Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
Erdenkind sich selbst zu überlassen, aber ich fürchte, ich muss jetzt ein paar Dinge in Angriff nehmen.“
Er hatte es scherzhaft gesagt und Lisandra hatte es auch so verstanden. Sie sah zwar so aus, als müsste sie gleich wieder in Tränen ausbrechen, aber sie lachte gleichzeitig.
„Immerhin etwas, das mich von Torck unterscheidet“, sagte sie. „Es gibt keine Legende von Torck, in der er rumheult!“
Gerald umarmte Lisandra zum Abschied und zum Trost und verließ Hauls Zimmer. Wie es der Zufall so wollte, kam ihm Haul auf der Treppe entgegen.
„Da ist ja der Bösewicht!“, sagte Haul, aber es klang nicht feindselig.
„Hallo, Gespenst!“, erwiderte Gerald. „Deine Freundin braucht dringend Zuwendung. Sie sitzt in deinem Zimmer und hadert mit ihrem Schicksal.“
„Da ist sie? Ich hab sie schon überall gesucht!“
Haul nahm mehrere Stufen auf einmal und verschwand in Gespenster-Geschwindigkeit. Gerald sah sich nach ihm um. Er hatte ihn eigentlich nach Hanns fragen wollen. Nicht dass es ihm Spaß machte, aber es musste ja nun mal sein. Er stieg die Treppe wieder hinauf und ging zu Hauls Zimmer, dessen Tür immer noch offen stand.
Was er sah, veranlasste ihn, seinen Plan abermals zu ändern und kehrtzumachen. Denn Haul verpasste Lisandra gerade die beste Medizin gegen Schlangenhautflecken, die man sich denken konnte: Er saß mit ihr auf seinem Bett, hielt sie fest umschlungen und küsste ihr das Gesicht ab. Dass er ihr zwischendurch sagte, er werde sie immer lieben, egal, was mit ihr passierte, war bestimmt nicht von Nachteil. Es brachte Lisandra zwar dazu, noch ein paar Tränen mehr zu vergießen, doch dabei sah sie – nach allem, was Gerald flüchtig erhaschen konnte – schon gar nicht mehr so unglücklich aus.
Das Schicksal wollte es wohl nicht, dass sich Gerald heute Nachmittag mit Hanns anlegte, darum führte ihn sein Weg erst mal zur Krankenstation. Auf dem Gang kam ihm Estephaga entgegen.
„Wie geht es Maria?“, fragte er.
Sie blieb stehen, sah ihn mit ihrem strengsten Reptilien-Blick an und erklärte:
„Weißt du, Gerald, ich bin auch froh, dass Maria noch lebt! Aber leider hast du ein Ungeheuer mit gottgleichen Kräften auf Amuylett losgelassen, das sich weder töten noch einsperren lässt! Torck war schon zu Lebzeiten nicht gerade für seine sanftmütige Art bekannt und die Zeit im Kerker hat ihn bestimmt nicht umgänglicher gemacht! Jetzt läuft er frei rum und er wird irgendwo seine Wut rauslassen. Wahrscheinlich kreuzt er bald hier auf, um sich zu rächen. Wirklich großartig hast du das hingekriegt!“
„Grohann hat gesagt, dass die Zeit nicht ausreicht, um ein neues Erdenkind mit Marias Talenten heranzuziehen! Sie wird gebraucht! So steht es in den Lilienpapieren. Ohne Maria kann die neue Welt nicht besiedelt werden!“
„Pah!“ Estephaga spuckte ihm das Wort fast vor die Füße. „Du hättest es auch getan, wenn es nicht so wäre!“
Gerald war zu müde, um es abzustreiten. Sie hatte recht. Es war ihm nicht um die neue Welt gegangen. Es war ihm nur um Maria gegangen, um nichts sonst.
„Und weißt du, Gerald, was seit heute Morgen passiert ist? Es wurden zwei magikalische Lecks aus Amuylett gemeldet! Vorher gab es kein einziges in diesem Reich!“
„Aber es gab eins in Gorginster. Vielleicht ist es Zufall.“
„Wenn du das glaubst, bist du ein Trottel!“
„Eigentlich hatte ich Sie gefragt, wie es Maria geht!“
Estephagas Augen, die froschartig aus ihrem Gesicht heraustraten, wenn sie sich aufregte, bildeten sich langsam zurück und auch ihre Pupillen wurden wieder normaler.
„Sie ist noch sehr schwach“, sagte sie. „Aber sie ist stabil. Ich weiß auch nicht, ob alles wieder so werden wird wie vorher. Ob es noch eine Spiegelwelt gibt und ob sie sie betreten kann. Das alles hat ihr sehr zugesetzt. Aber sie wird sich erholen und sie wird leben.“
„Danke“, sagte Gerald. „Das wollte ich hören.“
Er ging an Estephaga vorbei und betrat die Krankenstation auf dem gewohnten Weg durch die Wand, da er keine Lust hatte, sich von den Makülen am Eingang wegschicken zu lassen. Die Maküle waren wohl auch der Grund dafür, dass niemand in Marias Zimmer war. Eine Menge Blumen standen herum, ein Strauß sah etwas angefressen aus, was darauf schließen ließ, dass Rackiné der Kranken schon seine Ehre erwiesen hatte.
Gerald setzte sich an Marias Bett und sagte und tat gar nichts. Denn Maria schlief und ihr Gesicht hätte dabei nicht schöner und
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