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Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)

Titel: Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Halo Summer
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können. Wenn es dann geschah, dass man Haul zum Babysitten abkommandierte, nur weil Präsident Mohikans Kindermädchen erkrankt war, musste Haul all seine Willenskräfte zusammennehmen, um nicht ausfallend zu werden. Das war vor zwei Tagen gewesen.
    „Wo liegt das Problem?“, fragte Präsident Mohikan den finster dreinblickenden Haul. „In den Konferenzsaal dürfen keine persönlichen Leibwächter hinein. Du würdest doch sowieso nur hier draußen herumsitzen und dich langweilen!“
    Nein, das würde Haul nicht tun. Er würde alle Menschen beobachten, die den Saal betraten und wieder verließen, und er würde den Gesprächen all der anderen persönlichen Wächter lauschen, die mit ihm auf das Ende der Konferenz warteten, denn er hatte als Gespenst ein extrem gutes Gehör. Er würde jede Unregelmäßigkeit sofort bemerken, den geringsten Anflug von Unruhe oder Spannung. Und wenn er es für nötig hielt, würde er den Konferenzsaal stürmen und Hanns warnen, damit er sich rechtzeitig in Sicherheit bringen könnte.
    „Meine Tochter ist ein liebes, reizendes Ding!“, versicherte Präsident Mohikan.
    Haul wagte es nicht, dem Präsidenten in diesem Punkt zu widersprechen, obwohl er schon beobachtet hatte, dass Trischa nicht gerade das war, was man in Fortinbrack wohlerzogen genannt hätte. Haul machte gerade den Mund auf, um sich der Aufgabe, die man ihm übertragen wollte, zu entziehen, da mischte sich Hanns ein und machte Hauls Vorhaben mit einem Satz zunichte.
    „K-keine Sorge, Präsident Mohikan! Haul wird g-gut auf Trischa aufpassen!“
    Hanns stotterte wie immer, wenn er sich unter fremden Leuten befand, mit denen er nicht vertraut war. Dem Respekt, den er unter den Konferenzteilnehmern genoss, tat das keinen Abbruch. Der stets höfliche junge Herrscher von Fortinbrack gehörte zu den Zauberern, von denen niemand wusste, auf wessen Seite sie in Wirklichkeit standen und die im Verborgenen einen gehörigen Einfluss hatten.
    Auch Haul hatte großen Respekt vor seinem besten Freund und wäre ihm jederzeit in die Hölle gefolgt und wieder zurück. Trotzdem warf er ihm jetzt einen bitterbösen Blick aus schwarzen Flammen-Pupillen zu. Hanns lächelte nur und zuckte andeutungsweise mit den Schultern.
    ‚Reg dich ab, Haul!’, sollte das heißen.
    Doch Haul regte sich nicht ab. Er war überzeugt davon, dass Hanns die Gefährlichkeit der Situation unterschätzte. Diese Konferenz war ein Pulverfass und sie hockten mitten darauf. Warum wollte Hanns das nicht einsehen?
    „Wunderbar, ich danken Ihnen, Hanns“, sagte Präsident Mohikan. „Komm her, kleine Trischa! Komm her, mein süßer, angebeteter Schatz! Dieser nette junge Mann hier wird sich um dich kümmern!“
    Junger Mann, das war ja wohl ironisch gemeint. Haul sah zwar aus wie sechzehn – von den weißen Haarsträhnen in seinem dunklen Haar mal abgesehen – aber er war schon seit 112 Jahren als Gespenst unterwegs. Die Leute vergaßen es gerne nach dem ersten Schrecken, weil Haul abgesehen von seinen gespenstischen Augen sehr lebendig wirkte. Er war eines der Gespenster, die in Fortinbrack scherzhaft Super-Gespenster genannt wurden, weil sie so lebensecht waren. Sie atmeten, aßen und schliefen wie echte Menschen.
    Grindgürtel hatte sie geschaffen und sie mussten regelmäßig beschworen werden, um am Leben zu bleiben. Nach Grindgürtels Tod besaß nur Hanns das Wissen und die Fähigkeit, ein Super-Gespenst mit der Energie und der Stabilität zu versorgen, die es zum Überleben brauchte. Hauls Leben war damit an Hanns gebunden – wenn Hanns starb, würde auch Haul zugrunde gehen. Doch dieser Zusammenhang war für Haul unwesentlich. Er hätte Hanns so oder so beschützt. Denn Hanns und Lisandra waren für Haul die wichtigsten Menschen, die er nach seinem Tod zu lieben gelernt hatte.
    „Wie heißt du?“, fragte Trischa ihren unfreiwilligen Babysitter mit einem Blick, der so viel besagte wie: ‚Bin ich nicht das niedlichste und bezauberndste kleine Mädchen, das du jemals getroffen hast?’.
    Haul verweigerte die Antwort, ergriff ihre Hand und zog sie an einen Platz am Fenster, der ihm strategisch günstig erschien. Von hier aus konnte er den Hof beobachten, ebenso wie die Halle, die in den Konferenzsaal führte. Was dann folgte, war einer der längsten Nachmittage gewesen, die Haul in den letzten hundert Jahren erlebt hatte.
     
    In Gestalt eines Vogels flog Hanns in dieser Nacht über die schattigen Wege des Botanischen Gartens, überflog Trischa, ohne dass

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