Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
sehr entgegen. Sie hatte genauso wenig Lust wie Scarlett, hier in Ritter Gangwolfs Schloss herumzusitzen, während an anderen Orten überaus wichtige Dinge passierten. Die Aussichten standen gut, dass Scarlett sich durchsetzen und Ritter Gangwolf sie nach Sumpfloch mitnehmen würde. Das erfreute Berry und darum lächelte sie, während Scarlett tobte.
„Hörst du mir jetzt trotzdem zu?“, fragte Viego und sprach weiter, ohne Scarletts Einwilligung abzuwarten. „Grohann hat nicht nur die Erdenkinder nach Sumpfloch eingeladen, sondern auch ein gewisses zwielichtiges Wesen namens Hylda. Ihr kennt sie, es handelt sich um eine Cruda, die der Bezeichnung ‚böse’ in jeglicher Hinsicht gerecht wird.“
„Hylda ist in Sumpfloch?“, fragte Berry ungläubig. „ Die Hylda, die Maria und Thuna entführt hat? Die mich und meine Eltern erpresst hat? Die Estherfein und ihr Volk ausgebeutet und vertrieben hat?“
„Die Liste ließe sich endlos fortsetzen, ja.“
Scarlett schwieg. Das warf natürlich ein ungutes Licht auf die Angelegenheit. Als Scarlett noch jünger und dümmer gewesen war als heute (also vor ungefähr anderthalb Jahren), hatte sie Hylda, die böse Cruda, herausgefordert. Unnötig zu erwähnen, dass sie jämmerlich versagt hatte. Hylda war Scarlett maßlos überlegen gewesen! Zwar hatte Scarlett seitdem einiges dazugelernt, doch Hylda war uralt, perfekt ausgebildet und eines der mächtigsten Wesen dieser Welt. Leider hatte sie auch noch eine Rechnung mit Scarlett offen, was die Sache besonders kompliziert machte.
Scarlett hatte nämlich Hyldas Schoßtier Golding verhext. Es war Scarlett immer noch ein Rätsel, wie sie das fertig gebracht hatte, doch das gefährliche und von Hylda sehr geliebte Scheusal war unter der Einwirkung von Scarletts verderblichen Kräften zu einem kleinen Frosch mit einem Horn auf der Stirn geschrumpft. Als solcher hüpfte es jetzt durch die Welt, unumkehrbar verzaubert. Nicht mal Hylda vermochte den Frosch in seine ursprüngliche Gestalt zurückzuverwandeln.
„Verstehst du es jetzt, Scarlett?“, fragte Viego Vandalez. „Du wärst nicht sicher vor ihr! Den Erdenkindern wird sie nichts tun. Sie braucht sie. Aber dich braucht sie nicht! Du wärst ihr ausgeliefert, wenn du ihr begegnest!“
„Warum ist sie in Sumpfloch?“, wollte Berry wissen. „Ich verstehe das nicht!“
„Wer versteht das schon? Grohann legt Wert auf ihre Anwesenheit, er hält sie für nützlich. In der Schlacht gegen die Wandler hat sie geholfen, Sumpfloch zu verteidigen. Sie ist stark, wie wir wissen. Zusammen mit Grohann kann sie Sumpfloch gegen die mächtigsten Feinde halten. Darum geht es ihm wohl. Dass er sich mit dem Bösen in Person einlässt, müsste ihm eigentlich klar sein. Aber wer weiß schon, ob Grohann nicht genauso schlechte Absichten hat wie sie. Im Moment bleibt uns nichts anderes übrig, als diesen Umstand zu akzeptieren.“
„Es bleibt uns nichts anderes übrig?“, fragte Berry. „Wieso? Ist die Regierung denn einverstanden damit?“
„Die Regierung weiß nichts davon. Kaum jemand weiß etwas davon. Hylda hat die Gestalt einer schwarzen Katze angenommen. In ihrer richtigen Gestalt zeigt sie sich nur den Eingeweihten – also Grohann, den Erdenkindern und mir.“
„Vielleicht sollte die Regierung erfahren, was er da treibt?“, rief Scarlett. „Sie werden ihn feuern, wenn das rauskommt!“
„Das ist nicht in unserem Sinne“, erklärte Viego Vandalez. „Ich mag den Steinbock bestimmt nicht, das weißt du. Aber wenn wir ihn verlieren, sind wir der Regierung ausgeliefert. Der Regierung und damit Leuten, die zu übereilten, gefährlichen Entscheidungen neigen. Die Regierung war es, die Geraldine in die tote Welt geschickt hat, obwohl ihr Talent zu schwach dafür gewesen ist. Unüberlegt und skrupellos haben sie ihre Interessen verfolgt.
Glaubt mir, ich misstraue Grohann, doch den anderen Handlangern der Regierung misstraue ich noch mehr! Grohann geht vernünftig vor. Er hat dafür gesorgt, dass Geralds Name auf einem Stück Mondpapier steht und er somit ein zweites Leben erhält, wenn ihm in der toten Welt etwas zustößt. Dafür bin ich ihm dankbar. Die Regierung und ihre kurzsichtigen Beamten wären sehr viel rücksichtsloser mit Gerald verfahren.“
Scarlett nickte. Auch mit ihr wäre die Regierung wahrscheinlich rücksichtsloser verfahren. Grohann kannte ihre wahre Natur schon seit Jahren. Sie war erst acht oder neun Jahre alt gewesen, als er herausgefunden hatte, dass
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