Feuerscherben
die Frage: Würde ich einen Kinnhaken bekommen, wenn ich dich jetzt küsse? Darauf scheint es jedes Mal hinauszulaufen.«
Sie sah zu ihm auf, und ihre Augen funkelten vergnügt.
»Probier es doch einmal aus.«
Ben fasste sie um die Taille und streifte vielversprechend ihren Mund.
Claire schmiegte sich an ihn und öffnete einladend die Lippen. »Bitte, hebe mich«., flüsterte sie.
Schlagartig verflog Bens Müdigkeit, und neues Verlangen durchströmte seine Lenden. Leidenschaftlich presste er die Lippen auf Claires Mund und küsste sie heiß und verzehrend.
»O Claire … Claire.«
Sie strich mit den Händen über seinen Rücken und klammerte sich fieberhaft an ihn. »Ja, Ben … Ja!«
Entschlossen hob er sie auf die Arme und trug sie ins Schlafzimmer. Was soll’s, dachte er und schlug die Tür mit dem Absatz hinter sich zu. Er hatte immer schon einmal Clark Gable spielen wollen.
Später lagen Claire und er in einem Stadium irgendwo zwischen Tag und Traum da, und Ben merkte, dass ihm jene verbotenen Wörter schon wieder in den Sinn kamen.
Verpflichtung – langfristige Beziehung … Einen Moment wagte sich sogar das Wort Liebe hinter der Barrikade hervor, bevor es erschrocken wieder verschwand.
Das Schlimmste ist, dass ich diese Wörter inzwischen erstaunlich reizvoll finde, überlegte Ben. Claire … Beziehung … Verpflichtung … Je öfter er sie stumm vor sich hin sprach, desto besser klangen sie.
Claire. Liebe. Ehe.
Der Gedanke erschreckte ihn keineswegs. Befriedigt schloss er die Augen.
14. KAPITEL
Nachdem sie beinahe fünf Jahre ihren richtigen Namen aus dem Bewusstsein verbannt hatte, versuchte Claire, sich wieder an ihr altes Ich zu gewöhnen. Vor dem vertrauten Apartmenthaus in der New Yorker Madison Avenue bezahlte sie den Taxifahrer und betrat das Gebäude. Der Pförtner war neu und kannte sie nicht.
»Kann ich Ihnen helfen, Miss?«
»Ich bin Claire Campbell.« Zum ersten Mal sprach sie den Namen ohne zu zögern aus und wunderte sich selber darüber. »Ich möchte meine Mutter besuchen, Mrs. Evelyn Campbell.«
»Ja, Miss. Bitte warten Sie einen Moment. Ich melde Sie an.« Der Mann betrachtete sie misstrauisch. Vielleicht hält er mich für eine Schwindlerin, dachte Claire mit kläglichem Humor. Sie ging zum Fahrstuhl und wartete, während er seinen Anruf machte.
»Sie können nach oben fahren, Miss. Das Penthouse.« Er drückte auf einen Knopf an seinem Pult, und die Fahrstuhltüren glitten auseinander. Claire trat ein und spürte die bohrenden Blicke des Pförtners im Rücken. Der Teppich auf dem Boden verkündete, dass es Mittwoch war.
Der Fahrstuhl erreichte den achten und letzten Stock und blieb stehen. Claire stählte sich innerlich und machte sich auf das Schlimmste gefasst. Doch als sich die Türen öffneten, erkannte sie, dass ihre Sorgen unbegründet waren. Evelyn war nirgends zu sehen. Statt der Mutter erwartete sie eine sehr liebe, vertraute Gestalt in der Diele.
»Bainbridge!« Strahlend eilte Claire auf den Butler zu und umarmte ihn, bevor sie ihre spontane Freude zügeln konnte. »Ich freue mich wahnsinnig, Sie wiederzusehen. Sie sehen großartig aus!«
Der Butler zerschmolz zwar nicht wie Butter an der Sonne, aber die Rührung war ihm deutlich anzumerken. Seine Wangen röteten sich, und seine Augen wurden feucht. Er räusperte sich mehrmals, bevor er zu sprechen wagte. »Welch ein Glück, dass Sie zurück sind. Willkommen zu Hause, Claire. Wir haben Sie schrecklich vermisst.«
Er vergaß seine Würde einen Moment, umarmte sie ebenfalls und tätschelte ihren Rücken. Dabei machte er kleine schnalzende Geräusche, die Claire ausgesprochen liebenswert fand.
Sie zog ein Taschentuch hervor und schnauzte sich die Nase. »Es ist schön, wieder zu Hause zu sein.« Das war die reine Wahrheit. Wie habe ich so lange fortbleiben können?, fragte sie sich. Weshalb habe ich mich durch Andrew von so vielen Menschen trennen lassen, die ich Hebe?
Mit neuer Zuversicht hakte Claire sich bei dem Butler ein und folgte ihm in die Wohnung. Bereitwillig bewunderte sie die kleinen Veränderungen in der Einrichtung, auf die er sie aufmerksam machte.
»Ihre Mutter wird sofort herunterkommen«, sagte er, als sie das Wohnzimmer erreicht hatten.
»Äh … Ja, gut. Es hat keine Eile. Ich habe so lange auf diesen … « Ihre Stimme ging in einen nervösen Schluckauf über. Im Grunde war es ihr egal, wie lange Evelyn auf sich warten ließ. Die Begegnung mit der Mutter würde sicher nicht so
Weitere Kostenlose Bücher