Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
einem Gegengift gesucht, ohne Erfolg. Das Problem ist: Es wirkt zu schnell. Was kaputt ist, ist kaputt. Die Zellen existieren noch eine Weile und verrichten ihre Arbeit, bis sie nach einiger Zeit entkräftet in sich zusammenfallen. Wie bei einem Greis, der seinen Tod nicht länger hinauszögern kann.“
„Schenken Sie mir einen Tropfen Ihres Bluts, Ritter Gangwolf“, sagte Estephaga, „damit wir Gewissheit haben.“
Ritter Gangwolf hielt ihr bereitwillig den Arm hin.
„Es betrifft ja nicht nur mich“, sagte er. „Es betrifft auch die Türen. Sie werden verschwinden, wenn ich sterbe.“
Viego Vandalez sah seinen Freund an und schüttelte langsam den Kopf.
„Warum?“, fragte er. „Warum bist du so nah an sie herangegangen? Es hätte nicht sein müssen!“
„So habe ich gelebt, Viego. Ich bin an viele gefährliche Wesen nahe herangegangen. Ich habe sie alle überlebt, nur dieses eine nicht. Wenn sie uns damals nicht geholfen hätte, Geraldine und mir – ich weiß nicht, was dann aus uns geworden wäre. Sie war nicht böse. Vertrauen ist immer gefährlich. Es lohnt sich und es macht einen glücklicher, wenn es berechtigt ist. Und es tut weh, wenn man sich verschätzt hat. So ist das Leben. Ich bin darüber nicht verbittert und du solltest es auch nicht sein, alter Freund.“
Es fiel Viego Vandalez sichtlich schwer, nicht verbittert zu sein. Doch er sagte nichts mehr, sondern starrte ebenso wie Gangwolf die Spinnenfrau an, die am Ende dem Fluch erlegen war, dem sie ihr Leben lang hatte entfliehen wollen.
Kapitel 30: Schmetterling
Lisandra stöhnte glücklich, als sie sah, wie der Schaft ihres eigenen Dolches ganz plötzlich aus dem Rücken desjenigen Soldaten ragte, der rechts von ihr ging. Die anderen beiden Soldaten drehten sich nach dem Angreifer um und es zeigte sich, dass einer der beiden Soldaten gar nicht schlecht zaubern konnte. Er ballerte eine Salve von Blitzen in Hauls Richtung, der sich daraufhin kurz mal in die Krone eines Baums retten musste.
Sie befanden sich an der Grenze des Schulgartens, dort, wo man durch ein Tor in den bösen Wald gelangte oder auf den Weg nach Gürkel. Leider warteten jenseits des Tors noch mehr feindliche Soldaten (oder wie man sie nennen mochte – sie steckten jedenfalls in Brustpanzern mit dem Wappen von Gorginster) und Lisandra konnte fast gar nichts tun, um sich zu befreien oder Haul zu unterstützen.
Haul schoss im Schutz seiner Baumkrone auf einen weiteren Soldaten und es gelang ihm, diesen außer Gefecht zu setzen, doch die Verstärkung von jenseits des Tores war im Anmarsch und Lisandra zählte auf Anhieb sechs Männer (oder vielleicht auch Frauen, es waren jedenfalls ziemliche Schränke).
Zum Glück bekam auch Haul Verstärkung. Ein Sperber landete neben ihm im Baum und was dann geschah, ging schnell: Haul sprang aus dem Baum und erledigte kurz hintereinander zwei der sechs frisch eingetroffenen Schränke, während der Vogel, der kein Vogel mehr war, sondern ein geflügelter Schneeleopard (mit anderen Worten: Hanns) den Rest der Männer mit gezielten magikalischen Schlägen auseinandertrieb.
Über die blöden Handschellen, die Lisandra trug, ärgerte sie sich halb grün, denn sie hinderten sie an jeglicher Form des vernünftigen Beistands. Sie konnte immer nur rechtzeitig aus dem Weg rennen, bevor sie jemand wegtragen konnte oder eine wild durch die Gegend fliegende Waffe sie streifte. So sprang sie umher, bis Hanns und Haul einen Teil der Soldaten unschädlich gemacht hatten und der andere Teil türmte. Natürlich nur, um mit weiteren Soldaten zurückzukehren.
Bevor sie erneut angegriffen wurden, hielt Lisandra Haul erst mal ihre Handschellen vor die Nase.
„Kannst du die Kette durchschlagen?“
„Leg deine Hände auf den Boden und halt still!“, antwortete Haul, holte zünftig mit einem Schwert aus, das er einem Soldaten abgenommen hatte, und schlug die Kette zwischen Lisandras Händen mittendurch.
„Seid ihr noch ganz bei Trost?“, rief Hanns ehrlich entsetzt. „Sie hätte sich nur einen Zentimeter bewegen müssen, Haul, dann hättest du sie erwischt!“
„Ich wusste, dass sie sich nicht bewegt“, sagte Haul seelenruhig. „Siehst du doch!“
Lisandra lachte. Hanns zu schockieren, war nicht einfach, aber es war ihnen gelungen. Jetzt hatte sie wenigstens wieder ihre Hände frei und Haul versorgte sie mit einem Teil seiner Waffen.
Am Tor, das in den bösen Wald führte, braute sich etwas zusammen. Sie beschlossen, es nicht auf
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