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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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machte bedeutend mehr Spaß als in den Londoner Straßen und Parks. Arbeiten musste man überall, und es war auch vorher nicht immer ein reines Zuckerschlecken gewesen, die häufig exzentrischen Wünsche ihrer Kunden zu erfüllen. Selten ließen die Auftraggeber ihnen beim Einrichten einer Wohnung oder eines Hauses komplett freie Hand. Das war also nichts Neues.
    Bestens gelaunt und nicht willens, länger darüber nachzudenken, schloss sie die Hintertür auf und wäre im Treppenhaus beinahe mit Janet zusammengestoßen. Auch die Wirtschafterin wirkte entspannter als sonst. Außer ihnen beiden, erzählte sie, sei niemand vom Personal in Stanmore geblieben. Allen anderen habe man für das Wochenende freigegeben.
    Die Maler allerdings waren heute besonders früh gekommen. Mila würde dennoch genau hinsehen, ob die Arbeit ordentlich gemacht worden war.
    Als sie den langen Gang entlangeilte, ertönte ein anerkennender Pfiff hinter ihr. »Mein lieber Scholli, was für ein Hintern!«
    Erstaunt fuhr sie herum. »Bitte?«
    Der junge Maler hätte fast den Farbeimer fallen lassen . »Das … das tut mir leid, Miss!«, stotterte er und lief bis unter die Haarwurzeln rot an. »Ich dachte, es wäre eines der Hausmädchen.«
    Um nicht zu lachen, biss sich Mila kurz auf die Unterlippe und brachte schließlich in halbwegs strengem Ton heraus: »Und da glaubst du, dir solche Frechheiten erlauben zu können?«
    Nun wurde er blass. »Nein. Ja, also Kris ist doch meine Freundin … ich habe Sie wirklich nicht erkannt!«
    Mila fühlte sich geschmeichelt. Dieser Kris war sie schon begegnet. Sie sah niedlich aus und war höchstens siebzehn Jahre alt. Mit so einem Mädchen verwechselt zu werden – wenn auch nur von hinten –, durfte sie mit Mitte zwanzig getrost als Kompliment auffassen. »Schon gut!«, sagte sie deshalb und schenkte ihm ein Lächeln, das die Röte gleich wieder in sein Gesicht zurücktrieb.
    Gemeinsam betraten sie den Salon, dessen Decke heute gestrichen werden sollte. Statt auf dem Gerüst, standen die Handwerker allerdings in einer Ecke des Raums und sahen erleichtert auf, als sie Mila bemerkten.
    »Was ist los?«, fragte sie und näherte sich ihnen. Die Farbe in den geöffneten Eimern ließ sie erstarren.
    »Das muss ein Irrtum sein«, sagte der Meister, bevor sie ihre Stimme wiedergefunden hatte, und fügte unnötigerweise hinzu: »Das ist Zyklam !«
    » In der Tat !«
    Nun fiel ihr der entsetzte Gesichtsausdruck wieder ein, den Florence gezeigt hatte, als sie von der geringfügigen Änderung sprach, die Lady Margaret kurzfristig angeordnet hatte. Nach einem langen Tag hatte Mila aber nichts mehr von weiteren Geschmacksverirrungen hören wollen und nur gesagt: »Schick mir einfach das Protokoll, ich seh’s mir morgen an. Jetzt muss ich raus an die Luft, sonst fange ich an zu schreien!«
    Das war also die Stunde der Wahrheit. Noch während sie auf ihrem Smartphone die Dokumente aufrief, wusste sie bereits, dass diese neuerliche Änderung an Florence’ Entwürfen kein Zufall war.
    Gold und Zyklam . Die Farben der Könige! , hatte Maggy kürzlich geschwärmt, und weil sie auf Widerspruch zuweilen ausnehmend heftig reagierte, hatte selbst Anthony darauf verzichtet, sie zu korrigieren. Trotz Milas flehentlichem Blick war er stumm geblieben und hatte nur nervös gezwinkert. Dabei schien er kurioserweise einer der wenigen, wenn nicht gar der einzige Mensch zu sein, der zumindest ein Minimum an Einfluss auf die exzentrische Viscountess besaß.
    Etwas flau im Magen wurde Mila schon, als sie nun in ihren Unterlagen las, dass Wände und Decke in diesem kräftigen Brombeerton gestrichen werden sollten. Obendrein hatte Florence einen Vergolder bestellt, der sich demnächst des Stucks annehmen würde.
    »Leute, was soll ich sagen? Die gnädige Frau wünscht es so, also ran an die Arbeit.« Damit die Handwerker ihr Lachen nicht bemerkten, drehte sie sich eiligst um und verließ den Raum. Was rege ich mich auf? Das Gold habe ich ihr doch am ersten Tag selbst vorgeschlagen.
    Der Malermeister kam ihr nach und holte sie in der Halle ein. »Das ist furchtbar!«
    Von oben hörte sie ein Knacken und antwortete mit gedämpfter Stimme: »Nicht hier!« Laut sagte sie: »Wir müssen den Plan für die kommende Woche noch besprechen. Wenn Sie so freundlich sein könnten, mit mir ins Büro zu kommen?«
    Mit einem Grunzen folgte er ihr, und während Mila die Tür schloss, sah er sich in dem Zimmer um. Auf dem ovalen Konferenztisch lagen

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