiria die Kontrolle verloren hatte …
und wirst auch du dann Dawon angreifen oder gar töten … aus Wut?
Ein durchdringender Schrei rettete ihn vor seinem Jähzorn, doch er kam nicht von Dawon. Degan legte den Kopf in den Nacken und entdeckte vor der untergehenden Sonne unzählige schwarze Flecken, die am Himmel kreisten. Kurz darauf drang das Rauschen von Flügeln an sein Ohr. Seine Greife waren zurückgekehrt! Es waren so viele, denen er seit Xirias Tod ihre wahre Gestalt zurückgegeben hatte … Sie waren sein ganzer Stolz … seine Sippe … seine Gefährten. Ihr aufgeregtes Schreien schwoll gefährlich an, als die Greife näher kamen und Dawon bei ihm entdeckten.
Zu spät erkannte Degan, dass sie zum Sturzflug auf Dawon ansetzten, der aufgestanden war und ihnen freundlich zuwinkte.
Degan war wie erstarrt. Was sollte er tun? Er selbst hatte ihnen befohlen, seinen Vater zu töten, sollte er ihn anrühren.
Dawon erkannte die Gefahr noch immer nicht und betrachtete den Sturzflug der Greife fasziniert.
Im letzten Augenblick gelang es Degan, sich vor Dawon zu stellen und zu rufen: »Tut ihm nichts!«
Doch sie schienen ihn nicht zu hören oder in ihrer Aufregung nicht verstehen zu können. Für sie hatte Dawon ihren Anführer verschleppt. Degan gelang es, Dawon zur Seite zu stoßen, dann packte ein Greif ihn bei den Schultern und zog ihn mit sich hinauf in den Himmel. Auch Dawon wurde von den Greifen gepackt. Der dunkle Greif begriff kaum, wie ihm geschah, und war dem Zorn der Greife hilflos ausgeliefert.
»Hört mir zu!«, versuchte Degan die Greife zu erreichen. Das erste Mal seit langer Zeit spürte Degan etwas, das er vergessen und tot geglaubt hatte. Angst! Sie schnürte ihm die Kehle zu und ließ Sterne vor seinen Augen bersten. »Tut ihm nichts!«, schrie er immer wieder, während die Greife Dawon von ihm fortschleppten. Seine Stimme versagte. Als Degan die Augen schloss, sah er Xiria vor sich, so deutlich, dass er glaubte, nur die Arme ausstrecken zu müssen, um sie berühren zu können – er sah eine schöne junge Frau mit silberweißem Haar, die sich mit wutverzerrtem Gesicht auf Dawon stürzte und ihn mit ihren Klauen attackierte, um ihn zu töten. »Xiria … tu ihm nichts«, flüsterte Degan mit erstickter Stimme. Da wandte sie ihm ihr Gesicht zu und lächelte, als wäre dies alles nur ein harmloses Spiel. Sie hatte ihn nicht verstanden.
Die Greife kamen in der Nacht und zerrten die Priesterinnen vor ihren Augen aus dem Tempel. Lin konnte nichts dagegen tun, obwohl sie es versuchte. Mit aller Kraft warf sie sich gegen denjenigen,der das jüngste der Mädchen am langen Haar packte, so dass es aufschrie. Der Greif schüttelte Lin ab wie ein lästiges Insekt.
»Wohin bringt ihr sie?«, schrie sie den Greifen wütend hinterher, erhielt jedoch keine Antwort. Die Mädchen sandten Stoßgebete zu Sala und weinten, während die Greife sie vor sich hertrieben.
Mit den Fäusten schlug Lin immer wieder gegen die Tempelpforte, doch sie öffnete sich nicht noch einmal. Sie blieb allein zurück.
Durch das Gitter hörte sie plötzlich Jevanas Stimme flüstern. »Sie bringen die Mädchen zum Muruktempel, aber sie werden sie nicht vor Sonnenaufgang opfern.«
Jevanas Hand schob sich durch das Gitter und suchte nach der ihren. »Lin, du darfst nicht aufgeben!«
»Und warum nicht?«, schluchzte sie. »Wie viele konnte ich von Elvens Bann befreien? Dreißig oder vierzig? Das sind nicht genug – nicht gegen Elvens Greife, die Schjacks und ihn selbst. Wir sind verloren, und wenn wir uns gegen Elven auflehnen, wird er ganz Engil dafür bestrafen.«
Jevana antwortete bestimmt. »Fünfzig Männer warten darauf, für dich zu kämpfen und notfalls auch zu sterben. Für dich und für Sala, für Engil … für die Hoffnung! Was soll ich ihnen sagen, was sie tun sollen, wenn morgen früh die Sonne aufgeht und die Priesterinnen in den Opferkreis geführt werden? Sollen sie einfach zusehen?«
Lin schloss die Augen und holte tief Luft. »Was sagen die Männer dazu?«
»Sie wollen auf keinen Fall leben wie die Menschen damals in Dungun – jeden Tag Blutopfer, Gewalt und Tod. Lin, wir alle würden lieber sterben, als so zu leben!«
Ein langes Schweigen stellte sich zwischen ihnen ein, in dem Lin nur ihren eigenen Atem hörte. Schließlich fasste sie sich. »Dann sollen sie kämpfen und ihr Bestes geben. Auch ich werde kämpfen und ihnen helfen, so gut ich kann.«
»Wie meinst du das?« Jevana klang beunruhigt, doch
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