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Feuerscherben

Feuerscherben

Titel: Feuerscherben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmine Cresswell
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gefüllt, und die Laken bestanden aus feinstem Leinen und waren an den Rändern mit einem Muschelmuster bestickt. Die Klimaanlage summte laut genug, um Hals ärgerliches Schnarchen zu übertönen.
    Einen friedlichen Moment schwebte Dianna zwischen Wachsein und Schlaf und konnte nicht mehr zwischen Tag und Traum unterscheiden. Als sich jemand im Haus bewegte, war sie dem Schlaf zu nahe und bezog das Geräusch in ihren Traum ein. Ihre Eltern kamen von einer Party nach Hause. Ihr Vater öffnete die Tür zu ihrem Zimmer, trat lautlos zu ihr und gab ihr schweigend einen Gutenachtkuss. Befriedigt glitt Dianna tiefer in den Traum.
    Schlagartig änderte sich das Bild, und sie wurde in einen der schrecklichsten Albträume katapultiert, den sie je erlebt hatte. Es roch nach Rauch, und sie hörte das Knistern von brennendem Holz. Vor ihrem inneren Auge sah sie, wie die Flammen auf das Gästehaus übergriffen und sich gierig in das Bauwerk fraßen.
    Verzweifelt wehrte sich Dianna gegen den Albtraum. Nie wieder, hatte sie sich nach zweijähriger intensiver Therapie geschworen. Die entsetzlichen Erinnerungen durften auf keinen Fall noch einmal die Herrschaft über ihre Nächte übernehmen.
    Ihr Kopf war schwer, und ihre Augen wollten sich nicht öffnen. Doch der Psychologe hatte ihr beigebracht, wie sie trotzdem wach werden konnte. Unbarmherzig drang Dianna in ihren Traum ein. Sie richtete ihren widerstrebenden Oberkörper auf, stieg aus dem Bett und taumelte über den Teppichboden ins Bad.
    Sie ließ sich nur von ihrem Instinkt leiten und wich den Möbeln aus, obwohl sie die Lider immer noch geschlossen hatte. Sie tastete nach dem Waschbecken, drehte beide Hähne auf und spritzte sich lauwarmes Wasser ins Gesicht. »Wach auf«, murmelte sie mit belegter Stimme. »Wach endlich auf.«
    Das Wasser rieselte ihre Wangen und ihr Kinn hinab und durchnässte den Ausschnitt ihres T-Shirts. Der Rauchgeruch wurde immer stärker, und sie spürte einen leichten Brechreiz. Weshalb ließ der Traum nicht nach? Dianna kniff sich in die Wange und sah im Spiegel, wie die Farbe kam und ging. Das war ein gutes Zeichen. Endlich war sie einigermaßen wach. Aber weshalb drehte sich ihr der Magen, als müsste sie sich jeden Moment übergeben? Weshalb waren ihre Lider immer noch so schwer?
    Erschrocken riss Dianna die Augen auf und wich entsetzt zurück. Ihr Herz hämmerte derart, dass ihr Atem stoßweise kam. Sie betrachtete ihr geisterhaftes Spiegelbild und erkannte plötzlich, dass sie durch einen leichten Schleier blickte. Du Hebe Güte, der Rauchgeruch gehörte nicht zu ihrem Albtraum. Sie träumte gar nicht. Sie hörte das Zischen und Knacken tatsächlich. Es brannte!
    Dianna rannte ins Wohnzimmer, woher das bedrohliche Geräusch kam. Die Haustür war hinter dichten Rauchschwaden verschwunden, und die Flammen leckten bereits am Teppichboden. Einen Moment starrte Dianna wie gebannt auf das Feuer. Die chemischen Dämpfe, die von dem brennenden Teppich freigesetzt wurden, stiegen ihr in die Nase. Sie mischten sich mit dem stechenden Geruch von Benzin und erinnerten sie an eine andere Zeit, einen anderen Ort und ein anderes Feuer. Unter Aufbietung aller Willenskräfte drehte sie sich um und eilte in Hals Zimmer.
    Es war unglaublich, der Kerl schnarchte noch immer. Sein Mund war zu einem einfältigen Lächeln verzogen. Selbst im Schlaf sah Hal aufreizend selbstgefällig aus. Die Verärgerung über seinen Anblick brachte Dianna in die Wirklichkeit zurück. Beruhige dich, forderte sie sich auf. Dies ist nur ein kleiner Brand in einem Gästehaus in Florida, sonst nichts.
    Sie packte Hals Schultern und schüttelte sie heftig. »Wach auf, Hal. Zum Teufel, wach auf!«
    Er schnarchte weiter und drehte sich auf die Seite. Sie schlug ihm ins Gesicht. Ihr Herz hämmerte wie wild, und ihr Körper war eiskalt vor Angst. »Verdammt, wach endlich auf. Wir müssen dringend raus.«
    Benommen öffnete er die Lider. »Was ist denn los? Was hast du? Kann der gute Hal etwas für dich tun?«
    »Das Gästehaus brennt.« Ihre Erleichterung darüber, dass Hal endlich wach war, verwandelte sich rasch in Wut über seine Begriffsstutzigkeit. Sie zog ihm die Bettdecke weg und warf ihm einen Morgenrock zu. »Steh auf, du Idiot. Wir müssen schleunigst raus.«
    Entsetzt fuhr Hal in die Höhe. »Es brennt? Das verdammte Haus brennt?« Er sprang aus dem Bett, stolperte über den Morgenrock, griff nach seiner Brieftasche auf dem Nachttisch und eilte zur Tür.
    »Nicht in die Richtung.«

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