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Feuerscherben

Feuerscherben

Titel: Feuerscherben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmine Cresswell
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zerschlagen. Als er sich wieder umdrehte, stand Claire immer noch an der Wand, wo er sie verlassen hatte. Im unbarmherzigen Deckenlicht ihres Ateliers bemerkte er die tiefen Schatten unter ihren Augen. So müde er war, sie musste sich noch tausendmal elender fühlen. Trotz aller Tapferkeit war es ihr gewiss nicht leicht gefallen, mit anzusehen, wie ihr Vater vor Millionen von Zuschauern gedemütigt wurde.
    »Wir müssen miteinander reden«, sagte Ben freundlich. »Aber du bist furchtbar erschöpft. Vielleicht solltest du dich Heber auf das Sofa setzen.«
    Sie sah ihn mit einem Anflug ihres alten Dianna-Spotts an. »Spiel jetzt nicht den Beschützer, Ben. Nur weil ich zugegeben habe, Claire Campbell zu sein, setzt mein Verstand nicht aus. Ich habe gesagt, dass Andrew mich umbringen wollte, weil es die reine Wahrheit ist. Auf einem bequemen Sofa zu sitzen, ändert nichts an der Tatsache, und wenn du es dir noch so wünschst.«
    Ich habe es tatsächlich auf die Beschützerart versucht, gab Ben zu. Dabei hätte ich wissen müssen, dass Claire mich sofort durchschauen würde. »Du hast Recht«, sagte er. »Ich begriff einfach nicht, was du mir sagen wolltest. Deshalb kam ich zu dem Schluss, dass du müde und durcheinander sein müsstest.
    Tut mir leid.«
    »Verdammt, Ben. Musst du jedes Mal so vernünftig reagieren, wenn es mir gerade Spaß bereitet, böse auf dich zu sein?«
    Claire sieht ausgesprochen liebenswert aus, wenn sie wütend ist, dachte Ben. Aber er würde sich hüten, es laut auszusprechen. Er setzte sich auf einen Hocker und sah sie so gleichmütig wie möglich an. »Erklär mir bitte noch einmal, weshalb du glaubst, dass Andrew dich umbringen will«, bat er. Noch während er die Worte aussprach, merkte er, wie absurd, ja unsinnig sie klangen. »Es will mir nicht in den Kopf, Claire. Und das ist die reine Wahrheit. Ich hätte meinen letzten Dollar darauf gewettet, dass Andrew niemals eines Mordes fähig wäre.«
    »Die Wette hättest du verloren«, antwortete sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe solch eine Achtung vor diesem Mann, dass mein Gehirn einfach abschaltet, wenn du solch eine Beschuldigung erhebst. Andrew ist mein Arbeitgeber. Aber in gewisser Weise ist er wie ein zweiter Vater zu mir.«
    »Ich habe ihn auch geliebt«, antwortete Claire leise und hielt erschrocken inne. Sie schob ihr Haar aus der Stirn und sah Ben trotzig an. »Andrews Motive haben nichts Geheimnisvolles«, erklärte sie. »Er kann mich nicht ausstehen, weil ich nicht seine Tochter bin.«
    »Wie kommst du auf die Idee, dass du nicht sein Kind bist?« Normalerweise erkannte Ben eine Familienähnlichkeit nicht sofort. Aber in diesem Fall hatte sogar er festgestellt, dass Claire die gleiche Nase, die gleiche Stirn und die gleichen hohen Wangenknochen wie Andrew hatte. »Die Ähnlichkeit zwischen euch ist unübersehbar.«
    »Wieso nicht?«, sagte sie unnatürlich forsch. »Solche Ähnlichkeiten gibt es häufig innerhalb einer Familie. Mein Vater war Douglas Campbell, Andrews Bruder.«
    Mein Vater war Douglas Campbell … Die Worte drangen nur langsam in Bens Bewusstsein. Dann wurde ihm plötzlich alles klar.
    Douglas Campbell war Claire’s Vater.
    »Woher weißt du das?«, fragte er. »Hat Evelyn es dir erzählt? Oder Andrew? Douglas litt an Leukämie. Er muss schon todkrank gewesen sein, als du geboren wurdest. Von ihm kannst du es nicht erfahren haben. Du warst bei seinem Tod noch ein Kleinkind.«
    Ben merkte, dass sie den Grund für seine Fragen missverstand. Aus seinen hastig hervorgestoßenen Worten schloss sie, dass er ihr nicht glaubte und dringend nach Einzelheiten suchte, um ihr die Unwahrheit zu beweisen.
    »Es gibt keinen Irrtum, Ben. Ich war siebzehn, als ich erfuhr, wer mein leiblicher Vater ist. Die Quelle war einwandfrei. Selbstverständlich habe ich weder mit Andrew noch mit Evelyn darüber gesprochen.«
    »Weshalb nicht?«
    »Weshalb nicht?« Claire sah ihn ungläubig an. »Du triffst doch regelmäßig mit Evelyn zusammen und musst wissen, was für eine Fassade sie der Welt präsentiert.«
    »Cool und beherrscht«, stimmte Ben ihr zu. »Aber sie ist deine Mutter.«
    »Ich versichere dir, sie war mir gegenüber nie zugänglicher als gegenüber dem Rest der Welt.« Ihre Stimme brach beinahe, und sie runzelte kurz die Stirn. Wie üblich, ärgerte sie sich, wenn sie ihre Gefühle zeigte.
    Armes Mädchen, dachte Ben plötzlich. Sieben lange Jahre hat sie sich bemüht, nicht zu empfinden, was sie gern empfinden

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