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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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du riechst gut!«, sagte die Wand mit Lucians Stimme. Er tippte ihr mit dem Zeigefinger auf die Nase.
    Froh, dem Lächeln immerhin so weit zu widerstehen, dass sie nicht auf der Stelle in Ohnmacht fiel, hielt sie ganz still. Glücklicherweise war sie ohne Schuhe geschätzte vier Inches kleiner als er und musste ihm nicht ins Gesicht sehen.
    »Creme!«, sagte er und verrieb den Tupfen Lotion von ihrem Nasenrücken zwischen den Fingern, was eigentümlich sinnlich wirkte. Seine Stimme klang etwas rauer als zuvor.
    Der Gedanke, dass sie nicht die Einzige war, deren Hormone vergessen zu haben schienen, dass sie sich überhaupt nicht kannten, gab ihr Selbstvertrauen. Rasch setzte sie ihre Brille auf und hob den Kopf. Täuschte sie sich, oder stand da für einen winzigen Augenblick der Wunsch in seinem Gesicht, sie zu küssen? Ein rumpelndes Geräusch ertönte. Leise, aber unüberhörbar. Ihr Magen.
    »Es ist serviert!« Mit einer galanten Verbeugung wies Lucian in Richtung Terrasse, und der magische Moment war vorüber. Nicht minder fantastisch fand sie jedoch, dass er nicht nur den Tisch gedeckt, sondern darüber hinaus Kaffee gekocht und von irgendwoher frisches Obst und einige andere Leckereien hervorgezaubert hatte.
    Während sie eine zweite Toastscheibe mit gebeiztem Lachs belegte, sagte sie beiläufig: »Der war aber nicht in unserem Kühlschrank.«
    »Schmeckt er dir nicht?«
    »Lucian!« Demonstrativ legte sie das Besteck beiseite und griff nach der Senfsoße . »Die hier übrigens auch nicht.«
    »Erwischt. Ich habe beides mitgebracht.«
    Nachdem sie sich Kaffee nachgeschenkt hatte, musterte sie ihn kritisch. »Aber hoffentlich nicht in der Hosentasche?«
    Lachend schüttelte er den Kopf. »Ich gebe es zu, mein Auto steht nicht weit entfernt. Bist du mir jetzt böse?«
    »Ja. Du hast mir also aufgelauert?« Das furchtsame Flattern ihres Herzens konnte sie nicht ignorieren. Mila wollte aufstehen, doch seine Worte ließen sie innehalten.
    »Ich wollte die Frau wiedersehen, die alles darangesetzt hat, mir mindestens ein blaues Auge zu verpassen.«
    »Ach wirklich? Dafür siehst du aber recht frisch aus.«
    »Du auch!«, konterte er, doch dann wurde sein Blick ernst: »Mila, ich brauche deine Hilfe. Gestern Abend ist mir bewusst geworden, dass ich allein nicht weiterkomme. Mein Chef hatte recht, dieser Job ist eine Nummer zu groß für mich.«
    So richtig konnte Mila sich nicht vorstellen, dass es etwas gab, das dieser Lucian nicht souverän und mit einem Lächeln bewältigte. Noch weniger traute sie ihm zu, dass er eine Schwäche so einfach zugab. Der Mann war ein Macho, wie er im Buche stand – wogegen sie im Prinzip und zur passenden Gelegenheit nichts einzuwenden hatte, wenn diese Spezies auch zuweilen im Alltag recht lästig werden konnte. Also schwieg sie und wartete gespannt darauf, was er noch zu sagen hatte.
    Schließlich erklärte er: »Ich recherchiere im Fall Dorchester.«
    »Bist du Polizist?«
    »Journalist. Ich arbeite für verschiedene Zeitungen, den Guardian , Le Monde …« Er machte eine Handbewegung, die wohl zeigen sollte, dass er nur für die besten Blätter schrieb.
    Als Mila nicht reagierte, sagte er: »Das ist schon alles. Den MI5-Agenten nähmst du mir ohnehin nicht ab, oder irre ich mich?«
    »James Bond? Keine Chance!«, murmelte Mila, lauter sagte sie: »Es gibt einen Fall Dorchester ? Das hört sich beunruhigend an. Ich kann mir nicht vorstellen, was man Lord Hubert vorwerfen könnte.«
    »Darüber kann ich nicht sprechen, das verstehst du bestimmt.«
    Mit vor der Brust verschränkten Armen lehnte sie sich zurück. »Nein, versteh’ ich nicht. Du bist eingebrochen, als du annehmen durftest, dass niemand im Haus ist. Und jetzt willst du mir erzählen, dass du für eine seriöse Zeitung arbeitest? Eher wohl für die Sorte, die auch nicht davor zurückschreckt, private Telefongespräche abzuhören.«
    »Also wirklich, so billige Tricks habe ich nicht nötig.« Die Ellbogen auf dem Tisch aufgestützt, fuhr er sich mit gespreizten Fingern durchs Haar. »Wenn du willst, sprich mit meinem Chefredakteur. Er wird dir meine Identität bestätigen.«
    Überrascht sah sie auf das Smartphone, das er ihr in die Hand drückte. Er hatte bereits gewählt, ein Freizeichen erklang.
    »Ja?«, fragte eine grimmige Männerstimme.
    »Hallo, ist dort der Guardian?«
    »Wer will das wissen?«
    Ohne auf die Frage einzugehen, sagte sie: »Lucian …« Weiter kam sie nicht.
    Der Mann am anderen Ende lachte.

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