Feuerschwingen
es anders , dachte Mila und tastete nach dem Amulett. Dieses Detail würde sie allerdings für sich behalten, und momentan funktionierte ja nicht einmal diese Verbindung zwischen ihnen.
Sie hatte bereits den Mund geöffnet, um zu fragen, wie Juna so sicher darin geworden war, die Gefühle anderer zu lesen , als eine silberhelle Melodie erklang. »Mein Handy!« Sie sprang auf, sah sich nach ihrer Handtasche um, doch bevor sie ihr Telefon fand, verstummte das Läuten.
Sechs Nachrichten. Alle von Anthony. In den ersten beiden klang er besorgt, weil sie nicht wie verabredet erschienen war. Dann wurde er zunehmend wütender, verlangte eine Erklärung, warum sie ihn einfach abserviert hatte. Lucian erwähnte er mit keinem Wort. Du kannst dich nicht vor mir verstecken, ich finde dich! Ein eisiger Schauer lief ihr über den Rücken. In seiner Stimme glaubte sie mehr als verletzte Eitelkeit gehört zu haben. Mit klopfendem Herzen hörte sie die jüngste Nachricht ab, die gerade hereingekommen war. Sie war von Ben. Ihn und das tragische Schicksal seines Bruders hatte sie beinahe vergessen. Mit zittrigen Händen hielt sie das Telefon ans Ohr.
Mila, Konstantin ist tot. Er wollte ohne sie nicht mehr leben, schreibt er in seinem Abschiedsbrief. Aber Mila, es war jemand bei ihm und hat seine Sachen durchwühlt.
Er hatte sich in letzter Zeit so ein merkwürdiges Ordnungssystem ausgedacht. Als ich heute sein Zimmer ausgeräumt habe, war alles durcheinander. Du erinnerst dich doch an die Fotos, die ich dir gezeigt habe? Es gab noch eines von ihm und dieser Teufelin. Es ist verschwunden. Die Klinik streitet natürlich alles ab.
Bens Stimme klang gebrochen, als er weitersprach.
Du bist die Einzige, die mir geglaubt hat. Deshalb warne ich dich: Geh nicht zu diesem Gartenfest!
Ein Rauschen war zu hören.
Das wird ein großartiges Feuerwerk , hörte sie ihn lachen. Geh um Mitternacht zum Leuchtturm. Von dort dürftest du einen erstklassigen Blick haben.
Damit endete die Nachricht.
Entsetzt drehte sie sich zu Juna um. »Ich muss nach Stanmore.«
»Glaubst du wirklich, die bezahlen dir etwas, wenn du jetzt noch aufschlägst?«
»Bestimmt nicht. Anthony klang eher, als wollte er mich auf Schadensersatz verklagen, weil ich ihn versetzt habe.«
Von seiner Drohung sagte sie Juna nichts. Stattdessen erzählte sie ihr, wie Ben seinen Bruder gerade noch aus den Klauen des Sukkubus befreien konnte und ihn in ein sicheres Sanatorium gebracht hatte. »Konstantin hat sich umgebracht, aber Ben glaubt, Beweise dafür zu haben, dass er ermordet wurde.«
»Und jetzt will er sich an dem Sukkubus rächen?« Juna sprang auf. »Das überlebt er nicht. Ich komme mit dir.«
»Warte, wir sollten erst einen Plan haben, bevor wir blindlings losstürmen.«
»Auch wieder wahr. Ein Partykleid ist das nicht gerade.« Sie sah an sich hinab und betrachtete die schlichte Bluse, ihre alte Jeans und die löchrigen Sneakers kritisch. »Definitiv die falschen Schuhe«, sagte sie. »Wie wolltest du dich denn einschleichen?«
»Ich wäre zum Personalhaus gegangen. Dort steht ein Küchenzelt, und die Kellner machen in der Nähe erfahrungsgemäß ihre Zigarettenpausen oder essen rasch eine Kleinigkeit.«
»Und da hättest du einfach irgendeine der Kellnerinnen niedergeschlagen, die Uniform geklaut und wärst an deren Stelle herumspaziert.«
»So in der Art. Du hast die Wachen außer Acht gelassen, die man zuerst hätte umgehen müssen. Bei den Gästen dürfte eine Menge Security vor Ort sein.«
Bewundernd sah Juna sie an. »Ich hatte ganz vergessen, dass du beim Militär warst. Lernt man da so was?«
»Nicht so im Detail. Im Übrigen hätte es vermutlich ausgereicht, um eine saubere Schürze zu bitten. Das Personal ist für solche großen Veranstaltungen normalerweise neu zusammengewürfelt, und solange du vernünftig arbeitest, fragt dich niemand, wer du bist.« Sie rieb sich über die Nase. »Wenn wir als Gäste auftauchen wollen, brauchen wir eine Einladung.«
»Die lass meine Sorge sein. Wir kommen da rein, Security oder nicht. Das verspreche ich dir.«
»Dann fehlt uns aber noch das passende Kostüm.«
»Kostüm?«
»Es ist ein Kostümfest, und das wird wohl unser größtes Problem sein.«
Kichernd nahm Juna sie an der Hand. »Auch da habe ich eine Lösung. Komm, dafür müssen wir zu mir nach Hause fahren.«
Gemeinsam liefen sie zum Auto, und während der Engel in halsbrecherischem Tempo über die schmalen Straßen fuhr, versuchte Mila ein
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