Feuerschwingen
sich noch bis vor Kurzem eine gemeinsame Zukunft hatte vorstellen können.
»Müssen wir unbedingt hier reden?« Sie sah sich um. »Das Haus, es …« Weil sie nicht wusste, wie sie das ungute Gefühl beschreiben sollte, das sie jedes Mal befiel, sobald sie Stanmore House betrat, beendete sie den Satz mit einer hilflosen Geste. »Es ist seltsam hier.«
Wortlos sah er sie an, und sein Blick bekam etwas eigentümlich Starres, fast so, als wollte er sie hypnotisieren. Doch mehr als eine leichte Irritation löste er nicht aus. Ihre innere Festung stand, und nichts durchdrang sie. Das Amulett um Milas Hals allerdings fühlte sich wärmer an, als würde es sich ihr in Erinnerung bringen wollen. Dennoch, fand sie, gäbe es keinen Grund, Lucian zu behelligen. Dieses Gespräch konnte sie auch sehr gut ohne seine Unterstützung führen. Rückgrat zu zeigen, auch in einer so ungemütlichen Situation, das war sie nicht nur Anthony schuldig, sondern vor allem sich selbst.
»Dann lass uns draußen weiterreden.« Er griff nach ihrem Handgelenk. »Nun, komm.«
»Hey! Was soll das?«
Zu überrascht, um sich ernsthaft zur Wehr zu setzen, ließ sie es zu, dass er sie durch die französischen Fenster über die Terrasse in den Garten hinausführte, wo er erst hinter einer hohen, frisch geschnittenen Hecke Halt machte.
»Du wolltest dich nicht im Haus unterhalten, also bitte: Hier sind wir.«
»Was ist dein Problem? Du kannst die Leute nicht herumkommandieren, wie du gerade Lust hast. Schon gar nicht deine Freunde!« Leise sagte sie: »Wir sind doch Freunde, Anthony?«
»Das habe ich bisher geglaubt. Aber seit dieser Journalist hier aufgetaucht ist, hat sich eine Menge verändert, oder?«
»Es liegt nicht an Mr. Shaley.« Wie sollte sie ihm erklären, was mit ihr geschehen war, ohne sich selbst zu verraten? »Ich habe nachgedacht …«
»Und?«
»… und bin zu dem Ergebnis gelangt, dass wir keine gemeinsame Zukunft haben. Nein, lass mich ausreden!«, sagte sie hastig, als er den Mund öffnete, um etwas zu entgegnen. »Du und ich, wir sind zu unterschiedlich. Seitdem wir aus London hierhergekommen sind, wirkst du ständig gereizt. Und außerdem verbringst du nach meinem Geschmack viel zu viel Zeit mit deiner Chefin. Kann sein, dass es sich Lord Hubert gefallen lässt, dass seine Frau jedem Mann hinterhersteigt. Wenn ich jemandem mein Herz und meine Seel…«, hier stockte sie. »Ich komme damit nicht zurecht.«
» Du bist eifersüchtig? Mit welchem Recht eigentlich, frage ich mich. Mehr als einen Kuss hast du mir nie erlaubt, und kaum bin ich für ein paar Tage geschäftlich unterwegs, lädst du diese nutzlose Adelsclique ein, um mit ihnen zu feiern. Damit nicht genug, beherbergst du auch noch einen vollkommen fremden Mann im Cottage, während sich Florence anderweitig amüsiert. Das gesamte Personal tratscht über dich, ist dir das klar?«
Hundertprozentig rein war ihr Gewissen nicht. Es war sehr freundlich von den Dorchesters, sie im Cottage wohnen zu lassen. Ungefragt Gäste einzuladen, war in der Tat kein gutes Benehmen. »Mit Sebastian und seiner Clique habe ich überhaupt nichts zu tun. Ich habe dir schon mal gesagt, dass sie uns einfach überrumpelt haben. Was sollte ich denn machen? Sie rausschmeißen?«
»Warum nicht?«
»Ich wollte keinen Ärger. Und wenn du so gut informiert bist, dann weißt du sicherlich auch, dass Sebastian aus London wegmusste, weil es sein Vater so wollte.«
»Über diesen Idioten möchte ich jetzt wirklich nicht diskutieren, und um ihn geht es auch nicht, wie du sehr genau weißt.«
»Ja, ich habe schon verstanden, worum es geht. Du bist eifersüchtig. Das sollte mir vermutlich schmeicheln, aber irgendwie wirkt die Sache schal, wenn ich an Margaret denke. Anthony, sag mir eines: Hat sie dich auf irgendeine Weise in der Hand?«
Zuerst sah er sie nur ratlos an, dann begannen seine Augen merkwürdig zu leuchten, und Mila machte sich schon auf alles Mögliche gefasst. Mit diesem höhnischen Lachen hatte sie allerdings nicht gerechnet.
»Sie? Mich? Ja klar, hältst du mich für einen vollkommenen Idioten?«
»Keineswegs.« Als sie den Blick hob, um ihn anzusehen, hatte sie Mühe, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Seine Pupillen konnte sie kaum noch sehen, so dunkel waren seine Augen geworden.
»Immerhin.« Ganz plötzlich wechselte er das Thema. »Erzähl mir von diesem Shaley. Was hängt der hier eigentlich immer noch rum?« Auch seine Stimme war sehr viel dunkler geworden und
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