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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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erkennen. Anthony ahnte nicht einmal, dass es nicht der echte Castellucci war, der seinen Koffer in der Halle von Stanmore House abstellte.
    Margaret hatte ihre Gedanken immer noch nicht unter Kontrolle. Lüstern taxierte sie ihn, fest entschlossen, diesen Leckerbissen nicht ihren seelenhungrigen Kolleginnen zu überlassen.
    Allmählich fragte sich Lucian, wie verzweifelt jemand sein musste, um ausgerechnet sie mit einer doch offenbar wichtigen Aufgabe zu betrauen.
    »Bellissima.« Er verbeugte sich und zwinkerte ihr dabei so unverschämt zu, dass Lord Hubert rot anlief. Im Weggehen hörte er deutlich Anthonys Stimme. »Ich dachte, der ist schwul?«
    »Nicht, wenn ich ihn mir vornehme.«
    Die Frau hat wirklich einen Knall , dachte Lucian und empfand dabei beinahe Mitleid mit ihrem Ehemann, der hoch aufgerichtet auf die nächsten Ankömmlinge wartete und vorgab, nichts von dem Getuschel zu hören.
    Er hatte eine ziemlich genaue Vorstellung, wie das Wochenende ablaufen sollte. Die Männer würden essen, trinken, Zigarren rauchen und es genießen, in entspannter Runde über ihre Interessen zu sprechen. Ein Vertreter der gastgebenden Partei, idealerweise jemand, den sie kannten und dem sie vertrauten, würde das Gespräch in gewisse Bahnen lenken. Am folgenden Tag gäbe es gesellige Unterhaltung, bei der es an Damen und bei Bedarf natürlich auch Herren nicht fehlte. Jeder der Gäste hätte die Gelegenheit, seinen ganz persönlichen Freizeitbeschäftigungen nachzugehen. Tontaubenschießen, ein Ausritt oder eine Kutschfahrt, angenehmes Nichtstun oder Sex. Und wer für Sex nicht zu haben war, den würde man am Ende mit irgendetwas anderem erpressen können. Sei es ein Gang in die Sauna, der Genuss illegaler Drogen oder vielleicht ein verbotenes Jagdabenteuer.
    Während das neue Zimmermädchen ihn in sein Apartment brachte, überlegte er, welche Sünde man sich für ihn ausgedacht hatte. Die Kleine bot zweifellos einen appetitlichen Anblick, doch sie war durch und durch menschlich und wirkte nicht, als hätte sie vor, ihr Gehalt an diesem Wochenende durch horizontale Nebenverdienste aufzustocken. Mit einem großzügigen Trinkgeld entließ er sie.
    Sein Zimmer hatte keinen Parkblick. Der europäische Abgeordnete, in dessen Rolle er geschlüpft war, gehörte nicht zu den wichtigen Gästen, obwohl man davon ausging, dass er schon bald seinen auf so rätselhafte Weise aus dem Leben gegangenen Kollegen ersetzen würde. Doch weder war seine Ernennung beschlossene Sache, noch wusste man viel über seine Schwächen und Leidenschaften. Dass er sich für ein Europa unter einer starken Führungsnation ausgesprochen hatte, war bekannt. Ansonsten war Leonardo Castellucci ein weitgehend unbeschriebenes Blatt.
    Lucian lächelte und sah zum Fenster hinaus. Es war später Nachmittag, und er blickte auf eine bemerkenswerte Ansammlung kostspieliger Limousinen hinab. Dieses Bild dürfte seine Lordschaft nicht erfreuen, hatte er doch auch Lucian noch kürzlich ausrichten lassen, der Herr Journalist möge doch freundlichst sein Gefährt auf dem Personalparkplatz abstellen.
    Der Lord Hubert, dem er eine Stunde später zuhörte, wie er seine Gäste begrüßte, wirkte weniger manieriert. Mit knappen Worten hieß er sie willkommen, während im Hintergrund der Blick auf die gedeckte Tafel frei wurde. Er erwarte einen millionenschweren russischen Industriellen, der am nächsten Tag aus Aberdeen kommen würde, erfuhren sie. Männer von Rang und Einfluss hatten sich hier versammelt: Abgeordnete der beiden großen Parteien, Lords aus dem Oberhaus, ein Bankvorstand, der chinesische Botschaftsangehörige, von dem jeder wusste, dass er den hiesigen Geheimdienst seines Landes leitete, ein brasilianischer Unternehmer.
    Der geladene Kirchenmann sowie ein weiterer Vertreter der Finanzwelt fehlten noch, was die überzähligen Plätze an der Tafel erklärte. Die Herren seien, verkündete der Butler, soeben eingetroffen und gesellten sich in Kürze zu ihnen.
    Der irische Minister an seiner Seite beugte sich zu ihm herüber: »Traurige Gesellschaft hier, finden Sie nicht auch, Leo? Unser frisch vermählter Hubsie hätte seine Gattin fortschicken und ein paar Damen einladen sollen.« Er zwinkerte Lucian zu. »Oder so.«
    Der erwiderte das vertrauliche Grinsen nur schwach. Er hatte, wie einige andere, die Sitzordnung inspiziert und dachte, dass es kein Zufall sein konnte, später beim Dinner ausgerechnet diesen überraschend jungen, nicht unattraktiven Minister an

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