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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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ahnungslose Gastgeber in den Armen einer Unbekannten seinen Rausch ausschlief. Danach war er klugerweise vorerst aus London verschwunden, und bisher ahnte offenbar niemand, wo er sich aufhielt und wer die Frau in seinem Bett gewesen war. Erschrocken fragte sich Mila, ob Florence etwas damit zu tun hatte.
    »Ich dachte, der säße im Gefängnis«, zischte sie ihrer Freundin zu.
    »Sei doch keine Spielverderberin«, sagte Florence pikiert. »Wir wollen nur ein bisschen feiern. Später fahren sie ohnehin nach Ivycombe weiter. Henry hat dort ein Haus gekauft.«
    » Später sind alle volltrunken.«
    Florence sah sie nur ausdruckslos an, drehte sich wortlos um und ging ins Cottage. Die Tür ließ sie einen Spalt offen.
    Immerhin , dachte Mila, schmeißt sie mich nicht direkt raus. Langsam stieg sie die drei Eingangsstufen hinauf und wappnete sich gegen das Bild der Verwüstung, das sie zweifellos erwartete.
    Ganz so schlimm war es allerdings nicht. Ruhiger Lounge-Sound wehte durch die offenen Terrassentüren herein. Einige der unerwünschten Gäste standen in ihrer Küche und packten Schüsseln aus, jemand hatte die riesige Champagnerflasche in einen Eimer mit Eis und Wasser gestellt, daneben lag das leere Salzpaket. Der Esstisch fehlte, und mit ihm waren auch die Stühle verschwunden. Nichts Gutes ahnend ging Mila hinaus und staunte über die Veränderungen, die in der kurzen Zeit stattgefunden hatten. Unter pagodenförmigen, reich bestickten Sonnenschirmen lag ein weicher Teppich. Zwei Mädchen kamen gerade mit einem Stapel großer Sitzkissen um die Hausecke, die sie offenbar darauf verteilen wollten. Der schlichte Küchentisch war weiß gedeckt, silbernes Besteck und geschliffene Gläser glitzerten im Licht der Abendsonne.
    Wenn dies eine Hausbesetzung sein sollte, dann jedenfalls eine mit Stil, musste sie zugeben. Von den anderen unbemerkt setzte sie sich auf die niedrige Mauer, die ihre Terrasse umgab, und sah dem Treiben zu. Erstaunlicherweise agierten alle wie ein eingespieltes Team, ganz so, als fielen sie öfter irgendwo ein, um zu picknicken oder eine mehr oder weniger spontane Party zu feiern.
    Von den Wortfetzen, die Mila hier und da bereits bei früheren Partys aufgeschnappt hatte, wusste sie, dass sich der harte Kern aus der Kindheit und Schulzeit kannte. Mit ziemlicher Sicherheit waren ihre Familien bereits seit Jahrhunderten befreundet oder verwandt. Eine eingeschworene Gemeinschaft, ein Freundeskreis, zu dem Mila niemals richtig gehören würde. Also vermied sie es, Florence zu den Wochenenden zu begleiten, die diese Leute regelmäßig miteinander verbrachten. Stattdessen besuchte sie ihren Bruder, ging sonntags mit Anthony ins Pub oder saß in seiner Küche, während er neue Rezepte ausprobierte. Dabei waren sie sich nähergekommen.
    Er allerdings hätte gern dazugehört . Aber ihn hatte Florence, die ihn doch als Freund bezeichnete, niemals eingeladen.
    Als Mila sie eines Tages darauf ansprach, hatte sie gesagt: »Anthony ist nett, und ich würde ihn auch nicht von der Bettkante stoßen, aber für die meisten meiner Bekannten ist er einfach NuL . Tut mir leid, Schätzchen. Sie würden es mir übelnehmen, wenn ich ihn mitbringe.«
    Immerhin hatte sie den Anstand, ein wenig verlegen zu wirken, als sie auf Nachfrage erklärte, dass NuL für Nicht unsere Liga stand. Milas Einwand, sie gehöre auch nicht dazu, wischte sie mit einer Handbewegung fort. »Das ist etwas anderes. Erstens bist du eine Frau, und zweitens siehst du gut genug aus, um dir unter unseren Jungs«, sie sagte doch wirklich unsere Jungs , »einen der besten auszusuchen.«
    Nichts hätte Mila ferner gelegen, als mit einem dieser Schnösel anzubändeln, aber sie widersprach nicht, denn Florence hätte es wahrscheinlich nicht verstanden.
    Nun saß sie, wenn auch gewissermaßen in der ersten Reihe, so doch wie eine unsichtbare Zuschauerin, auf dem Mäuerchen und fragte sich, womit sie diese Heimsuchung verdient hatte.
    »Deevie, euer Häuschen!« Jemand, dessen Gesicht ihr vage bekannt vorkam, wenn sie auch den Namen vergessen hatte, drückte ihr ein Glas in die Hand und setzte sich neben sie.
    »Ben«, füllte er ihre Gedächtnislücke auf.
    Ihren Blick interpretierte er richtig und erklärte grinsend. »Divine, im Sinne von: göttlich! Ich vergesse manchmal, dass du nicht …« Er machte eine unbestimmte Handbewegung und verstummte.
    Vermutlich hatte er die Bemerkung sogar als Kompliment gemeint.
    Über Manieren verfügten Florence’ Freunde

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