Feuerprinz
»Elven hat mir ein Amt als erster Gefolgsmann in seinem Dienst versprochen, wenn ich mich ihm anschließe – und er scheint sein Versprechen als Prinz von Engil schon bald einlösen zu können.« Zufrieden stellte Braam fest, dass sein Vater die Faust senkte und unsicher wurde.
»Der Prinz … du hast dich ihm als Gefolgsmann angeschlossen?«
Braam genoss, dass er es war, der nun die Fäden zog. Von nun an würde er die Befehle erteilen, oder der Alte konnte bis ans Ende seiner Tage bei den Viechern bleiben. »Nicht irgendein Gefolgsmann bin ich, sondern sein erster Gefolgsmann!«
Sein Vater hustete und kratzte sich verlegen im Nacken. »Du hast diesen Elven auf Salas Fest dem Königspaar vorgestellt, nicht wahr?« In seine Augen trat endlich so etwas wie Anerkennung. »Ich dachte immer, du wärest zwar stark, aber nicht sonderlich klug.«
»Es ist wohl eher so, dass deine Klugheit nicht ausgereicht hat zu erkennen, wozu ich fähig bin.« Braam gefiel sich immer besser in seiner neuen Rolle. Das war alte Taluk-Art. Wenn zwei Männer ein Problem miteinander zu lösen hatten, beleidigten sie sich so lange, bis sie so zornig auf den anderen waren, dass sie mit Waffen, Zähnen und allem, was sie besaßen, aufeinander losgingen. Doch so weit sollte es heute nicht kommen. Trotzdem verpasste sein Vater ihm einen boshaften Seitenhieb. »Ich hoffe, dein Vertrauen in diesen Elven lohnt sich und er verliert seine Tatkraft nicht auf dem Lager seiner Prinzessin.«
Braams Blut begann zu kochen. Dass Lin ihn abgelehnt hatte, dass sie ihn zu abscheulich fand, ihn zwischen ihre Schenkel zu lassen – das hatte er nie ganz verwinden können. So etwas hätte keinechter Taluk akzeptieren können! Braam schloss die Augen, ballte seine Fäuste und wartete, bis seine Wut verebbt war.
Ohne seinen Vater anzusehen, ging er an ihm vorbei, hinaus aus dem Stall.
»Wo willst du hin?« Die Stimme seines Vaters war kleinlaut geworden. Braam hatte ihr Kräftemessen für sich entschieden. Ab jetzt wäre er derjenige, der die Befehle gab und die Arbeiten einteilte.
Er stellte sich breitbeinig vor den Alten. »Es gibt ein Fest zu feiern, und du tätest gut daran, ein Bad zu nehmen und dich dort sehen zu lassen … nachdem du die Kühe gemolken und die Verschläge vom Mist gesäubert hast.«
Elvens Hand fühlte sich genauso an wie auf Salas Sonnenwendfest, heiß und trocken. Trotzdem fror Lin in ihrem blütengeschmückten Gewand. Der Mann an ihrer Seite war ihr fremd, obwohl sie seine neuen Beinkleider und das Hemd selbst gefertigt hatte. Auf dem zurückgebundenen Haar trug Elven den Stirnreif aus Greifensilber, der ihn zum Prinzen von Engil und somit zu ihrem Gefährten machte.
Verzweifelt versuchte Lin sich auf die Zeremonie zu konzentrieren. Noch immer kam ihr alles vor wie ein Traum. Sie hatte ihre Eltern, die Göttin und auch Elven mit einer falschen Verkündung getäuscht! Tojar und Ilana waren mit ihrer Verbindung wie erwartet mehr als einverstanden. Im Gesicht ihres Vaters las sie Erleichterung darüber, fortan die Bürde seines Amtes nach und nach auf Elven übertragen zu können.
Allein Elvens Gefühle hatte sie nicht erraten können. Wie schon den ganzen letzten Mondumlauf versuchte sie in seinem verschlossenen Gesicht zu lesen. Er hatte nach ihrem Antrag die von Tojar gewährten zwei Tage Bedenkzeit bis zur letzten Stunde eingehalten.Obwohl Lin sich sicher gewesen war, dass er sie als Gefährtin gewollt hatte, hatte sie seine Zurückhaltung verunsichert.
Doch schließlich hatte er zugestimmt – zwei Tage nachdem er aus den Wäldern von Isnal zurückgekehrt war, hatte er sie zu einem Spaziergang durch Engil vom Tempel abgeholt. Lin erinnerte sich an das befangene Gefühl, als er das erste Mal ihre Hand genommen hatte.
Damit war das gegenseitige Versprechen der Gefährtenschaft gegeben. Elven hatte öffentlich ihrer Verbindung zugestimmt. Trotzdem war es kein vertrauter, sondern ein bemühter Spaziergang gewesen, bei dem Lin sich unwohl gefühlt hatte. Elven war ihr fremd.
Jevana hatte sich nicht ein einziges Mal zu ihrer Verbindung geäußert. Sie hatten ein Gespräch darüber vermieden. Es war eine seltsame Situation. Normalerweise trug man jemandem, den man gerade erst kennengelernt hatte, nicht den Wunsch nach einer Gefährtenschaft an. Lin wusste, dass sie es für Engil getan hatte – und gewiss wusste Elven das auch. Dennoch hatten sie kein Wort über ihre aus der Not geborene Gefährtenschaft verloren, während sie
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