Feuersturm: Roman (German Edition)
beiseite, schob einen brennenden Balken von ihren Beinen, mühte sich auf die Füße und sah fasziniert zu, wie das Feuer sich an ihre Rüstung schmiegte und an ihren Stulpen herabraste. Der Anblick erinnerte sie daran, wie sie in der Highschool Alkohol verschüttet und mit einem Bunsenbrenner angezündet hatte, um zu sehen, wie er auf dem beinahe unzerstörbaren Steinboden verbrannte. Das strahlende Licht brodelte wie etwas Lebendiges, aber es zerstörte sie nicht.
Sie atmete es ein, fühlte, wie es über ihre Kehle rann. Ganz ähnlich dem Moment, in dem sie Geister verschlang, das gleiche Brennen und Stechen, als würde man Absinth trinken.
Irgendwo in der Ferne glaubte sie die Stimme des Feuers lachen zu hören.
Die Stimme der Kreatur, die ihr Vater war.
Das Feuer toste um sie herum und verzehrte das Haus. Die Gebeine der Treppe zerfielen, und die verbliebenen Sparren knarrten über ihrem Kopf. Anya stieg über die Überreste des Weihnachtsbaums hinweg, vorbei an den geschwärzten Mauersteinen des Kamins und den Resten der Weihnachtssocken, die am Sims gehangen und wie Marshmallows gebrannt hatten, um schließlich auf dem Flammenteppich zu schmelzen. Sie trat über die Splitter der Glasscheibe des vorderen Fensters und hinaus in die kalte Nacht.
Das Feuer hatte den Schnee im Vorgarten geschmolzen. Anya drehte sich um, und starrte das brennende Haus in all seiner schrecklichen Pracht an, den Rauch, der die Sicht auf die Sterne verdeckte. Der Temperaturschock schlug sich in einem feuchten Film auf ihrer Rüstung nieder und ließ die Schweißtropfen an ihren Brauen blitzartig zu Eis erstarren.
In der Auffahrt warteten Sparky und Charon auf sie. Sparky stand über der Gestalt ihres jüngeren Ichs. Die kleine Anya war zu einem Häufchen zusammengerollt und hatte beide Arme um den Hals des Salamanders geschlungen. Charon stand neben den beiden, rauchte eine Zigarette und sah zu, wie das Haus niederbrannte.
Anya ging die Auffahrt hinunter zu Charon. Dampf stieg von ihrer Rüstung auf, und unter ihren Füßen schmolz der verbliebene Schnee, als sie auf ihn zutrat und ihm mit der geschlossenen Faust ins Gesicht schlug. Als ihre Faust auftraf und die Rüstung seine Wange berührte, konnte sie ein Zischen hören. Halb hatte sie erwartet, dass ihre Hand einfach durch ihn hindurchfahren würde, so wie sie es in der physischen Welt getan hätte. Zu ihrem Entzücken fühlte sich der Aufprall jedoch genauso an wie ein Schlag auf echtes Fleisch. Charon hatte recht; Mythen und Geister waren hier robuster. Erfreulich robust sogar.
Charon stürzte wie ein Sack voller Ziegelsteine in den Schnee und ließ seine Zigarette fallen.
Anya stand dampfend über ihm und starrte wütend auf ihn herab. »Warum zum Teufel hast du mich hierhergebracht?«
Charon legte eine Hand auf die rote Brandwunde an seinem Kinn.
»Warum hast du mich hergebracht, obwohl ich ohnehin nichts ändern kann?«, brüllte Anya ihn an. »Warum hast du mich hergebracht, obwohl ich sie nicht retten konnte?«
Charon setzte sich auf. »Du hast sie nie retten können. Aber es gab einige Dinge, die du wissen musstest …«
»Zum Teufel mit dir, Charon. Und mit dem Kahn oder dem Zug oder was immer du gerade vorziehst.« Anya drehte sich zu Sparky um und kniete sich vor dem Kind, das den Salamander fest umschlungen hielt, in den Schnee.
»Hey.« Sie fürchtete sich davor, das Kind zu berühren, fürchtete sich, es zu verbrennen. Aber ihr jüngeres Ich schaute sie über Sparkys Kopf hinweg mit ernstem Blick an. »Es tut mir leid, dass … Es tut mir leid, dass ich sie nicht retten konnte.« Anya hatte einen Kloß im Hals und konnte nicht verhindern, dass Tränen auf ihrer Wange verdampften.
Das Kind löste sich von Sparky und trat barfuß vor Anya in den Schnee. Aus tränenverhangenen Augen erkannte Anya, dass das Kind keine Spuren im Schnee hinterließ.
»Das solltest du auch nicht. Du solltest dich selbst retten.« Das Mädchen öffnete die Arme, um Anya zu umarmen … und schwand wie Eis in einem heißen Ofen.
Anya schniefte. Ihre Tränen tüpfelten den Boden und brannten sich durch den Schnee. Sparky watschelte zu ihr und leckte ihr das Gesicht ab. Wie damals, als sie ein Kind gewesen war, schlang sie die Arme um seinen Hals und schluchzte.
Etwas plumpste mit einem zischenden Geräusch zu Boden.
Erst jetzt erinnerte sie sich an die Eier. Voller Panik tastete sie an ihrer Taille nach dem Gurt. Sie wusste, die Eier mussten warmgehalten werden, aber Jesus
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