Feuersang und Schattentraum (Die Sumpfloch-Saga) (German Edition)
in die Knie. „Was ist passiert?“
Sie war sehr verwundert, denn sie konnte sich nicht vorstellen, dass Strahle-Lars ernsthaft unhöflich zu Thuna gewesen sein könnte. Oder war Rackiné noch einmal in den Teich gefallen und sie hatte ihn nicht retten können? Nein, die Sorte Heulen war es nicht. Es war mehr so etwas … Selbstzerfleischendes.
„Es ist meine Schuld!“, brachte Thuna zwischen zwei Schluchzern hervor. „Ich habe es gewusst und ihm verheimlicht!“
„Was denn?“
„Dass Maria heimlich in die Spiegelwelt geht. Ohne Begleitung. Ich habe es in ihren Gedanken gesehen, aber sie wollte nicht, dass es jemand weiß.“
„Macht sie das? Was ist daran so schlimm?“
„Schlimm ist, dass sie jetzt weg ist! Sie hätte heute Morgen im Trophäensaal sein müssen, aber sie kam nicht. Grohann hat mich gebeten, nach ihr zu suchen. Nach Spuren von ihr.“
„Spuren? Was hinterlässt Maria denn für Spuren?“
„Gedankenspuren. Ich mache das normalerweise nicht, jedenfalls versuche ich, es nicht zu tun. Aber ich kann nicht nur wahrnehmen, was Leute denken, wenn ich neben ihnen stehe. Ich kann auch Spuren davon fühlen, wenn sie längst woanders sind. Es ist stärker geworden, weißt du …“
„Dein Talent?“
„Ja. Es sind keine klaren Gedanken, aber diese Gefühle der anderen schwirren an den Orten herum, an denen sie gewesen sind. Ich kann mich darauf konzentrieren.“
„Und du hast Marias Spur verfolgt?“
„Ja. Das war nicht schwer, weil sie seit Wochen immer wieder den gleichen Weg einschlägt. Er führt in einen verlassenen Keller, in dem ein Spiegel ist. Es ist ihr Geheimnis. Sie will nicht immer von Grohann ausspioniert werden. Ich dachte, das ist ihr gutes Recht. Aber jetzt ist sie weg … und ich hätte es verhindern können!“
„Indem du sie an Grohann verpetzt? Das ist doch Blödsinn! Was soll das überhaupt heißen – sie ist weg?“
„Sie hat den Spiegel heute Morgen benutzt, um in die Spiegelwelt zu gehen. Seitdem ist sie nicht mehr zurückgekommen.“
„Das muss nichts Tragisches heißen …“
„Gerald war bei ihr.“
Diese Auskunft versetzte Lisandras Zuversicht einen Schlag. Konnte es eine harmlose Erklärung dafür geben, dass Maria und Gerald einen halben Tag lang in der Spiegelwelt verschwanden, obwohl sie mit Grohann verabredet waren? Lisandra fiel keine ein.
„Grohann hat von Ritter Gangwolf erfahren, dass es eine Tür gibt“, erklärte Thuna und kämpfte dabei gegen die Tränen an. „Eine Tür, die von Dorns Festung in Gorginster in die Spiegelwelt führt. Es kann kein Zufall sein, Lissi. Dorn von Gorginster ist der Anführer der Verschwörung gegen Amuylett! Er wird heute Morgen zugeschlagen haben. Bestimmt hat er sie entführt!“
Lisandra wollte es immer noch nicht glauben.
„Was können wir jetzt tun?“
„Nichts. Hanns hat Verbindungen zu Gorginster. Er hat versprochen, nachzuhorchen, ob die beiden dort sind. Aber er glaubt nicht, dass er viel herausfinden kann. Außerdem weiß Grohann nicht, wie ehrlich Hanns zu ihm ist.“
„Natürlich!“, sagte Lisandra und verdrehte die Augen. „Was habt ihr nur alle gegen Hanns?“
„Ich habe nichts gegen Hanns. Wenn er etwas erfährt, das Maria hilft, wird er uns das sagen. Vielleicht ist er nicht ganz so wild darauf, dass Gerald gerettet wird, aber ohne Gerald lässt sich die neue Welt nicht besiedeln, also braucht er ihn auch.“
„Wieso … ach so. Du meinst wegen Scarlett. Das ist Quatsch! Hanns würde nie zulassen, dass Gerald etwas passiert, nur damit er Scarlett für sich haben kann!“
„Ja, wahrscheinlich.“
Sie schwiegen. Thuna zog ein Taschentuch aus ihrer Rocktasche, um sich die Tränen abzutrocknen und die Nase zu putzen. Unglücklicherweise merkte sie in ihrer Verwirrung nicht, dass es das Taschentuch war, in dem sie ihre Notration von magisch verändertem Sternenstaub mit sich herumtrug. Eine riesige Wolke grüner Zauber stäubte explosionsartig in die Luft, als Thuna sich schnäuzte, und brachte Lisandra in Bedrängnis.
„Hey, Thuna!“, rief sie. „Hilfe!“
Es war ein starker Zauber, schließlich war es Thunas Sternenstaub gepaart mit Grohanns Was-auch-immer-Zauber, und er bewirkte, dass eine Vielzahl Erscheinungen entstand, die in verrückter Geschwindigkeit in alle Richtungen wuchsen, sprangen und flogen. Ein grün leuchtender Hirsch bäumte sich auf und rannte fast in Lebensgröße davon.
„Mein Staub!“, rief Thuna entsetzt. „Ich hatte kaum noch
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