Feuerscherben
sie nicht noch einmal zustoßen konnte. »Willst du nicht lieber eine andere Möglichkeit wählen, diesen Streit zu beenden?«
Statt einer Antwort ballte sie die Hände und schwang sie wie wild auf sein Kinn. Ben verteidigte sich, indem er ihre Fäuste über ihrem Kopf festhielt und Dianna noch enger an die Wand drängte. Von den Knien bis zur Brust presste er seinen Körper an sie. Dianna spürte seine harte Erregung und erkannte plötzlich, dass unter ihrem Zorn ein ganz ähnliches sexuelles Verlangen pochte. Entsetzt begann sie zu keuchen. Im selben Moment rührte Ben sich nicht mehr.
Dianna schloss die Augen und wusste nicht mehr ein noch aus angesichts der Begierde, die sie plötzlich erfasste. Deshalb habe ich diesen Streit heraufbeschworen, erkannte sie. Ich wollte meine Verzweiflung in einem heißen, alles verzehrenden Liebesakt ertränken. Sie hätte wissen müssen, dass Ben sich nicht in die Rolle eines Vergewaltigers drängen ließ. Ein Mann wie er gab ihr nicht die Möglichkeit, ihr Gefühlschaos in einem wilden Gerangel auf dem Bett auszutoben. Zitternd holte sie Luft und merkte, dass ihr Zorn langsam nachließ.
»Du kannst mich jetzt loslassen«, sagte sie.
Ben lockerte seinen Griff ein wenig. »Versprichst du, nichts nach mir zu werfen? Deine Schalen sind viel zu schön, um zerschmettert zu werden.« Ihr Atem ging jetzt etwas ruhiger. »Ich werde nichts nach dir werfen«, sagte sie. »Ich werde nicht einmal versuchen, dich zu ohrfeigen.«
Ben lächelte unmerklich. »Ich glaube, unsere Beziehung nimmt eine dramatische Wendung zum Besseren«, stellte er fest. Er ließ sie los und sah argwöhnisch zu, wie sie die Hände die Wand hinabgleiten und seitlich fallen ließ. Als sie sich nicht rührte, strich er ihr das Haar aus der Stirn und sah sie zärtlich an. »Also gut«, sagte er. »Es ist an der Zeit, dass wir miteinander reden. Sag mir, weshalb du glaubst, dass Andrew Campbell dich töten will.« Der Schmerz in ihrem Hals wollte nicht weggehen. Trotzdem war Dianna seltsam erleichtert, dass sie endlich jemand die Wahrheit erzählen konnte. »Weil ich nicht seine Tochter bin«, antwortete sie. »Und weil mein leiblicher Vater mir bei seinem Tod sein ganzes Vermögen hinterlassen hat.«
13. KAPITEL
Ben wollte nicht hören, was Claire erzählte. Wie ein eisiger Wind gingen ihre Worte über ihn hinweg. Er war viel zu erschöpft, um sich zwischen all den Einzelheiten zurechtzufinden, die nicht zusammenzupassen schienen. Aber zwei Dinge waren ihm klar. Claire glaubte tatsächlich, dass Andrew Campbell ein Mörder war, und er, Ben, mochte nicht darüber nachdenken, ob sie Recht haben könnte.
Sie hatte schon früher erwähnt, dass sie den Verdacht hege, Andrew wollte sie umbringen. Doch er, Ben, hatte die Beschuldigung nicht ernst genommen. Er arbeitete seit sechs Jahren mit diesem Mann zusammen und war zu neunundneunzig Prozent mit seiner Stellung zufrieden. Natürlich war sein Chef auch nur ein Mensch und nicht absolut vollkommen. Aber Andrew war intelligent und ein unermüdlicher Arbeiter. Er besaß einen gewissen Sinn für Humor und tolerierte menschliche Schwächen.
Bisher hätte Ben schwören können, dass Andrew moralisch unantastbar wäre, obwohl er die Beziehung seines Chefs zu Evelyn etwas seltsam fand – milde ausgedrückt. Die Enthüllungen in Steve Sternes heutigem Politmagazin hatten das Festhalten der beiden an dieser Ehe nicht verständlicher gemacht. Hatte Evelyn gewusst, dass ihr Mann schwul war? Gab es noch mehr Liebhaber, die nur darauf warteten, aus ihrem Versteck zu kriechen und sich in einer bundesweiten Fernsehshow erkennen zu geben?
Ben wollte keine Vermutungen anstellen. Wegen seiner eigenen gescheiterten Ehe hatte er Andrew immer als eine Art Leidensgenossen betrachtet. Wenn Cheryl, seine Exfrau, ein Baby erwartet hätte, wären sie vermutlich wegen des Kindes zusammengeblieben, und ihre Ehe wäre zu einer ebenso hohlen Schale verkommen wie Andrews Beziehung mit Evelyn. Evelyn war sechs Monate jünger als er gewesen, aber zehn Jahre reifer in ihrer Entwicklung. Je weiter seine Scheidung zurücklag, desto mehr erkannte er, dass er Cheryl unendlich dankbar sein musste, dass sie die Ehe beendet hatte, bevor einer von ihnen zu stark verletzt werden konnte.
Ben ging zum Spülbecken hinüber und sprengte sich kaltes Wasser ins Gesicht. Es ist zwei Uhr morgens, stellte er mit einem Blick auf seine Armbanduhr fest. Er war seit fünf Uhr auf den Beinen und fühlte sich wie
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