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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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gleichsam fliegen, ohne dabei sehen zu können, ob ihnen in der nächsten Kurve ein anderer entgegenkäme.
    »Du bist der einzige Unsterbliche hier. Vergiss das nicht«, rief sie ihm laut zu, um den Fahrtwind zu übertönen. Ein Fehler, denn nun sah er zu allem Übel zu ihr herüber und nicht mehr auf die Straße.
    »Da wäre ich mir nicht so sicher, wollen wir es herausfinden?«
    »Sehr witzig. Sieh nach vorn, um Himmels willen.« Immerhin hatte er es vor weniger als einer Woche für nötig gehalten, ihren Sturz aus den Wolken rechtzeitig zu beenden, bevor seine Theorie getestet werden konnte, und sie fühlte sich nicht die Spur unverletzlich.
    Lucian lachte. Da passierte es. Ein Jeep tauchte wie aus dem Nichts vor ihnen auf. Der Fahrer reagierte zum Glück geistesgegenwärtig und wich in die Bucht am Straßenrand aus, die allerdings für weniger stürmische Manöver gemacht war. Er bremste scharf und rutschte über den Schotter direkt auf einen Wegweiser zu. Kurz davor kam er zu stehen. Mila stieß einen kleinen Schrei aus. Gerade noch konnte sie sehen, wie der Mann ihnen einen Vogel zeigte, und schon waren sie haarscharf zwischen dem halb gedrehten Jeep und der Steinmauer zur Linken hindurchgeschossen. »Lucian!«
    Endlich drosselte er die Geschwindigkeit. »Es ist fast wie fliegen.« Lachend legte er einen Arm um ihre Schulter. »Ich dachte, das würde dir gefallen?«
    »Vielleicht sollte ich mir die Sache mit dem Fliegen doch noch einmal überlegen. Sie scheint mir nicht bekömmlich zu sein.« Theatralisch legte sie eine Hand auf ihren Magen. Doch sie wusste, dass ihr Gesicht leuchtete, als sie zu ihm aufsah. Der Adrenalinschub hatte ihr auf eine ausgesprochen beunruhigende Weise gutgetan, und sie fühlte sich so wohl wie lange nicht mehr.
    Um sich auf der Gesundheit zuträglichere Gedanken zu bringen, sagte sie: »Eigenartig. Je weiter ich mich von Stanmore entferne, desto besser fühle ich mich. Das war schon beim letzten Mal so. Es kommt mir beinahe vor, als würde mir jemand eine große Last von den Schultern nehmen.«
    Den Blick, den Lucian ihr zuwarf, konnte sie nicht so recht einordnen. Gab es womöglich einen Grund für das Unbehagen, das sie hin und wieder in Stanmore erfasste, und wusste er davon, oder hielt er sie einfach nur für überspannt? Eine Erklärung gab er nicht, und Mila wollte sich die gute Stimmung nicht mit finsteren Überlegungen verderben, also schwieg sie ebenfalls und betrachtete stattdessen die traumhafte Landschaft.
    Kurz darauf passierten sie ein Hinweisschild, und wenige Meter später bog er von der Straße ab und folgte dem schmalen Weg durch ein Waldstück, den auch Mila schon einmal gefahren war. Je näher sie dem Flugplatz kamen, desto stärker machte sich das eben noch glücklich verloren geglaubte Unbehagen in ihr breit. Das Kribbeln im Magen hatte sie vorhin bei ihrer wilden Fahrt durchaus genossen, aber nun war es nicht mehr angenehm, sondern vielmehr Anzeichen für eine Mischung aus Furcht und Vorahnung.
    »Da sind wir.« Lucian ließ nicht erkennen, ob er Ähnliches spürte. Schwungvoll lenkte er den MG auf einen nahezu leeren Parkplatz vor dem flachen Flughafengebäude. Auf dem Rollfeld machte sich zwar gerade eine viersitzige Maschine zum Start bereit, aber Menschen sahen sie keine. Es war offensichtlich ein ruhiger Tag. Sie parkten direkt neben Anthonys Auto.
    Mila war froh, dass sie daran gedacht hatte, das Verdeck zu schließen, denn in den letzten Tagen war das Wetter wechselhaft gewesen, und der Regen hätte bestimmt die neu bezogenen Ledersitze ruiniert, die Anthonys ganzer Stolz waren. Ihr Blick fiel auf einen alten Pick-up, der die Aufschrift der Fallschirmspringer-Schule trug.
    »Das ist sicher Micks Auto«, sie zeigte auf den Wagen, »dann muss er ja hier sein.«
    An der Bürotür hing allerdings ein Schild, auf dem Geschlossen! stand.
    »Eventuell ist er drüben in der Halle.« Mila schlug vor, dort nachzusehen, und tatsächlich fanden sie eine angelehnte Seitentür. Gerade wollte sie nach der Klinke greifen, da hielt Lucian sie zurück.
    Warte! Da stimmt etwas nicht. Lass mich vorgehen.
    Immerhin versuchte er nicht, sie zum Auto zurückzuschicken. Also signalisierte sie, dass er vorangehen sollte. Mila würde ihm Rückendeckung geben.
    Der Hangar war unbeleuchtet, und die Sonnenstrahlen, die durch die trüben Scheiben fielen, fanden ihren Weg kaum bis zum Dach der kleinen Sportmaschine, die bei ihrem letzten Besuch draußen gestanden hatte.
    Lautlos folgte

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