Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
großer Mann, erhob sich von seinem Hocker und stellte sich vor mich hin. Er überragte mich, bleckte seine Zähne und lachte. ‚Weißt du, was ein guter Bluff ist?’, fragte er und ich suchte fieberhaft nach der einen richtigen Antwort, von der, wie ich ahnte, alles abhing.“
Ritter Gangwolf machte eine Pause, da er sich der Aufmerksamkeit seines Publikums gewiss war.
„Und?“, fragte er nach einer Weile des Schweigens in die Runde. „Irgendwelche Ideen?“
„Steppenfürsten sind keine zwei Meter groß“, sagte Gerald. „Sie sind klein und leicht, sonst wären sie nicht so gute Flugwurmreiter.“
„Hey, du kennst du die Geschichte schon!“, protestierte Lisandra.
„Nein, ich höre sie zum ersten Mal!“, verteidigte sich Gerald.
„Ich muss ihn in Schutz nehmen“, sagte Ritter Gangwolf. „Wir haben uns in diesem Sommer nur ein paar Stunden gesehen und in dem Zeitraum mussten wir von einer Welt in die andere wechseln und vom äußersten Süden des Landes nach Sumpfloch fliegen. Wir hatten keine Zeit zum Plaudern.“
„Ich fürchte, ich habe es noch nicht begriffen“, sagte Thuna. „Der Steppenfürst war also zu groß?“
„Er war nicht ganz zwei Meter groß“, erklärte Ritter Gangwolf. „Er war eher so groß wie ich. Während ich, der ich am Boden lag, kleiner war, als ich es normalerweise bin. Ich sammelte also meine Karten ein und setzte mich wieder auf den Stuhl. ‚Ich glaube, ich weiß, was ein guter Bluff ist’, sagte ich. ‚Ich gebe auf!’ Mit diesen Worten legte ich meine Karten auf den Tisch …“
„… und damit hatten Sie die Partie und Legionär gewonnen!“, rief Berry. „Denn dem Schlangenpunsch wohnte ein Spiegelrausch inne, der Ihnen vorgaukelte, Sie seien der Steppenfürst. Sie spielten im Grunde mit vertauschten Rollen!“
„Du bist so schlau, Berry, dass es einem angst und bange wird!“, sagte Ritter Gangwolf. „Es war tatsächlich so: Der Steppenfürst kann gut reiten, aber im Kartenspielen ist er eine Niete. Was ihn nicht davon abhielt, sich auf eine Partie einzulassen, denn wie jeder erfolgreiche Gauner von Gorginster besitzt er natürlich ein Giftschränkchen mit Zaubertränken. Hier bediente er sich und mischte mir eine ordentliche Portion Spiegelrausch in meinen letzten Becher Schlangenpunsch. Der Zauber wirkte, ohne dass ich es bemerkte, und meine Wahrnehmung veränderte sich: Ich sah das Spiel aus der Perspektive des kleinen Fürsten und glaubte fest daran, dass ich das Spiel verlor. Hätte ich den Zauber nicht durchschaut, wäre ich von meiner Niederlage überzeugt gewesen. Ich hätte ihm willig meinen Wetteinsatz überlassen und wäre ohne Legionär abgereist. Doch ich entdeckte den Bluff gerade noch rechtzeitig. Vielleicht nur, weil mich der Fürst in seinem Übermut darauf aufmerksam gemacht hatte.“
„Hörte der Spiegelrausch in dem Moment zu wirken auf?“, fragte Thuna.
„Nein, er hielt noch tagelang an, was mir das Leben sehr schwer machte. Auf andere Menschen wirkte ich wie betrunken, obwohl es nicht war. Ich musste mir die ganze Zeit in Gedanken erklären, wer ich in Wirklichkeit bin. Immerhin nahm es der Steppenfürst mit Humor, dass ich ihn besiegt hatte, und schenkte mir zu Legionär auch noch einen prächtigen Sattel dazu, von dem er hoffte, dass er mir viel Pein bereiten würde. Denn der Sattel ist alt und wertvoll, doch schrecklich unbequem. Ich benutze ihn nicht, ich habe ihn mir als Trophäe in einen Abort von Moos Eisli gehängt.“
„Den Sattel habe ich gesehen“, sagte Scarlett. „Er riecht auch etwas streng.“
„Sie reiben ihn mit dem Öl von Miefenden Schuhtulpen ein, damit er geschmeidiger wird. Was in diesem Fall nicht geholfen hat.“
Die Picknick-Decke hatte sich während Geralds Abwesenheit auf wundersame Weise mit erlesenen Köstlichkeiten gefüllt, die bestimmt nicht aus Sumpfloch stammten. Zwar hatten Rackiné und die anderen schon eifrig zugeschlagen, doch für Scarlett und Gerald war immer noch genug übrig.
„Hab ich euch aus Tolois mitgebracht“, erklärte Ritter Gangwolf seinem Sohn. „Ich kann mich zu gut an den Fraß von Sumpfloch erinnern. Hoffentlich muss ich nicht zu lange hierbleiben, sonst falle ich noch vom Fleisch.“
„In Gürkel kann man gut essen“, sagte Viego Vandalez. „Aber es schadet nicht, Gangwolf, wenn du mal das Schicksal eines durchschnittlichen Sumpfloch-Lehrers teilst und mit dem bewährten Eintopf vorliebnimmst.“
„In den Ferien ist es nicht so schlimm“, wandte
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