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Feuerschwingen

Feuerschwingen

Titel: Feuerschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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»Meine Eltern waren gefallene Engel.«
    »Beide?«, unterbrach er sie überrascht, und in seinem Kopf begann es zu arbeiten. Dass so eine Verbindung fruchtbar war, geschah äußerst selten. Er hätte davon wissen müssen.
    »Zumindest haben sie mir das erzählt. Ich weiß nicht mehr, was ich glauben kann und was nicht. Ich erinnere mich …« Sie schien zu überlegen. »Als kleines Mädchen wusste ich natürlich nicht, dass wir keine normale Familie waren. Ich habe geglaubt, alle Menschen könnten Engel sehen. Eines Tages begegnete mir einer dieser Engel, die sich die Gerechten nennen. Er muss gemerkt haben, dass ich ihn beobachtete, denn wenig später brach die Hölle los.« Sie griff nach einer Wasserflasche und trank. »Ich weiß nicht mehr genau, was passiert ist, aber er kam mit erhobenem Schwert auf mich zu, jemand ergriff meinen Arm und zerrte mich in eine Art Vakuum. Genauer kann ich es nicht beschreiben. Da war nichts. Kein Leben, kein Licht, keine Luft zum Atmen.« Ganz in der Erinnerung gefangen, zitterte sie so stark, dass ihre Zähne unkontrolliert aufeinanderschlugen.
    »Still, Mila, still. Sei ganz ruhig!« Behutsam strich er ihr mit dem Finger über die Wange. »Es ist ja vorbei.« Damit sandte er einen Rest der in seinen Händen verbliebenen heilenden Magie durch ihren bebenden Körper.
    Es half ihr, sich zu fassen, und leise erzählte sie weiter: »Aber ich bin offensichtlich nicht erstickt. Das Nächste, woran ich mich erinnere, ist, dass wir umzogen. Und dann war plötzlich Vater verschwunden. Später habe ich mir zusammengereimt, was passiert sein musste. Wahrscheinlich hat ihn so ein Gerechter getötet. Mutter hat nie mit mir darüber gesprochen. Wir sind nach Sankt Petersburg geflohen.«
    Mila klang eigentümlich verloren, als sie weiterredete. Fast so, als käme die Erinnerung nur kurz zu Besuch, während sie über die Vergangenheit sprach, und verabschiedete sich gleich darauf wieder.
    »Mir war es nur wichtig, dass ich weitertanzen durfte. Das Ballett war mein Leben. Auch als wir später nach London gingen. Aber sieh mich an. Ich bin zu groß dafür, und die Füße haben mir ausgerechnet bei der Abschlussprüfung den Dienst versagt. Der Arzt meinte, diese Entzündungen kämen immer wieder, und mir wurde nahegelegt, die Schule zu verlassen. Als ich mich weigerte, haben sie mir einfach unlösbare Aufgaben gestellt. Alle wussten das, aber niemand hat etwas gesagt, um nicht selbst Probleme zu bekommen. Was hätte ich tun sollen? Ihnen von meinen magischen Selbstheilungskräften erzählen? Am Ende hatte ich meine Lektion gelernt. Nichts ist trügerischer als die Hoffnung.« Mit einer entschlossenen Bewegung wischte sie die von Neuem hervorquellenden Tränen ab. »Schließlich hatte ich auch die Verantwortung für meinen Bruder.«
    »Du hast Geschwister?« Lucian wusste nicht, was er davon halten sollte.
    »Alex ist … wir sind nicht verwandt. Aber er war alles, was mir nach Mamas Tod blieb.«
    »Was ist passiert?«, fragte er behutsam, als sie nicht mehr weitersprach. War die Mutter auch Opfer der Gerechten geworden?
    »Ein Unfall. Ich möchte lieber nicht darüber sprechen.«
    »Ich verstehe«, sagte er, doch in ihm arbeitete es. Unsterbliche erlagen nicht so einfach ihren Verletzungen. Etwas anderes musste ihren Tod verursacht haben, und Lucian nahm sich vor, der Sache so schnell wie möglich nachzugehen. Aber eine andere Frage brannte schärfer auf der Zunge. »Hast du seither Engel oder andere magische Wesen gesehen?«
    »Nach dem Unglück war ich lange krank. Gabriel hat mir schließlich geholfen, wieder auf die Beine zu kommen. Ohne ihn hätte ich meinen Lebensmut vielleicht nie mehr wiedergefunden.« Sie löste sich aus seiner Umarmung. »Danach habe ich hier und da Feen oder Vampire gespürt, gesehen habe ich sie nicht, und Engel zum Glück auch nicht. Jedenfalls habe ich sie nicht bemerkt. Bis vor wenigen Tagen. Irgendetwas geschieht mit mir, und es macht mir Angst.«
    Tröstende Worte wären angebracht gewesen, doch Lucian wollte alles wissen.
    »Da gibt es doch noch etwas …«
    Vehement schüttelte sie den Kopf. »Dazu werde ich nichts sagen. Ich habe mein Wort gegeben. Und ebenso wie du halte ich meine Versprechen.« Ihre Stimme klang plötzlich hart.
    Zu seiner Überraschung empfand er Stolz darauf, dass sie ihr Geheimnis wahrte. Aber würde sie es notfalls auch mit ihrem Leben schützen? Darüber mochte er nicht nachdenken, denn sein Instinkt sagte ihm, dass dem so war und Mila

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