Feuersee
bedrückt.
»Ich glaube dir nicht!«
»Doch, du glaubst mir«, widersprach Alfred
demütig, aber fest.
Es juckte Haplo in den Fingern, ihn zu packen
und zu schütteln. »Dann bist du ein Idiot! Warum
hast du nicht gefragt?
Schließlich hat sie etwas mit dir zu tun!«
»Schon ein Grund, weshalb ich nichts davon wissen
will!«
»Was soll das denn wieder
heißen?«
»Eine Prophezeiung besagt, daß wir
für ein
bestimmtes Schicksal ausersehen sind. Sie ist ein Diktat –
man hat nicht die
Wahl. Sie beraubt den Betreffenden der Entscheidungsfreiheit. Sehr
häufig
treffen Prophezeiungen nur deshalb ein, weil sie sich im
Unterbewußtsein
festsetzen und man selbst, ohne es zu ahnen, darauf hinarbeitet. Das
ist die
einzig mögliche Erklärung – außer
man glaubt an eine höhere Macht.«
»Höhere Macht?« Haplo zog eine
Grimasse. »Wo denn
und wer? Die Nichtigen? Ich habe gar nicht vor, an diese Prophezeiung
zu
glauben. Die Sartan hier glauben daran, das allein zählt. Wie
du gesagt hast –
sie könnten unbewußt darauf hinarbeiten,
daß sie sich erfüllt.«
»Du weißt also auch nicht, worum es geht,
habe
ich recht?« fragte Alfred.
»Noch nicht, aber ich finde es heraus. Doch
keine Bange – ich werde dir nichts verraten. Herzog, auf ein
Wort …«
Er wandte sich an Jonathan.
»Haplo!« Alfred holte tief Luft und hielt
den
Patryn am Arm fest.
»Versuch nicht, mich aufzuhalten.« Haplo
riß
sich los. »Ich warne dich …«
»Die Runen! Sieh doch!« Alfred wies mit
dem
zitternden Finger auf die Wand. Im ersten Moment dachte Haplo,
daß Alfred ihm
Theater vorspielte, um zu verhindern, daß er mit dem Herzog
sprach, aber seine
Erregung schien echt zu sein. Widerwillig und darauf gefaßt,
daß es sich doch
um einen Trick handelte, richtete Haplo den Blick auf den Runenfries.
Seit dem Beginn ihrer Flucht hatte die Reihe der
Sigel unverändert am Fuß der Wand
entlanggeführt. An dieser Stelle jedoch
stiegen sie senkrecht in die Höhe und bildeten einen Torbogen
aus blauem Licht.
Haplo kniff geblendet die Augen zusammen und versuchte zu erkennen, was
dahinter lag, sah aber nichts anderes als Dunkelheit.
»Es ist eine Tür. Wir sind an eine
Tür gelangt«,
sagte Alfred nervös. »Das sehe ich. Wohin
führt sie?«
»Ich – ich weiß es nicht. Die
Runen sagen nichts
darüber. Aber – aber ich glaube, wir sollten auf
diesem Weg nicht weitergehen.«
»Ach ja? Und was sollen wir deiner Meinung nach
tun? Auf den Herrscher warten, um ihm unsere Reverenz zu
erweisen?«
Alfred befeuchtete sich die Lippen.
Schweißtropfen glitzerten auf seiner hohen Stirn.
»N-nein. Es ist nur … Ich
meine, ich würde nicht …«
Der Patryn hatte sich schon bei den ersten
Worten in Bewegung gesetzt und ging auf den leuchtenden Bogen zu. Bei
seinem
Näherkommen veränderte sich die Farbe der Runen. Blau
wandelte sich zu grellem
Rot. Sie begannen zu schillern, zu glühen, noch ein Schritt,
und Flammen
loderten auf. Haplo legte schützend die Hand vors Gesicht und
versuchte
weiterzugehen. Flammen züngelten ihm knisternd entgegen, Rauch
biß ihm in die
Augen, die Hitze verbrannte seine Lungen. Die Runen an seinen Armen
gleißten
blau, aber sie vermochten nichts gegen dieses tosende Inferno. Nach
Luft
ringend, mußte Haplo zurückweichen. Wenn er
versuchte, dieses Tor zu
durchschreiten, war es sein Tod.
Er warf dem schuldlosen Alfred einen
vorwurfsvollen Blick zu, während die Flammen erloschen und die
Sigel zu einem
rotgelben Schimmer verblaßten.
»Es sind Runen der Warnung. Das Tor ist
verschlossen. Uns allen«, erklärte Alfred, in dessen
weit offenen Augen sich
das Licht der Runen spiegelte. »Wir müssen dort
weitergehen.« Er zeigte in
einen Gang, der in rechtem Winkel zu dem verlief, in dem sie standen.
Hinter ihnen verblaßten die Runen, erloschen
ganz. Alfred begann zu singen, die vertrauten blauen Wegweiser
leuchteten auf
und führten sie in die neue Richtung. Doch nach etwa vierzig
Schritten merkten
sie, daß der Gang nach rechts abbog, und Haplo war ganz und
gar nicht
überrascht, einen weiteren Torbogen vor ihnen aufleuchten zu
sehen. »Liebe
Güte«, meinte Alfred bestürzt,
»aber das kann unmöglich derselbe sein!«
»Allerdings nicht«, pflichtete Haplo ihm
grimmig
lächelnd bei.
»Der Gang führt …«
»… nach ein paar Metern wieder zu einem
solchen
Tor. Du kannst gerne nachsehen, aber …«
»Die Toten kommen«,
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