Feuerschwingen
herbeieilte. »Möchten Sie etwas trinken?«, fragte er und gab gleich darauf Lucians Wunsch nach einem Glas Wasser weiter.
»Ich hatte nicht vor, Sie hier beim Lunch zu überfallen, Mr. Warwick. Aber da ich in der Gegend zu tun hatte, dachte ich, so können wir ungestört Einzelheiten besprechen«, sagte Lucian und fügte hinzu: »Es ist sehr freundlich von Ihnen, dass Sie sich bereit erklärt haben, mich zu treffen.«
»Peter. Bitte nenne mich Peter!« Dabei fuhr er sich mit der Hand über die hohe Stirn und fügte leicht verlegen hinzu: »Als der Ältere von uns beiden erlaube ich mir die Freiheit, das Du anzubieten.«
Hast du eine Ahnung , dachte Lucian amüsiert und sagte: »Sehr erfreut, Peter.«
Die Anspannung verschwand aus dem Gesicht seines Gegenübers. »Mila sagt, du recherchierst für einen Artikel über Unsere oberen Zehntausend. Sind die Dorchesters da der richtige Ansatzpunkt?«
Dieser Peter war scharfsinniger, als er gedacht hatte. »Es gäbe andere Wege, aber ich möchte ungern auf meine Verbindungen aus Studienzeiten zurückgreifen.« Er erlaubte gerade so viel vom Oxbridge-Akzent der gebildeten Oberschicht in dem Satz mitklingen zu lassen, dass kein Zweifel bestand, wo er diese Kontakte geknüpft hatte.
»Verstehe. Aber warum ziehst du Mila da mit rein? Das Mädel könnte in ihrem Job Schwierigkeiten bekommen, wenn die Sache auffliegt.«
»Sie wird keinen Schaden nehmen. Dafür bürge ich.«
Ein verschmitztes Lächeln zeigte plötzlich den einst jungenhaften Charme seines Gegenübers. »Du magst sie.«
»Ich …« Lucian wollte widersprechen. Es gab kaum jemanden in dieser oder einer anderen Welt, von dem er das behaupten konnte. Doch dann wurde ihm bewusst, dass er diese verletzliche und gleichzeitig rätselhafte Amazone in der Tat mochte. »Stimmt«, sagte er leichthin und nahm überrascht ein zartes Flattern an der Stelle wahr, an der sich ein Herz befand, von dem man allgemein annahm, es wäre aus Granit. Der Klingelton Stairway to Heaven lenkte seine Gedanken in eine andere Richtung.
Peter zog sein Handy hervor, sah kurz auf das Display und nickte. »Gut. Ich bekomme einen exzellenten Artikel über die geschmacklosen Scheußlichkeiten, die diese amerikanische Nackttänzerin in Stanmore House verbrochen hat, Mila und ihre Firma nehmen keinen Schaden, und wir haben einen Deal.«
»Nackttänzerin?« Erstaunt hob Lucian eine Augenbraue.
Doch Peter wedelte nur mit der Hand und sagte: »Das findest du selbst heraus. Wenn du einen Fotografen brauchst, dann gib mir Bescheid. Ich schicke jemanden.«
»Einverstanden.« Lucian stand auf.
Peter erhob sich ebenfalls und kicherte. »Ich hätte nicht übel Lust, selbst vorbeizukommen und die Aufnahmen zu machen. Schließlich habe ich als Landschaftsfotograf angefangen.«
Es kostete Lucian eine Menge Selbstdisziplin, nicht die Augen zu verdrehen.
Das Gespräch hatte sich als höchst aufschlussreich erwiesen. Über sie wachte also ein Engel, der, aus welchen Gründen auch immer, die Garde der Wächterengel verlassen hatte, um unter den Sterblichen zu wirken. Bis vor Kurzem wurden diese sogenannten Gefallenen gnadenlos von einer Einheit der Himmlischen Heerscharen verfolgt, die unter dem Kommando des Erzengels Michael stand. Zurzeit herrschte allerdings Waffenstillstand. Das Gleichgewicht zwischen den Mächten war sensibel, und es aufrechtzuerhalten, bedeutete für sie alle eine ständige Herausforderung.
Auf Wegen, die den Herrschenden der Schattenwelt vorbehalten blieben, kehrte Lucian in das Cottage nahe Ivycombe zurück. Dort bestieg er am späten Nachmittag ein dunkelgrünes Cabriolet, das er sich angeschafft hatte, um das Flair des Bohemiens zu unterstreichen, und das er inzwischen trotz einiger technischer Macken liebgewonnen hatte. Die Fahrt nach Stanmore House dauerte zwanzig Minuten. Grober Kies knirschte unter den Reifen, als er sein Ziel erreichte, und bevor das blubbernde Motorengeräusch verstummte, öffnete sich die schwere Haustür, die er bereits einmal durchschritten hatte. Er hüllte sich in eine Aura von Bescheidenheit und trug sein Anliegen höflich vor.
»Ich werde Lady Margaret in Kenntnis setzen.« Der Butler führte ihn in den Wintergarten. »Wir renovieren«, lautete seine Erklärung. Dabei nahm er Lucians Visitenkarte entgegen. Seine Haltung signalisierte jedoch, der Besucher sollte sich keine Hoffnungen machen, empfangen zu werden. Eine Erfrischung oder gar Tee bot er nicht an.
» Castles & Landscapes , wie
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