Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
sagte sie und nahm das Lederband entgegen, das Hanns ihr hinhielt. An dem Lederband baumelte ein Anhänger, ein Stück Holz, das zu einem kleinen Wolf geschnitzt war. „Ist das ein Talisman?“
„Probier es aus. Ich halte lieber Abstand.“
Hanns verzog sich doch tatsächlich in die hinterste Ecke des Thronsaals (der in Wirklichkeit ja nur ein kleiner Kellerraum war) und Scarlett überlegte kurz, ob das alles wirklich ernst gemeint war. Vielleicht diente das ganze Theater nur Scarletts Verspottung und wenn sie dann, mit zitternden Armen und Beinen versuchte, Goldings Froschkostüm abzutasten und beim kleinsten Knurren des Froschs erschrocken zusammenzuckte, würde Hanns hinter seiner Säule hervorkommen und sie so auslachen, dass sich die Balken der Thronsaal-Decke bogen.
Es konnte aber genauso gut sein, dass sie gerade etwas wirklich Gefährliches tat! Scarlett zog sich das Lederband über den Kopf und versteckte den Wolfsanhänger im Inneren ihrer Bluse. Er fühlte sich seltsam an. Seltsam vertraut. Es war doch nicht etwa …
Kaum hatte sie es gedacht, wusste sie, dass es so war. Dieser Wolfsanhänger war in Wirklichkeit Berrys rosa Knopf – der heilige Riesenzahn, der unverletzbar machte und mit dessen Hilfe man Torck aus seinem unterirdischen Verlies hätte befreien können! Hanns hatte ihn ihr einfach so gegeben, zu ihrem Schutz! Es war ganz bestimmt keine Einbildung!
Scarlett hatte den Knopf schon einmal am Körper getragen und er hatte sich haargenau so angefühlt wie dieser Anhänger. Natürlich hatte Hanns den Riesenzahn mit einem Tarnzauber versehen, damit ihn niemand erkannte. Mal abgesehen davon, dass sich ausgewachsene Jungs nicht gerne rosa Knöpfe um den Hals hängten.
Immer noch tief beeindruckt von ihrer Erkenntnis machte sich Scarlett ans Werk. Der Frosch zischte und grunzte, doch er hielt still, denn er wusste ja, dass ihm Scarletts Bemühungen zu mehr Freiheit verhelfen sollten. Scarlett schloss die Augen und erkundete das magikalische Feld, das Golding umgab. Es war wirklich sehr stark. Es musste gewachsen sein in den letzten anderthalb Jahren. Die Strudel, die davon ausgingen, waren heftig, fast überwältigend.
„Also gut“, flüsterte sie. „Dann wollen wir mal.“
Sie machte einen Zipfel ausfindig, der ihr günstig erschien. Hier hatten sich zwei kleinere Zauber miteinander verheddert und wenn Scarlett ihre eigene Magikalie in diesen winzigen Knoten leitete, dann könnte sie …
Scarlett merkte, wie ihr der Schweiß auf die Stirn trat. Kaum hatte sie sich mit der Magikalie verbunden, die Golding umgab, wurde ihr sehr, sehr heiß. Mit einem Finger fuhr sie in eine Lücke im Zauber-Geflecht und hob einen Zauber an. Es war nur eine winzige Bewegung, die nur einen kleinen Zauber betraf, doch als der Zauber sich löste, entlud sich die frei gewordene Magikalie auf einen Schlag!
Eine Hitzewelle durchflutete Scarlett, die so heiß und brennend war, als brenne Scarlett selbst wie eine Fackel. Sie sah auch nur Flammen, ihr ganzes Blickfeld bestand aus einem Meer von Flammen, die so schnell erstarben, wie sie aufgeflackert waren. Golding hüpfte vom Thron, wild hustend, und dann rauchte es rund um Scarlett herum. Außerdem roch es verbrannt.
Scarlett wedelte den Rauch vor ihren Augen weg und sah sich nach Hanns um. Er stand neben ihr, so nah, dass sie erschrak.
„Hanns!“, sagte sie. „Ich fühle mich so seltsam!“
Er schüttelte den Kopf.
„Meine Güte …“
„Was ist passiert?“
„Fühlst du dich wenigstens stärker?“, wollte er wissen.
Sie überlegte. Ja, doch. Sie fühlte sich erfrischt. Trotz des Brandgeruchs und des Gefühls, das etwas nicht stimmte.
„Gehen wir“, sagte er. „Den Rest erkläre ich dir später.“
Hylda öffnete wie versprochen die Tür, als sie klopften, und sah Scarlett neugierig an, ohne etwas zu sagen. Hylda blieb bei Golding zurück und ließ Hanns und Scarlett alleine in die Festung zurückkehren. Jenseits des Faulhundgeheges, unterhalb des steilen, rutschigen Pfads, sah sich Hanns nach allen Seiten um.
„Lass uns hier reden. Hier können wir sicher sein, dass es niemand hört.“
„Was denn?“
„Du behältst den Talisman!“
„Es ist der Riesenzahn, nicht wahr?“, fragte sie.
„Ja. Ich leihe ihn dir, okay? Aber du sagst niemandem was davon und wenn du ihn nicht mehr brauchst, gibst du ihn mir zurück!“
Scarlett sah Hanns verständnislos an.
„Wofür brauche ich ihn denn?“
„Hast du nicht gemerkt, dass du
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