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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen
Autoren: Jeanine Krock
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lachte. »Hast du das gehört? The Hounded Hangman – das klingt, als wären wir mitten im Dartmoor. Neuerdings denken sich die Pub-Betreiber immer verrücktere Namen aus.«
    »Anthony kann doch nichts dafür, dass der Laden so heißt. Vielleicht haben sie ja hier in der Gegend wirklich einmal einen Henker zu Tode gehetzt.« Vorwurfsvoll fügte sie hinzu: »Sei doch nicht so gemein.«
    »Ich? Und was war das gerade mit dem Moppelchen?« Florence verdrehte die Augen. » Das lässt du dir gefallen?«
    »Wenn ich Figurprobleme hätte, würde ich es auch nicht so lustig finden, aber er meint es doch nett.« Mila tat betont gelangweilt. Gäbe sie sich jetzt eine Blöße, würde ihre Freundin nicht aufhören, sie mit diesem dämlichen Kosenamen aufzuziehen.
    Mit gequälter Miene legte diese demonstrativ das duftende Schokomuffin zur Seite, in das sie gerade noch beißen wollte. »Da sagst du was. Wenn ich nicht aufpasse, dann erbst du bald meinen gesamten Kleiderschrank.«
    »Ach was! Du siehst toll aus.« Mila zeigte mit dem Messer auf Flos Bluse. »Nur den Knopf da würde ich vielleicht ein bisschen fester annähen.«
    »Du Hexe! Du findest diese Bluse auch zu eng, stimmt’s? Weißt du, was mir dein feiner Freund neulich zugeflüstert hat? Ich sollte mich dezenter kleiden, sonst nähme mir Lady Margaret meine gute Herkunft womöglich nicht ab. Hat man dafür Worte?«
    Gelassen butterte Mila ihre vierte Brötchenhälfte und bestrich sie anschließend mit der Orangenmarmelade, die von Anthony direkt aus der Schlossküche entwendet worden war, wie er mit verschwörerischer Miene behauptet hatte. Kein großer Verlust für seinen Arbeitgeber , stellte sie fest, als sie das Preisschild unter dem Glas entdeckte. Zwei Pfund neunundneunzig weniger in der Haushaltskasse würde man im Herrenhaus wohl verschmerzen können. »Was ist?«, fragte sie, als Florence einen empörten Schrei ausstieß.
    »Du schlägst dir da den Magen voll und sagst nichts?«
    »Das war bestimmt nur ein Scherz von ihm.« Eine so kritische Bemerkung passte überhaupt nicht zu dem feinfühligen Mann, der sich mehr als einmal über den rauen Ton beklagt hatte, mit dem sein Lord Hubert ihn zuweilen bedachte.
    »Ein ausnehmend schlechter, möchte ich behaupten.«
    »Na ja, Anthony ist eben kein Morgenmensch.«
    »Offensichtlich!« Jetzt lächelte Florence wieder; sie konnte niemandem lange böse sein. »Aber er hat ja recht . In letzter Zeit habe ich wirklich zugenommen. Vielleicht sollte ich dich demnächst auf deinen Jogging-Touren begleiten.«
    »Gern, falls ich mal abends laufe …«
    Florence sprang auf und schlug mit der zusammengerollten Morgenzeitung nach ihr.
    Lachend wehrte Mila den Angriff ab. »Kein Wunder, dass man zunimmt … bei den üppigen Care-Paketen, die dein Bruder immer schickt. Was meinst du, warum ich mich jeden Tag mit diesem verdammten Training quäle?«
    »Weil es dir Spaß macht«, entgegnete ihre Freundin trocken. »Und jetzt auf mit dir, wir sollten allmählich losfahren. Ich möchte auf keinen Fall unpünktlich sein.«
    Das wollte Mila auch nicht.
    Und weil es schon spät war, fuhren sie mit dem Auto bis zum Personaleingang , wie Florence lachend bemerkte, und standen beim zehnten Schlag der zierlichen Kaminuhr vor ihrer Auftraggeberin.

4
    D rei Wochen später war das gemeinsame Frühstück auf der Terrasse zu einer lieb gewonnenen Gewohnheit geworden. Anthony leistete ihnen zuweilen Gesellschaft, doch meist war er anderweitig beschäftigt oder wirkte so angespannt, dass Mila an diesen Tagen gern auf seine Besuche verzichtet hätte. Nur die Zärtlichkeiten, die sie austauschten, wenn Florence einmal nicht hinschaute, erinnerten sie daran, dass ihre Beziehung über eine bloße Freundschaft hinausging und Anthony keinen Zweifel aufkommen ließ, dass er sich mehr wünschte als heimliche Küsse.
    »Wir gehören zusammen!«, hatte er ihr gestern ins Ohr geflüstert und sie danach so hungrig geküsst, dass der Funke übergesprungen war und sie sich ihm so weit geöffnet hatte, wie sie es nur wagte. Anthony war ein gut aussehender Mann, und seine Hände lösten ein Sehnen in ihr aus, das sie schwindelig machte. Dass er sie begehrte, war nicht zu übersehen. Aber sein Job ließ ihm wenig Raum für private Wünsche, und Mila war sich immer noch nicht sicher, ob ihre Libido , ihr Herz oder ihr Verstand sprachen , wenn sie zusammen waren.
    Müssten sich nicht alle drei einig sein, bevor man über eine gemeinsame Zukunft nachdenkt?
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